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Letzte Tage im Roten Rathaus. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit steckt den bevorstehenden Abschied „nicht einfach so weg“.

© dpa

Wowereits Abschied: Sieben auf einen Streich

Klaus Wowereit bekommt eine Ausstellung im Schwulen Museum und ernennt neue Stadtälteste. Bald könnte er selbst einer sein.

Tage der Erkenntnis für den scheidenden Landesvater: Stadtältester werden kann er noch nicht – aber reif fürs Museum ist er schon. Das Schwule Museum in der Tiergartener Lützowstraße 73 hat ihm am Montagabend sogar eine doppelte Ehre bereitet. Denn neben der – sehr bescheidenen – Ausstellung über ihn wurde er auch zum Ehrenmitglied des Museums erkannt.
Zu sehen ist dort an einer Wand im Hintergrund des Cafés eine kleine Sammlung, die überwiegend aus Zeitschriftencovers und Ausschnitten besteht. Dazu gehört beispielsweise der komplett irre Titel der „Neuen Revue“ mit einem Küsschen-Foto von Klaus Wowereit und Sabine Christiansen und der Schlagzeile „Kann sie ihn umdrehen?“ Aber auch das „Time“-Titelbild „Meet the Mayors“ mit Wowereit im Mittelpunkt ist dabei, und ein geradezu überirdisch kitschiges Fotoporträt des Regiermeisters auf dem Gendarmenmarkt.
Beim Treffen der Berliner Stadtältesten im Rathaus am Mittag war Wowereit dagegen der Gastgeber – und er ernannte zusammen mit dem Parlamentspräsidenten Ralf Wieland sieben neue Stadtälteste. Wer 20 Jahre lang in sehr herausgehobener Stellung des öffentlichen Dienstes oder im Ehrenamt alles gibt für die Stadt und 65 Jahre alt ist, der kann dazugehören. Wowereit mithin hat gute Chancen, ab 2018 berücksichtigt zu werden, wenn er nicht sofort alles stehen und liegen lässt – das sieht man schon daran, dass er am Montag im Rahmen einer seiner letzten Amtshandlungen auch zwei seiner Vorgänger zu Stadtältesten ernannt hat, Eberhard Diepgen und Walter Momper.
Doch bevor er zur Tat schritt, hielt er eine kurze Rede, die eine Art Zwischenbilanz des Abschiednehmens darstellte und mit dem Rückblick auf die Feierlichkeiten zum 9. November begann. Dann kam er auf sich selbst zu sprechen. Seit seiner Rücktrittsankündigung seien alle freundlich, „sogar die Opposition findet mal ein anerkennendes Wort“, und das sei Balsam auf seine Seele. Denn da sei ja auch Wehmut, „den Abschied steckt man nicht einfach so weg“ nach mehr als 13 Jahren im Amt. Aber immerhin habe er sich frei entscheiden können, anders als der spanische König, dem er bei dessen Besuch vor einer Woche gesagt habe: „Sie haben keine Wahl, Sie bleiben immer König.“ Seine Perspektive hinsichtlich zukünftiger Anlässe skizzierte er kurz: „Ich gehe davon aus, dass ich ab und zu noch mal eingeladen werde.“
Zur Feier mit den Stadtältesten verwahrte sich Wowereit gegen das Wort von der „Abschiedstournee“: Dieses Treffen finde alljährlich im Advent statt, und so sei es nun auch diesmal. 30 lebende Stadtälteste gab es bis Montag, maximal 40 dürfen es sein, da war genügend Platz, um sieben weitere zu ernennen. Neben Diepgen und Momper handelt es sich um den ehemaligen Spandauer Bürgermeister Konrad Birkholz, die ehemalige Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, die ehemalige Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer, die ehemalige Justizsenatorin Karin Schubert und um Peter-Rudolf Zotl, der 20 Jahre lang für die PDS/Linke im Abgeordnetenhaus gesessen hat.

Dementsprechend war am Montag auch das Auditorium im Wappensaal des Berliner Rathauses besetzt: Die Stadtältesten sind überwiegend ehemalige Parlamentarier und Senatsmitglieder. Ihr Sprecher Klaus Franke war von 1983 bis 1986 Bausenator, er ist inzwischen 91 Jahre alt. Ferner sah man Christine Bergmann, Franziska Eichstädt-Bohlig, Dieter Biewald, Lore-Maria Peschel-Gutzeit, Klaus Finkelnburg und Rupert Scholz. Zwei Stadtälteste sind im ablaufenden Jahr gestorben: der ehemalige Spandauer Bürgermeister Werner Salomon und der langjährige Zoodirektor Heinz-Georg Klös.
Die hohe Auszeichnung, nicht zu verwechseln mit der noch gewichtigeren Ehrenbürgerschaft, existiert seit 1820. Die ersten Stadtältesten waren Johann Ernst Meinhoff und Carl Christoph Natorp, zwei Kommunalpolitiker, die drei Wahlperioden lang als ehrenamtliche Stadträte gearbeitet hatten.

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