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Marc Junghans "Metabolic Pathways III", 2013 (Fotografie).

© Galerie Knauber

Ausstellung in der Galerie Knauber: Florale Verführung

Vertrocknete Blätter, täuschend echte Skulpturen: Die Galerie Christine Knauber zeigt in "total floral" 16 Künstler, die die Blumenwelt ins Zentrum ihrer Kunst stellen.

Es gibt prächtige Rollen für die Flora in der Kunst. Doch allzu oft war sie verdammt zum schmückenden Dekor und Ornament und durfte nur beim Mailänder Manieristen Giuseppe Arcimboldo eine buchstäblich tragende Rolle bei den Menschenporträts spielen. Die Galeristin Christine Knauber präsentiert in ihrer Ausstellung total floral nun 16 Künstler, die die Blumenwelt hingebungsvoll ins Zentrum ihrer Kunst stellen (Langenscheidtstr. 6, bis 15. 10.).

Der Fotograf Horst Ziegler führt sein eigenes Herbarium. Mit aufwendiger Apparatur porträtiert er vertrocknete Pflanzen, die mit runzligen und gekrümmten Blättern einen eigenen Charme entfalten. Mittels Software stellt Ziegler in seiner „Masken“-Serie (850 € bis 2900 €) Symmetrien her. Er schafft brillante Tableaus mit Wesen, deren Gesichter an Insekten, Schlangen oder Drachen erinnern.

Anne Carneins Skulpturen führen die Betrachter aufs Glatteis. Ihre Pflanzen sind noch aus der Nähe von betörender Echtheit und doch Fakes (350 € bis 1600 €), fabriziert aus Draht und Textilien. Ola Eibls Feder- und Tuschezeichnung eines herbstlichen Baumes mit letzten vertrockneten Blättern ist so stimmungsvoll wie genau. Der ironieträchtige Titel lautet: „Lasst mich nicht hängen oder Die Widerstandskämpfer“ (490 €).

Ästhetik der Flora verinnerlicht

Stecken Schaufensterpuppen oder Menschen in den Kleidern, aus deren Krägen die üppigen Blumensträuße ragen? Zu dieser Frage reizt Miguel Vallinas Prietos Fotoserie „Roots“ (Aufl. 1/30, je 1300 €). Die Botschaft der Bilder, frei nach Schopenhauer: Der Mensch möge demütiger sein gegenüber dem Rest der Welt, der länger auf Erden verwurzelt ist. Allerdings wirkt es da befremdlich, dass Prieto mit ähnlichen Motiven Werbung für Mode macht.

Gerhard Neumaier hat die Ästhetik der Flora vollkommen verinnerlicht. Sein Gemälde „Jenseits des Aufgeräumten II“ (10 400 €) zeigt eine Wiese mit Gräsern, Blumen und Kräutern, bei der man aus der Distanz schwören könnte, dass es Fotografie sei. Aus der Nähe betrachtet, offenbaren sich die Pinselspuren, die Natureindrücke verblassen, das Bild wird zur Abstraktion. Marc Junghans’ Foto „Metabolic Pathways III“ (2400 €) zeigt einen verwelkten Blumenstrauß in einer gläsernen Vase mit trübem Wasser. Im Gegensatz zu Neumaier entsteht hier der Eindruck, mit einem altmeisterlichen Gemälde konfrontiert zu sein.

Galerie Christine Knauber, Langenscheidtstr. 6, 10827 Berlin-Schöneberg, bis 15. Oktober 2016 Mi-Fr 13-19 Uhr, Sa 13-17 Uhr

Matthias Reichelt

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