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Rampenlicht. Müller und seine Tochter begleiten die Royals durchs Brandenburger Tor.

© S. Stache/dpa

William und Kate in Berlin: Royaler Besuch als Wahlkampftaktik

Michael Müller wollte die grüne Bürgermeisterin Pop nicht als Vertretung. Im Wahlkampf buhlt jeder Politiker um sympathische Bilder mit den Royals.

Von Sabine Beikler

Solche Bilder sehen Politiker gerne von sich: Zusammen mit einem strahlenden, sympathischen Königspaar in spe stand Michael Müller am vergangenen Mittwoch vor jubelnden Menschen am Brandenburger Tor. Nach einem Besuch des Holocaust-Mahnmals ging es nach Marzahn ins Kinder- und Jugendhaus Bolle. Am Abend war der Regierende Bürgermeister auf der Gartenparty in der Residenz des britischen Botschafters und verfolgte die Rede des Duke of Cambridge. Um pünktlich zum royalen Besuch zu landen, hatte Müller eigens seinen Rückflug aus der Mongolei umgebucht.

Doch hinter den so harmonisch wirkenden Bildern steht eine alles andere als harmonische Geschichte.

Klaus Lederer war verhindert

Gutes Regieren werde angestrebt, heißt es im Koalitionsvertrag. Rot-Rot- Grün will partnerschaftlich auf Augenhöhe miteinander arbeiten. Das liest sich schön auf dem Papier, aber in der Realität gönnt man dem anderen nicht alles, vor allem keine öffentlichkeitswirksamen Auftritte. Deshalb durfte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) auch nicht mit Prinz William und Herzogin Kate durch das Brandenburger Tor schreiten.

Vor einem solch hochkarätigen Besuch sieht das Protokoll eines Landes natürlich immer einen Plan B vor. Sollte der Regierende aus irgendeinem Grund verhindert sein, muss ein Vertreter benannt sein. Müller hat in Berlin zwei Vertreter: die Bürgermeister Klaus Lederer (Linke) und Ramona Pop. Als Ersatz für Müller war im Protokoll die Wirtschaftssenatorin als Vertreterin eingesetzt. Lederers Büro ließ mitteilen, dass der Kultursenator verhindert sei.

Böhning statt Pop

Doch Müller bestimmte, dass er nicht von Pop, sondern von seinem Senatskanzleichef Björn Böhning im Falle einer Verspätung vertreten werden solle. So hielt sich Böhning bereit, Kate und William Anstelle des Regierenden zu begrüßen. Für Protokoll-Erfahrene ist diese Wahl sehr ungewöhnlich, weil Müller zwei offizielle Stellvertreter hat. Und im Fall des royalen Besuchs ging es um Repräsentation und nicht um politische Staatsgeschäfte. Die Grünen waren deshalb „not amused“. So ein Verhalten von Müller habe ja wohl nichts mehr mit Regieren auf Augenhöhe zu tun, rüffelte die Partei. Die SPD-Seite konterte, Müller habe schon gewusst, dass er rechtzeitig wieder in Berlin landen würde und daher keinen offiziellen Vertreter bestimmt. Böhning sei ohnehin abrufbereit gewesen. Und süffisant wird der Satz hinterhergeworfen: Offensichtlich hätten die Grünen als Koalitionspartner Zeit für solche Spielchen. Das sei nun erst recht keine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

Beliebter als die Pandas

„Wenn das Royale für die Grünen so wichtig ist, dann setze ich mir ein Krönchen ins Haar und sorge zumindest in der Senatskanzlei für Augenhöhe“, sagte Senatssprecherin Claudia Sünder. Damit trifft sie ungewollt die Habachtstellung der Grünen in der Koalition. Der kleinste Koalitionspartner steht mächtig unter Druck: Die deutschlandweiten Umfragewerte liegen bei nur acht Prozent. Um auf Bundesebene ein gutes Ergebnis zu erzielen, müssen die Grünen vor allem in den Städten gut abschneiden. Dort kämpfen sie mit den Linken um die Gunst der jungen Wähler.

Schöne Fotos von einer grünen Bürgermeisterin mit den jungen Royals hätten da gut ins Bild gepasst. Auch der mächtige linke Grünen-Flügel wäre sicher nicht gegen den Auftritt von Ramona Pop nebst Prinz William und Herzogin Kate ins Feld gezogen. Denn das königliche Paar rangiert auf der Beliebtheitsskala in der Bevölkerung sogar noch weit vor den Bambussprossen mampfenden Pandas Meng Meng und Jiao Qing im Berliner Zoo.

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