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Die Fotografin Elisabeth Niggemeyer lebt im Fasanenkiez und öffnete für die Porträtreihe ihre Wohnung.

© Anastasia Khoroshilova

Berlin-Wilmersdorf: Großstadtgesichter vom Fasanenplatz

Anastasia Khoroshilova fotografiert die Menschen im Wilmersdorfer „Fasanenkiez“ – und zeigt erste Bilder im Haus der Berliner Festspiele.

Was verbindet den 84-jährigen Fotografen und Flaneur Efraim Habermann, den Wirt Gregor Scholl von der „Rum Trader Bar“ und Ex-Schreinermeister Jaroslav Klement, der im Parkdeck unter der „Bar jeder Vernunft“ kampiert und als „Ratten-Rudi“ bekannt ist, weil er beim Spendensammeln auf dem Ku’damm zahme Ratten Kunststücke vollführen lässt? Die drei sind Wilmersdorfer, die sich für das Projekt „Berlin: Fasanenplatz. Orte und Menschen“ porträtieren ließen.

Die bisherigen Ergebnisse zeigen die Fotografin Anastasia Khoroshilova und der Galerist Manfred Carpentier am Donnerstag, 14. Dezember, ab 17 Uhr im Haus der Berliner Festspiele an der Schaperstraße 24. Die Idee stammt von Khoroshilova, die auf Porträts spezialisiert ist. „Ich beschäftige mich oft mit Gemeinschaften und geschlossenen Gruppen“, sagt die 39-jährige Russin, die nach einem Fotografie-Studium in Essen seit acht Jahren an der Meinekestraße im sogenannten Fasanenkiez wohnt.

Bürgerinitiative unterstützt die Fotokünstlerin

Ebenfalls in der Meinekestraße betreibt Manfred Carpentier seine Galerie. Er ist außerdem Autor und schreibt Texte zu den Porträtbildern. Den Kontakt zu Anwohnern vermittelte die Bürgerinitiative Quartier Fasanenplatz. Finanziell fördern der Kulturbeirat und das Kulturamt Charlottenburg-Wilmersdorf das Vorhaben.

Anastasia Khoroshilova hat ein Atelier im Unternehmerinnen-Centrum West (UCW) an der Sigmaringer Straße. Noch hängen an den Wänden dort keine Bilder aus dem Fasanenkiez, sondern charakterstarke Porträts russischer Landbewohner. Bis heute ist die Fotografin nämlich in ihrem Heimatland tätig, auch als Dozentin an einer Kunstschule in Moskau. Die neuen Aufnahmen will sie erstmals großformatig bei der Präsentation im Festspielhaus zeigen, dafür steht im Foyer ein Beamer bereit.

Noch werden Leute für die Porträtreihe gesucht

„In diesem Viertel ist man eher zurückhaltend“, sagt Khoroshilova. Im gutbürgerlichen Quartier seien offenbar „alle Individualisten“ – ihr Eindruck nach jeweils mehrstündigen Gesprächen und Foto-Sessions in den Wohnungen oder an den Arbeitsplätzen der Anrainer. Ihr gelang es, Vertrauen herzustellen. Nichts wird ohne Zustimmung der Beteiligten veröffentlicht. „Die ersten sind die Helden, weil sie mitgemacht haben“, findet die Fotokünstlerin.

Derzeit „stehen wir noch ganz am Anfang“, sagt sie, das Projekt solle bis ins Jahr 2019 laufen. Sie und Carpentier suchen noch mehr Kiezbewohner, die sich porträtieren lassen wollen. Zusätzlich hat Khoroshilova einige Gebäude und Orte wie den als Gerhart-Hauptmann-Anlage bekannten Park fotografiert.

Vor der Kamera standen neben den eingangs erwähnten Personen unter anderem auch Bärbel Scherhag und Peter Gnielczyk von der Bürgerinitiative. Bekannt wurde diese im Laufe der vergangenen 16 Jahre durch ihren Kampf gegen ein Hochhausprojekt und andere Bauvorhaben auf dem Gelände zwischen Festspielhaus, der Bar jeder Vernunft und der Grünanlage. Im vorigen Jahr stellte die Initiative Ideen für ein Kulturquartier vor, die von vielen Stadtplanern und Politikern unterstützt werden. Nur die Finanzierung ist ungeklärt.

Anwohner ziehen an einem Strang

Eine wesentliche Rolle bei den Konzepten spielt Wilfried Wang, Architekt und Professor an der Akademie der Künste, der sich ebenfalls von Khoroshilova fotografieren ließ. Mitgemacht haben auch der Bühnen- und Kostümbildner Bernd Skodzig, der Antiquitätenhändler Wolfgang Thiede, die Fotografin Elisabeth Niggemeyer, der Autor und frühere Senatssprecher Wilhelm Wiegreffe oder Ulrich Redder – er führt die 1946 gegründete und als Künstlertreff berühmt gewordene Galerie Bremer mit Bar an der Fasanenstraße 37 heute unter dem Namen „F37“ fort. Zu den Menschen, die noch porträtiert werden sollen, gehört Festspiele-Intendant Thomas Oberender.

Nach dem Abschluss des Projekts sind ein Buch und eine Ausstellung dazu geplant. Anastasia Khoroshilova schwärmt besonders vom Zusammenhalt der Bürger im Kiez. „Die Leute sind ganz toll organisiert, ich bin begeistert darüber, was man alles gemeinsam erreichen kann.“ So etwas kenne sie aus Russland nicht.

- Bis 22. Dezember, tgl. 14-18 Uhr. Noch mehr Fotos finden Sie unter fasanenplatz.carpentier-galerie.de.

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