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Laut Umfragen spricht sich in Berlin eine deutliche Mehrheit der wahlberechtigten Bürger dafür aus, dass Tegel in Betrieb bleibt, nachdem der Flughafen BER eröffnet wird.

© dpa/ Ralf Hirschberger

Zukunft des Flughafens Berlin-Tegel: Der Kampf um Tegel hat begonnen

Das Abgeordnetenhaus stimmt sich auf den Volksentscheid zur Flughafen-Zukunft ein. Im Juli bekommen die Berliner deswegen Post.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Blöd für die CDU. Der Oppositionspartei fehlt noch eine klare Haltung zur Frage, ob der Flughafen Tegel geschlossen werden soll. Im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses kam das am Mittwoch nicht gut an. Nicht nur die rot-rot-grüne Koalition, sondern auch die FDP reagierte hämisch darauf, dass die Berliner Christdemokraten erst eine Mitgliederbefragung zu Tegel abwarten wollen, bevor sie öffentlich Position beziehen.

Der CDU-Haushaltsexperte Christian Goiny warb im Ausschuss zwar freundlich um Verständnis, „dass wir uns heute noch nicht festlegen können“. Aber der Streit zwischen den Regierungsfraktionen und dem Rest der Opposition ging so über die Union hinweg. Gute zwei Stunden tauschten die Abgeordneten ihre Argumente pro und kontra „Offenhaltung Tegel“ aus. Ein Vorgeschmack auf den bevorstehenden Bundestagswahlkampf, der in Berlin durch einen Volksentscheid über die Zukunft des City-Airports politisch angereichert wird.

Sogar der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Torsten Schneider geht derzeit davon aus, „dass die Prognosen der Meinungsforscher zutreffen“. Demnach spricht sich in Berlin eine deutliche Mehrheit der wahlberechtigten Bürger dafür aus, dass Tegel in Betrieb bleibt, nachdem der Flughafen BER eröffnet wird. Aber es ei nicht die Aufgabe des Parlaments, so Schneider, „unreflektiert einer Mehrheitsmeinung zu folgen“. Eine Regierung müsse sachlich fundierte Entscheidungen treffen. „Das wichtigste Argument für mich ist die Verlässlichkeit von Politik, auch wenn der Wind scharf von vorne bläst.“

Er erntete Bravo-Rufe und Gelächter

Die Argumente der FDP, die den Volksentscheid zu Tegel maßgeblich organisiert hat, bezeichnete Schneider als „Fake News“. Das erzürnte natürlich die Liberalen, zumal SPD, Linke und Grüne überraschend einen Antrag im Hauptausschuss einbrachten, der vom Abgeordnetenhaus noch vor der Sommerpause beschlossen werden soll. Die Position ist klar: Ein großes Nein zur Offenhaltung Tegels. Der FDP-Landeschef Sebastian Czaja war mit einer solchen „vorgefertigten Mehrheitsmeinung“ zu diesem frühen Zeitpunkt gar nicht einverstanden. Sein Fraktionskollege Marcel Luthe, bekannt für flotte Sprüche, kritisierte vehement die „Halbwahrheiten und Polemiken“ im Koalitionsantrag, der im Hauptausschuss zur Abstimmung stand.

Die kämpferischen Freidemokraten fanden die Abgeordneten der AfD an ihrer Seite, deren Fraktionsgeschäftsführer Frank-Christian Hansel der Meinung war, dass Rot-Rot-Grün „nicht geistig flexibel genug“ sei, um ihre Haltung noch einmal zu überdenken. Die Regierung versündige sich an der Zukunft Berlins, der Koalitionsantrag sei peinlich.

Immerhin schaffte es Hansel, den nach ihm sprechenden Grünen-Kollegen Harald Moritz so zu verwirren, dass der für die Koalition bekannte: „Wir wollen am Weiterbetrieb des Flughafens Tegel festhalten, ääh an der Schließung“. Er erntete Bravo-Rufe und Gelächter aus den Reihen der Opposition. Anschließend schaffte es aber der ehemalige Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke), die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen. In aller Ruhe, die Wolf bekanntermaßen eigen ist, listete er sämtliche Gründe der Koalition für eine Schließung Tegels auf.

Er sprach über die rechtlichen Risiken für den künftigen Flughafen BER, erwähnte den Lärmschutz und dessen hohe Kosten in Tegel, sprach über die notwendige Sanierung des City-Airports für mindestens eine Milliarde Euro und die wirtschaftlichen Risiken für die Flughafengesellschaft, sollte es weiterhin zwei Flughäfen in Berlin geben. Außerdem würde das Land Brandenburg, als Mitgesellschafter des BER, nie seine Zustimmung für einen Weiterbetrieb in Tegel erteilen. Und was solle aus dem geplanten Wissenschafts- und Wohnstandort auf dem ehemaligen Flughafengelände werden?

Die CDU-Fraktion schwieg

Die Redner von FDP und AfD, die sich anschließend fleißig und wiederholt zu Wort meldeten, ließen keines der Argumente gelten. Es gehe hier, so der Berliner FDP-Chef Czaja, „um eine grundlegende Sache für diese Stadt“. Spätestens am 24. September, wenn über den Volksentscheid abgestimmt wird, müsse der Senat die Frage beantworten, „ob Rot-Rot-Grün die Berliner überhaupt ernst nimmt“. Allerdings befürchtet Czaja, dass er die Christdemokraten bei der Kampagne für einen erfolgreichen Volksentscheid nicht voll an seiner Seite hat. Es gebe Grund anzunehmen, „dass die Union auch nach der Befragung ihrer Mitglieder nicht mit einer Stimme spricht“. Die CDU-Fraktion schwieg.

Der Antrag des Regierungsbündnisses, der nach seiner Verabschiedung im Abgeordnetenhaus die Grundlage für die Gegenkampagne der Koalition sein wird, wurde im Ausschuss von SPD, Linken und Grünen beschlossen. FDP und AfD stimmten dagegen, die CDU-Fraktion enthielt sich. Ab 14. Juli können sich die Berliner in einer Broschüre der Landeswahlleiterin über die Positionen beider Seiten informieren. Der Kampf um Tegel hat offiziell begonnen.

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