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André Heller im Jahr 2015. Er erhielt einen Romy für sein Lebenswerk.

© imago/SKATA

André Heller zum 70.: Der große Flic-Flac

André Heller ist ein Schausteller der Künste, ein Alleskönner, dessen Tatendrang und Poetentum im Großen wie im Kleinen zu begeistern weiß. Eine Gratulation zum 70. Geburtstag.

Dass der Heller immer so übertreiben muss. Doch er ist ja ein Wiener und weltweit wirkender Schausteller der Künste, wie könnte er da stets auf dem Boden bleiben. Nichts weniger als die „Rückkehr des Paradieses“ hat er mit seiner jüngsten Schöpfung in der Wahlheimat Marokko der staunenden Öffentlichkeit versprochen. Mehrere Jahre hat Heller den südlich von Marrakesch gelegenen Garten „Anima“ geplant und mit Hilfe von 60 Gärtnern zehn Millionen Euro verpflanzt. Ein Großprojekt ganz nach André Hellers Geschmack.

Was hat der Chansonnier, Rundfunksendergründer, Filmemacher, Bücherschreiber, Theaterregisseur, Impresario, Zirkusgründer, Showentwickler und Spektakelmacher nicht alles für rauschende Tops und Flops gelandet. Erfolgreiche Zirkusshows wie „Flic-Flac“ und „Afrika, Afrika“, den zusammen mit Bernhard Paul gegründeten Zirkus Roncalli, den modernen Kunst-Vergnügungspark „Luna Luna“, aber auch Pleiten wie die Pferderevue „Magnifico“ und die verkrachte Eröffnungsshow zur Fußballweltmeisterschaft 2006 im Berliner Olympiastadion. Die wurde Heller, dem Kulturkoordinator der WM und Erfinder des Slogans „Die Welt zu Gast bei Freunden“, von der Fifa wegen angeblich befürchteter Rasenschäden abgesagt. Die vereinbarten 23 Millionen Euro Honorar hat er trotzdem bekommen. Kann durchaus sein, dass davon jetzt was im Paradiesgarten steckt.

Was ihn besonders auszeichnet ist sein Poetentum

Berlin ist André Heller so oder so zu Dank verpflichtet. Vor 25 Jahren hat er zusammen mit Bernhard Paul den Wintergarten in der Potsdamer Straße als Hommage an den gleichnamigen historischen Amüsiertempel eröffnet. Eine segensreiche Tat, die im September groß gefeiert werden soll.

Was den am 22. März 1947 geborenen Spross einer vom Judentum zum Katholizismus konvertierten Zuckerbäckerfamilie auszeichnet, sind aber nicht nur Fantasie und Tatendrang, die für mehrere Leben ausreichen, sondern sein Poetentum. Das kommt jetzt, wo die dunklen Locken grau und Hellers Jahre als von Drogen befeuerter Bühnenwüterich und arroganter Großbürgerschnösel vorbei sind, erst so richtig raus. „Es dauert länger, bis man dem ähnlich sieht, der man sein will“, hat er festgestellt. Besonders, wenn man, wie er, nur mit Ach und Krach den Seelenverheerungen eines kalten Elternhauses und einer jesuitischen Internatshölle entkommen ist.

Seine wunderbaren, von einer bei Joseph Roth abgeschauten kakanischen Melancholie durchsetzten Bücher „Wie ich lernte, bei mir selber Kind zu sein“ und das im vergangenen Jahr erschienene „Buch vom Süden“ erzählen davon. Allein sie und ein hinreißender Essay, den der religionskritische und zeitlebens gesellschaftspolitisch engagierte Heller unter dem Titel „Wahrscheinlich der größte Dichter unter den anständigen Menschen“ zum 100. Geburtstag von Joseph Roth geschrieben hat, langen für ein Geburtstagsständchen zum 70. Das passende Lied dafür hat André Heller, der Alleskönner, gleich selber geschrieben. Der Refrain des schmissigen Schlagerchansons geht so: „Die wahren Abenteuer sind im Kopf, und sind sie nicht im Kopf, dann sind sie nirgendwo!“

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