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Frau: Jeden Monat Schmerzen

Die Menstruation kann regelmäßig zu enormen Beschwerden führen. Einfache Hausmittel können Linderung verschaffen, ansonsten hilft der Frauenarzt.

In einigen Kulturen der Welt wird die erste Monatsblutung einer Frau gefeiert und bei manchen Naturvölkern das Blut als Zeichen der Fruchtbarkeit sogar als magisches Heilmittel eingesetzt. Für viele Frauen ist die Menstruation jedoch alles andere als ein magischer Anlass zum Feiern, wenn sie mit teils erheblichen Schmerzen einhergeht - aber warum ist das so?

Stefan Braun ist Chefarzt für Frauenheilkunde und Geburtsmedizin im Sankt Gertrauden-Krankenhaus
Stefan Braun ist Chefarzt für Frauenheilkunde und Geburtsmedizin im Sankt Gertrauden-Krankenhaus

© Promo

Die medizinisch auch Abbruchblutung genannte Regel ist ein natürlicher Bestandteil des weiblichen Zyklus. »Wenn kein Spermium ein Ei befruchtet hat, wird die Gebärmutterschleimhaut im Verlauf der Regel abgestoßen und anschließend für eine potenzielle neue Schwangerschaft wieder aufgebaut«, sagt Stefan Braun, Chefarzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin am Sankt Gertrauden-Krankenhaus. Zuständig dafür sind Hormone, die von Teilen des Gehirns und von den Eierstöcken freigesetzt werden. Dabei sind für die typischen Veränderungen an der Gebärmutterschleimhaut das weibliche Sexualhormon Östrogen und das sogenannte Gelbkörperhormon Progesteron zuständig - ein ausgeklügeltes System also, das sich jeden Monat aufs Neue auf den gesamten Organismus auswirkt. Aber im ungünstigen Fall kann es dadurch auch zu Schmerzen kommen: Sie treten durch die Kontraktion der Gebärmutter auf, mit der diese sich von den Resten der Gebärmutterschleimhaut befreit.

Menstruationsbeschwerden können vor und während der Monatsblutung auftreten. Mediziner unterscheiden dabei zwischen primären und sekundären Regelschmerzen: Den primären Beschwerden liegen meist keine organischen Ursachen zugrunde. Sie setzen kurz nach der ersten Menstruation ein und können bei den betroffenen Mädchen und Frauen bis zu den Wechseljahren andauern, bessern sich jedoch oft nach einer Schwangerschaft. Auslöser für die Beschwerden sind körpereigene Schmerzbotenstoffe, sogenannte Prostaglandine, die ein Zusammenziehen der Gebärmuttermuskulatur beim Abstoßen der Gebärmutterschleimhaut hervorrufen. »Dadurch wird die Gebärmutter schwächer durchblutet, was zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff führt und damit Schmerzen auslöst«, sagt Braun. Außerdem können Stress und psychische Belastungen die Symptome verstärken.

Wenn Beschwerden von gynäkologischen Erkrankungen herrühren, spricht man von sekundären Regelschmerzen. Aber auch mechanische Verhütungsmittel wie die Spirale können sekundäre Menstruationsbeschwerden hervorrufen.

Regelbeschwerden können richtig krank machen: Sie äußern sich in einem allgemeinen Unwohlsein mit Schmerzen im Unterbauch, Rücken und Kopf. Dann treten oftmals auch Symptome wie Völlegefühl, Durchfall und Übelkeit bis hin zum Erbrechen auf. Oft begleiten Erschöpfungszustände und depressive Verstimmungen die Episoden. Einige Frauen sind so stark betroffen, dass ihnen bei jeder Regeblutung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt werden muss.

Um Regelschmerzen zu bekämpfen, kann man unterschiedlich vorgehen: Schon Maßnahmen wie Wärmflaschen auf dem Unterbauch, warme Bäder und ausreichend Schlaf können helfen. Genussmittel wie Nikotin und Alkohol sollten während der Beschwerden vermieden werden, denn sie können diese noch verstärken. Heilpflanzen wie Mönchspfeffer oder Kamillenblüten in Form von Tees, die es aber auch als Tropfen oder Kapseln in der Apotheke oder Drogerie gibt, helfen. Manche Frauen profitieren auch von Entspannungstechniken wie Yoga oder autogenem Training.

»Erst wenn diese Maßnahmen keine Besserung bringen, sollte man zu Medikamenten greifen«, sagt Braun. Das können Schmerzmittel wie Paracetamol oder Ibuprofen sein, die die schmerzauslösenden Prostaglandine hemmen. Auch die Antibabypille kann Regelschmerzen lindern, da sich durch die künstlichen Hormone die Gebärmutterschleimhaut weniger stark aufbaut und deshalb während der Regel auch weniger Schleimhaut abgebaut werden muss.

Hilft auch das nicht, sollten die Betroffenen einen Frauenarzt aufsuchen. Er führt eine Tastuntersuchung und einen vaginalen Ultraschall durch, um organische Ursachen ausschließen zu können. »Sollte sich dabei der Verdacht auf eine gynäkologische Erkrankung erhärten, können eine Bauchspiegelung und Operation notwendig werden«, sagt Braun. In fast allen Fällen ist hierbei ein minimal-invasives und organerhaltendes Vorgehen möglich. Bei der Auswahl des OP-Verfahrens bezieht der Frauenarzt immer die Lebensphase und den Wunsch der betroffenen Frau ein. Wenn die Schmerzen und Menstruationsstörungen beispielsweise durch Myome oder Endometrioseherde in der Gebärmuttermuskulatur hervorgerufen werden, ist bei abgeschlossener Familienplanung auch die komplette Entfernung oder Teilentfernung der Gebärmutter zu erwägen.

»Da das Schmerzempfinden sehr individuell ist, gibt es nicht den einen konkreten Zeitpunkt, zu dem man zum Frauenarzt gehen muss«, sagt Chefarzt Braun. Wenn aber die Beschwerden über einen längeren Zeitraum anhalten und dabei nicht schwächer werden oder außerhalb der Regel Blutungen auftreten, sollte man den Gynäkologen aufsuchen. Die meisten Frauenärzte in Berlin haben extra eine eigene Mädchensprechstunde, in der sie junge Frauen zu den hormonellen und psychologischen Veränderungen in der Pubertät beraten.

Das hilft bei Regelschmerzen

Wärme. Schon einfachste Mittel wie Wärmflaschen auf dem Unterbauch und warme Bäder helfen.

Heilpflanzen. Kamillenblüten und Mönchspfeffer können gegen die Beschwerden eingesetzt werden - als Tee, Tropfen oder Kapseln.

Medizin. Auch Schmerzmittel wie Paracetamol oder Ibuprofen können die Beschwerden bessern, sollten jedoch nicht leichtfertig genutzt werden.

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Leonard Hillmann

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