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Der Trend geht zum eScooter-Sharing. Die Vorteile liegen auf der Straße.

© Jens Bonnke für den Tagesspiegel.

Elektro-Scooter boomen: Rollt bei mir!

Elektro-Scooter-Sharing boomt, vor allem in Berlin. Die Vorteile sind klar. Privat hängen jedoch Pedelecs die Flitzer ab – auch mangels Förderung.

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Es beginnt mit einem „Pling“, gefolgt von einem „Plopp“. Dann hat die App den Roller freigeschaltet und die Sitzbank geöffnet. Unter der befindet sich ein Helm. Aufgesetzt, aufgesessen – und schon gleitet man fast lautlos und ganz ohne Abgaswolke vom Bürgersteig in den Straßenverkehr. Elektro-Scooter-Sharing boomt, nicht nur in Berlin. Hier läuft seit August 2016 ein Duell. Da stieg die Bosch-Tochter Coup in den E-Roller-Verleihmarkt ein – und erstmals ins Geschäft mit Endkunden. „Wir wollen zeigen, dass wir nicht nur Bremssysteme und Einspritzpumpen können, sondern auch Services“, sagte Coup-Geschäftsführer Mat Schubert damals dem Tagesspiegel.

Bis dahin war das Schöneberger Start-up Emio, das sich mittlerweile in Emmy umbenannt hat, einziger Anbieter in Berlin. Mit einem siebenstelligen Betrag von Investoren will Emmy jetzt expandieren: Noch im April sollte die Flotte von 150 Rollern auf 350 vergrößert werden. Die orange-roten Zweiräder im Retro-Vespa-Stil dürften dann im Stadtbild noch mehr auffallen.

Mit 1000 Rollern im gerade erweiterten Geschäftsgebiet bleibt Coup aber vorn. Nun kann man die schwarz-türkisfarbenen Roller, für die derzeit massiv auf Plakatwänden in der Stadt geworben wird, auch in Charlottenburg, Wilmersdorf, Schöneberg, Neukölln, Moabit und Wedding abstellen. Zuvor musste jede Fahrt – bei Coup „Ride“ genannt – in Mitte, Prenzlauer Berg, Kreuzberg oder Friedrichshain enden. Feste Stationen gibt es nicht, die Maschinen können wie Fahrräder auf dem Gehweg abgestellt werden. Bis zu 100 Kilometer sollen die Akkus halten, die von Coup-Mitarbeitern gewechselt und geladen werden.

Die App zeigt Nutzern nicht nur Roller in der Nähe an, sondern dient auch als Schlüssel.

In ihren Prinzipien unterscheiden sich die Anbieter auf dem deutschen Markt kaum

Emmy kostet ab der ersten Minute 19 Cent, dazu fällt eine Grundgebühr von 14 (25 Freiminuten inklusive) oder 19 Euro (100 Freiminuten) an. Interessant an Emmys Preismodell ist, dass entweder nach Minute oder nach Strecke (59 Cent pro angefangenen Kilometer) abgerechnet wird. Nach der Fahrt wird automatisch der jeweils günstigere Tarif gewählt. Coup kostet für die ersten 30 Minuten pauschal drei Euro, danach wird alle zehn Minuten ein Euro fällig. Emmy eignet sich also eher für die Kurzstrecke, ab Minute 16 ist Coup günstiger.

In ihren Prinzipien unterscheiden sich Emmy, Coup und die anderen Anbieter auf dem deutschen Markt kaum voneinander. In Stuttgart bieten die Stadtwerke unter dem Namen Stella E-Roller-Sharing an – mit Ökostrom. Das Modell hat einen Motor mit 2 kW und fährt maximal 45 km/h. Jeder ab 18 Jahre, der seit mindestens einem Jahr in Besitz eines Motorrad- oder Autoführerscheins ist, kann die Roller nutzen. Bei Coup müssen Nutzer mindestens 21 Jahre alt sein.

In München und Köln bietet das Münchner Start-up scoo mobility GmbH mit scoo.me ebenfalls Roller-Sharing mit Vespas, Piaggio oder Peugeot-Rollern an, insgesamt 250 Fahrzeuge – allerdings wieder mit Verbrennern. Wegen schwacher Kundenresonanz, hoher Kosten und fraglichem ökologischen Vorteil habe man die E-Roller wieder ausrangiert, hieß es.

Das Geschäft mit den Elektro-Scootern ist schwierig: Im Winter sind sie wenig gefragt und können Probleme mit den Akkus bekommen, die zum Laden jedes Mal herausgenommen werden müssen. Außerdem fahren bei Schnee und Glätte weniger Nutzer Roller.

E-Motorräder und Elektro-Roller sind bei Privatleuten bislang wenig gefragt

Emmy arbeitet mit dem niedersächsischen Elektroroller-Hersteller Emco zusammen, der auch die Flotte der Stadtwerke Stuttgart stellt. Sie fahren mit ihrem 2-kW-Motor (das entspricht 3,7 PS) maximal 45 km/h. Die modern anmutenden Roller von Coup stammen vom taiwanesischen Hersteller Gogoro, der als „Tesla der Elektroroller“ gehandelt wird.

Die Förderung der Elektromobilität fokussiert sich in Deutschland bisher auf den Pkw-Bereich. Die Nationale Plattform Elektromobilität als branchenübergreifendes Beratungsgremium der Bundesregierung etwa beschäftigt sich nur mit Pkw und leichten Nutzfahrzeugen. Dabei ist der Zweiradmarkt längst weiter: Bei Pedelecs wurde die Million schon vor Jahren geschafft. Der Zweirad-Industrie-Verband beziffert den Bestand bundesweit auf drei Millionen und den Marktanteil für 2016 auf 15 Prozent.

Elektromotorräder und E-Roller sind dagegen bei Privatleuten erst wenig gefragt. Die Probleme ähneln denen beim Auto: knappe Reichweite, häufiger Ladebedarf, schwere Batterien. Hinzu kommt gerade in der Stadt das zusätzliche Unfallrisiko mit Fußgängern und Radfahrern, weil sie ungewohnt leise sind. Und die kürzlich beschlossene Richtlinie, laut der Elektroautos bei geringem Tempo künftig ein Fahrgeräusch erzeugen müssen, gilt nur für vierrädrige Fahrzeuge.

Für Roller existiert kein Marktüberblick, da sie nicht zulassungspflichtig sind. Studien zum deutschen Markt gibt es laut Industrie-Verband Motorrad nicht. In Österreich sieht es mit der Förderung anders aus: Nach England ist es das zweite europäische Land, das E-Mobilität auch beim Zweirad fördert. Wer sich dort seit dem 1. Januar 2017 ein E-Motorrad oder einen E-Roller anschafft, kann mit bis zu 750 Euro vom Staat rechnen.Laura Hofmann /

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