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Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer - genannt Moritz - sind die dienstältesten deutschen Fernsehköche.

© Becker Joest Volkk

Fernsehköche Martina und Moritz: Beziehungsküche

Sie sind eine Institution im WDR-Fernsehen: Seit 30 Jahren kochen Martina und Moritz auf ihrem Apfelgut im Schwarzwald vor laufender Kamera. Zu ihrem Jubiläum hat das Paar ein Kochbuch mit Lieblingsrezepten vorgelegt.

Vor ein paar Tagen ist bei Martina und Moritz der Frühling ausgebrochen. Beim Spaziergang mit Pünktchen, der Hundedame, blieben reichlich Morcheln im Korb, im Garten sprießte der erste grüne Spargel, und dann hatte der Fischhändler in Sulz auch noch Bachforellen, die nie einen Zuchtteich gesehen haben – Lebensqualität à la Schwarzwald. Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer konnten daraus leicht etwas Köstliches zubereiten, denn sie sind seit 30 Jahren mit Büchern, TV-Sendungen und Kochkursen eine feste Größe in der deutschen Gourmet-Szene.

Beide sind gelernte Journalisten, keine Kochprofis. Das ist ein mehrfacher Vorteil, denn es gibt ihnen Vermittlungskompetenz, und es bremst andererseits möglichen Ehrgeiz, im Anfertigen von verschnörkelten Strebertellern mit der Spitze mitzuhalten. Was sie kochen, kann jeder einigermaßen geübte Hobbykoch nachmachen, ohne den Maschinenpark der Sterneküche einzusetzen, das zeigen sie gerade auch in ihrem neuen Jubiläumsbuch „Das Beste aus 30 Jahren“: Kartoffelsalat, Makkaroniauflauf, chinesischer Schweinebauch. Viele Profiköche sagen übrigens, die WDR-Sendung der beiden sei die einzige Kochsendung, die sie ernst nähmen, weil es da nicht um Eitelkeiten gehe, sondern um den guten Geschmack, und wie man ihn hinbekommt.

Die angestammten roten Brillengestelle sind zum Logo geworden

Erstmal: Martina und Moritz. Daraus ist über die Jahrzehnte eine Art Gütesiegel geworden. Bernd Neuner-Duttenhofer heißt seit Studententagen aus irgendeinem Grund „Moritz“, aber das blieb lange Zeit eher im Freundeskreis, bis es sich nun langsam auch öffentlich durchzusetzen begann. Längst gibt es auch ein Logo, das die beiden mit ihren angestammten roten Brillengestellen zeigt, Markenbildung ist halt auch beim WDR nötig, der die Sendung, die stets auf dem Apfelgut in Sulz-Hopfau produziert wird, jeden Sonnabend nachmittags zeigt.

Ein Vorläufer war der „ARD-Ratgeber Essen und Trinken“, mit dem sie ihre TV-Karriere starteten, nachdem sie sich schon mit prächtigen kulinarischen Büchern etabliert hatten. Die 15 Bände der Serie „Kulinarische Landschaften“, in Deutschland begonnen, dann später auch auf Südtirol, Adria und die Toskana ausgedehnt, sind noch heute ein begehrter antiquarischer Fang – zumal diese intensive Melange von Reisereportage, detektivischer Küchenarbeit und nachkochbaren Rezepten wohl auch nur in dieser unmittelbaren Verknüpfung von eigenen Fotos und eigenen Recherchen funktionieren konnte.

70 Kochbücher haben die beiden gemeinsam verfasst

Insgesamt 70 Bücher sind es bis heute geworden, aber der Schwerpunkt ihrer Arbeit hat sich mehr und mehr aufs Fernsehen und die höchst beliebten Kochkurse auf dem Apfelgut verschoben. Das natürlich nicht nur so heißt, sondern auch bewirtschaftet werden muss; ihre Apfelsäfte und Apfelschaumweine sind über die Region hinaus begehrt. Arbeit gibt es also genug, kein Gedanke an den Ruhestand, der mit 75 bzw. 70 Jahren zweifellos eine Option wäre. Ihr Geheimnis liegt wohl darin, dass sie diese Arbeit auch nach 30 Jahren Ehe und beruflicher Zusammenarbeit immer noch mit sichtlicher Begeisterung erledigen. „Kochen mit Martina und Moritz“, der WDR-Dauerbrenner (immer samstags 17.45 bis 18.15 Uhr), funktioniert ja nicht nur wegen der fachlichen Kompetenz der beiden, sondern weil das ständige Ping-Pong am Herd über die Jahre betrachtet eine kleine Soap für sich ist, die sicher nur zum Teil geplant ist und durchaus ein paar selbstironische Überdrehtheiten präsentiert: Martina hat, so scheint es zumindest, mehr und mehr das Kommando am Herd übernommen, während der Gemahl auf Zuarbeiten und schlaue Kommentare abonniert ist und sich ansonsten intensiv um die Getränkewahl kümmert.

Sie schreibt die Rezepte, er kümmert sich um die Getränke

Wer im Haus zu Gast war, der weiß, dass diese Arbeitsteilung durchaus der Realität entspricht. „Als wir uns kennenlernten, hat er mir große Menüs zubereitet“, scherzt Martina in Interviews, „kaum hatte er mich, behauptete er, ich könne es besser“. Was er mit einem knappen „Es ist ja so!“ quittiert. Im Fernsehen bewährt sich dieses Rollenspiel aber vor allem konzeptionell, weil eben kein illustrer Chefkoch von einem moderierenden Stichwortgeber bei Laune gehalten werden muss, sondern der Dialog am Herd dem Arbeitsprozess genau und faktenreich folgt – das gibt es sonst nirgendwo. Dennoch ist die strikte Arbeitsteilung wohl auch die Grundlage von 30 Jahren intensiver persönlicher Zusammenarbeit: Er ist der Gärtner, sie erntet. Sie fotografiert, er macht das Licht. Sie schreibt die Rezepte, er kümmert sich um die Getränke.

Ihr Anwesen verdanken sie dem Rüstungsunternehmer Max Duttenhofer

Wer einen Platz in ihren Kochkursen ergattert, der lernt das ausgedehnte Apfelgut und die großzügige Villa hoch über dem Anwesen kennen. Wie kommt man zu so etwas? Die Antwort ist bei Max Duttenhofer zu suchen, der als „Krupp von Süddeutschland“ eine Industriegröße im Kaiserreich war und seine Munitionsfabrik in Rottweil auf der Erfindung des rauchlosen Schießpulvers aufgebaut hatte, einer weltweiten waffentechnischen Revolution. Auch bei einer anderen Firma hatte er seine Hände im Spiel, nämlich als Anteilseigner und Aufsichtsratsvorsitzender der Daimler-Motoren-Werke. Kein Wunder, dass das großbürgerliche Haus in Sulz-Hopfau nur sein Sommerhaus war – und von den heutigen Besitzern im Winter nur noch zu einem kleinen Teil beheizt wird. Die sind zwar nicht unwohlhabend, aber außer dem Anwesen selbst und einigen Hektar Wald ist aus dem Portefeuille des reichen Ahnen nichts über die Jahrhunderte gekommen. Aber es ist schön, dass sich dieses Erbe so mit ganz und gar friedlichen Mitteln erhalten lässt.

Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer: Das Beste aus 30 Jahren, Becker Joest Volk Verlag 2018, 192 Seiten, 28 Euro

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

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