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Hitchcock lässt grüßen. Anna (Birgit Minichmayr) glaubt, dass ihr Partner Nick (Philipp Hochmair) sie umbringen will.

© Film Kino Text

„Animals – Stadt Land Tier“ mit Birgit Minichmayr: Paartherapie am See

Suizidale Vögel, sprechende Katzen und eine traumatisierte Kinderbuchautorin: Das Beziehungsdrama „Animals – Stadt Land Tier“ von Regisseur Greg Zglinski ist ein filmisches Rätsel voller Noir-Bezüge.

Von Andreas Busche

Der Berg ruft. Notfalls auch zur Paartherapie. Einfach mal raus aus dem Alltagstrott mit Buchdeal (sie) und einer mysteriösen Affäre (er) eine Etage über der Schöner-Wohnen-Altbauwohnung. Anna und Nick wollen ihre kaputte Ehe vor dem malerischen Alpenpanorama des Genfer Sees kitten, die Luxusfantasie eines modernen Großstadtpaares (doppeltes Einkommen, kein Kind). Die Wohnungsübergabe an Mischa, die sich für die nächsten sechs Monate um die Zierfische kümmern soll, fällt hochgradig unangenehm aus, weil sich die temporäre Untermieterin erst mal forsch an Nick ranschmeißt.

Es dauert allerdings nicht lange, bis man den Bildern in Greg Zglinskis „Animals – Stadt Land Tier“ zu misstrauen beginnt. Irgendwas stimmt nicht mit den Perspektiven und vor allem den filmischen Anschlüssen - wenn man schon der basalen Grammatik des Kinos nicht trauen kann, darf man sicher sein, dass der Regisseur etwas im Schilde führt. Gleich am Anfang zum Beispiel springt eine Frau aus dem Fenster – und als die Kamera ihrem Fall folgt, ist der Fußweg unter der Wohnung leer.

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Anna, die wie immer elektrisiert aufspielende Birgit Minichmayr, ist eigentlich Kinderbuchautorin, nun will sie ihren ersten Krimi schreiben. Die eigene Erwartungshaltung macht sie fertig, mehr noch allerdings die Untreue Nicks (Philipp Hochmair), der wahre Multitasking-Skills entwickelt. Im Auto ruht die Hand seiner Frau zwischen seinen Beinen, während er am Telefon der Geliebten erklären muss, dass endgültig Schluss ist zwischen den beiden. Beim Spiel „Stadt Land Fluss“ kommt es zum Crash. Nick steuert das Cabrio in eine Schafherde, die sich auf die Straße verirrt hat, der Wagen landet im Graben und Anna mit einem prächtigen Kopfverband im Krankenhaus.

Zglinski hat noch bei einem der Großen des polnischen Kinos, dem Regisseur Krzysztof Kieslowski, gelernt. „Animals – Stadt Land Tier“, der auf einem Drehbuch des 2007 verstorbenen Filmemachers Jörg Kalt basiert, weist aber noch ganz andere Einflüsse auf, am offensichtlichsten David Lynch und sein psychotropisches Amnesiekino. Denn mit dem Verkehrsunfall entzieht Zglinski der Geschichte endgültig ihr Fundament, Wahrnehmungs- und Zeitebenen fließen elegant ineinander und doppeln sich. Schnitte enden im Nichts. Ist wirklich erst ein Tag seit der Ankunft in den Bergen vergangen oder schon zwei Wochen, wie Nick behauptet?

Sinn ergibt das alles nicht

Anna leidet unter einem Trauma, das nur vordergründig mit Nick zu tun hat. Das Landhaus, das sie wie ein Gespenst durchstreift, entwickelt ein Eigenleben, Tiere spielen bei ihrem Kontrollverlust eine mysteriöse Rolle. Das tote Schaf landet auf dem Esstisch, ein verirrter Vogel begeht in der Küche Selbstmord und eine sprechende Katze erzählt Anna, dass Nick sie umbringen will. Das Spiel mit der Wirklichkeit ist allzu kalkuliert, nur selten überrascht einen die Doppelbödigkeit der Bilder – wenn Anna etwa am Ufer des Genfer Sees neben einer riesigen Gabel sitzt, die aus dem Wasser ragt. Die vermeintliche Halluzination stellt als Objekt des Künstlers Jean-Pierre Zaugg heraus.

Annas Realitätsverlust findet Entsprechung im Nebenplot um Mischa (Mona Petri), die die Wohnung des Paares hütet. Auch findet sich in einer Zeitschleife gefangen, die Wahnvorstellungen nähern sich an, die Interieurs werden sich immer ähnlicher. Petri spielt alle zentralen weiblichen Rolle neben Minichmayr, allesamt potenzielle Konkurrentinnen Annas. Das Doppelgängermotiv ist ein Hitchcock-Zitat, die Femme fatale, doch die Genre-Referenz bleibt nur Zierart, weil Zglinski Rätsel um Rätsel anhäuft, ohne sich um eine innere Logik zu interessieren. Minichmayr ist wie immer ein Ereignis in ihrer zähen Dünnhäutigkeit, obwohl Anna ihr kaum Spielraum lässt. Man muss „Animals“ eher von seinen Elementen her betrachten. Sinn ergibt das alles nicht.

In 2 Berliner Kinos

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