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Gerhard Bayer weiß wie man richtig trainiert.

© Doris Spiekermann-Klaas

Gesund leben: "Nur nicht überfordern!"

Sport im Fitnessstudio hilft gegen viele Zivilisationskrankheiten. Woran man ein gutes Studio erkennt, erklärt Sportwissenschaftler Gerhard Bayer.

Herr Bayer, rund acht Millionen Menschen in Deutschland schwitzen sich in Fitnessstudios ab. Ist Sport im Fitnessstudio denn überhaupt gesund?

Der Besuch im Fitnessstudio kann sinnvoll sein, denn der durchschnittliche Mitteleuropäer leidet heute unter zu wenig körperlicher Belastung. Stress kann so nicht mehr abgebaut werden, negative Emotionen können die Folge sein. Andererseits ist der Besuch im Fitnesscenter auch ein selbst geschaffener Bedarf. Ein Foto, das im Netz kursiert, illustriert gut, was ich meine: Das Bild zeigt eine Rolltreppe, die zu einem Fitnessstudio hinaufführt. Studien zeigen, dass Menschen, die einen täglichen Energieverbrauch von etwa 30 Kilometer Laufen haben, keinen Sport mehr treiben müssen, um gesund zu bleiben. Das hört sich nach einer großen Strecke an. Aber wenn wir das Fahrrad zur Arbeit nähmen und Treppen stiegen, dann würde bei den meisten Menschen schon ein guter Teil dieser Strecke zusammenkommen.

Welchen Krankheiten kann man im Fitnessstudio vorbeugen?

Vielen Zivilisationskrankheiten. Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck werden durch eben jenen Bewegungsmangel und einem Überfluss an Nahrung verursacht. Wenn sie es im Alltag nicht schaffen, können Menschen im Fitnessstudio wieder eine Balance zwischen Energieverbrauch und -aufnahme herstellen und so den Wohlstandskrankheiten Einhalt gebieten. Bei Schreibtischjobs, wo man viele Stunden am Tag sitzend im Büro verbringt, ist besonders häufig die hintere Schulter- und Nackenmuskulatur geschwächt und verspannt, während die Brustmuskeln verkürzt sind. Das führt dazu, dass wir krumm am Arbeitsplatz sitzen und früher oder später unter Rückenschmerzen leiden und unsere Halswirbelsäule geschädigt wird. Im Fitnessstudio können die Schulter- aber auch Rumpf- und Beinmuskulatur gestärkt und ins Gleichgewicht gebracht werden.

Was sollten Anfänger beim Training beachten?

Viele Menschen beginnen hoch motiviert mit dem Training, doch nach einiger Zeit lässt die Motivation nach. Wichtig ist, dran zu bleiben und regelmäßig Sport zu treiben. Wer im Fitnessstudio Freunde trifft, kann sich oft leichter motivieren. Und auch der monatliche Mitgliedsbeitrag kann unserem Gewissen auf die Sprünge helfen. Das größte Problem für Anfänger ist, ein systematisches Training zu entwickeln: Ungeübte Sportler müssen sich differenziert und langsam aufbauen. Sie sollten ihren Körper nicht überfordern und ihm auch Erholungspausen gönnen. Überlastet man die Muskeln, macht sich das mit Schmerzen bemerkbar. Knochen und Sehnen senden uns hingegen kaum und wenn dann erst sehr spät Warnsignale. Deshalb sollte man auch nicht ständig die Belastung erhöhen, sondern bestimmte Leistungsniveaus erst eine Weile halten.

Welche Risiken gibt es noch?

Keine, wenn Sie richtig trainieren. Allerdings sind Anstrengungen bei Fieber und Entzündungen tabu. Auch wenn Sie Medikamente - insbesondere Antibiotika - nehmen, müssen Sie das Fitnessstudio wie jede andere sportliche Belastung meiden. Wer trotzdem trainiert, riskiert eine Herzklappeninsuffizienz.

Und ganz konkret: Woran erkenne ich ein gutes Fitnessstudio denn?

Das Hauptkriterium für ein gutes Studio sind aus meiner Sicht ausreichend und fachkundige Trainer. Die Trainer sollten von sich aus auf die Kunden zukommen und auf deren Bedürfnisse individuell reagieren können. In der fachkundigen Anleitung sehe ich auch das wichtigste Argument für einen Besuch im Fitnessstudio, denn trainieren kann man letztlich auch zu Hause. Die meisten Menschen wissen nur nicht wie. Gutes Personal ist jedoch einer der größten Kostentreiber im Fitnessstudio. Deshalb wird daran nicht selten gespart.

"Viele Fitnessstudios sparen am Personal." Gerhard Bayer, Dozent für Trainingswissenschaften.
"Viele Fitnessstudios sparen am Personal." Gerhard Bayer, Dozent für Trainingswissenschaften.

© Doris Spiekermann-Klaas

Welche Ausstattung sollte ein Studio haben?

Es sollten einerseits alle Muskelgruppen lokal belastet und trainiert werden können, aber andererseits sind auch Komplexübungen für die Koordination und die Herz-Kreislauf-Belastung wichtig. Kraftmaschinen und Rudergeräte gehören zum Standard-Repertoire. Bei diesen Geräten stemmen Sie die Gewichte nicht direkt, sondern über Hebel und Seilzüge. Das hat den Vorteil, dass keine Gewichte herunterfallen können, die jemanden verletzen könnten. Der Nachteil ist, dass diese Übungen die Koordination weniger beanspruchen, da die Bewegungen von der Maschine vorgegeben und geführt werden. Deshalb gehören auch lange und kurze Hanteln in ein Studio. Ihr Trainingseffekt ist viel breiter, da an den Übungen mehr Muskeln beteiligt sind, um die Bewegung zu koordinieren und zu stabilisieren. Die meisten Anbieter haben außerdem Laufbänder, Crosstrainer und Ergometer fürs Ausdauertraining im Gerätepark.

Warum sollte ich denn überhaupt im Fitnessstudio auf einem Laufband rennen, wenn ich auch in der freien Natur joggen könnte?

Gute Frage! Im Fitnessstudio haben Sie keine Vorteile gegenüber dem Laufen in der freien Natur. Asthmatiker sind sogar besser beraten, draußen zu joggen, da im Fitnessstudio die Luft stärker mit Keimen belastet sein kann. Wichtig ist aber, dass Sie sich beim Joggen mit der richtigen Kleidung warm halten, sonst können sie sich verletzen und natürlich erkälten.

Informationen zu Berliner Fitnessstudios finden Sie auf www.gesundheitsberater-berlin.de/praevention

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