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In diesem Sommer gilt es, alles Süße gut im Auge zu behalten. Denn es gibt deutlich mehr Wespen als in den vergangenen Jahren.

© dpa

Wespenplage in Berlin: Helfen Papiertüten gegen Wespen?

Die Wespen-Plage dürfte in diesem Jahr heftig werden. In Internet, Radio und Fernsehen werden Pseudo-Nester als Gegenmittel gepriesen. Doch ob die wirklich etwas nützen, ist mehr als fraglich.

46 Jahre nach der ersten bemannten Mondlandung hat die Menschheit angeblich ein wirklich wirksames Mittel gegen Wespen gefunden: Radio, Fernsehen und soziale Medien berichten seit ein paar Tagen über Angst und Schrecken unter den schwarz-gelben Aggressoren, wenn sie eine zerknüllte Tüte aus graubraunem Papier erblicken. „Ein feindliches Nest!“, sollen die Wespen dann denken und die Flucht ergreifen, heißt es allenthalben. Die Sache hat nur den entscheidenden Haken, dass die Wespen nicht so ticken, wie die Papierzerknüller das gern hätten. Leider, denn die gerade erst begonnene Wespenplage in diesem Sommer dürfte die heftigste seit Langem werden.

„Die Sache mit dem Papier geht auf das geschickte Marketing einer Firma zurück, die den ,Waspinator‘ vertreibt“, sagt die Imkerin und Wespenexpertin des Naturschutzbundes Nabu, Melanie von Orlow. „Dahinter stecken gleich mehrere Denkfehler: Wespen orientieren sich nicht optisch wie wir. Ein Wespennest ist für die nicht, was von Weitem so aussieht, sondern was riecht wie ein Wespennest. Und warum sollten sie sich überhaupt davon fernhalten?“

Im Internet wird der „Waspinator“ zusammen mit dem Hinweis verkauft, dass er womöglich nicht alle Arten abschrecke. In Deutschland machen nur zwei von acht heimischen Arten Ärger, nämlich die Deutsche und die Gemeine Wespe. Die haben jetzt ihre Larven aufgezogen, wofür sie vor allem Eiweiße brauchten. Jetzt sind Kohlenhydrate gefragt – also Cola statt Pizza und Kuchen statt Fleisch.

Nach einem Stich eher erhitzen als kühlen

Auch Derk Ehlert, Wildtierexperte bei der Umweltverwaltung, zweifelt an den Pseudo-Nestern: „Wenn wir die Wespen wahrnehmen, sind sie ja schon da.“ Es gibt also irgendwo im Umkreis – und der kann durchaus mehrere Kilometer groß sein – schon ein Nest. Das wurde neu gebaut wie jedes Jahr, aber kann direkt neben einem alten hängen. Die Bedingungen für Wespenvölker sind diesmal ideal, weil auf den milden Winter nun ein sehr warmer, trockener Sommer folgt.

„Ich würde davon ausgehen, dass es noch schlimmer wird“, sagt Ehlert und zählt die Gegenmittel auf: Süßes abdecken, nicht barfuß auf Rasen laufen und Wespen nicht anpusten, weil das CO2 in der Atemluft sie reizt. In Bäckereien bewähren sich die mit einem Elektrodrahtgitter sowie Ventilator und Sammelbox kombinierten UV-Lampen. Für den Hausgebrauch wird eher die Ablenkfütterung mit noch Süßerem empfohlen. Als besonders wirksam gelten sehr reife Weintrauben, ein paar Meter entfernt vom Tisch. Wer süßliche Gerüche wie die von Parfüm, Weichspüler oder Haarspray vermeidet, senkt ebenfalls sein Risiko.

Auch Wespen sind nützlich

Und wen es doch erwischt, der sollte den ganz frischen Stich erst mal mit heißem Wasser behandeln, das die Gefäße weitet und die Schwellung lindert. Danach helfen die üblichen Hausmittel wie Zwiebel-, Zitronen- und Rhabarberscheiben zumindest ein wenig. Für effektiver hält Ehlert die Stichheiler aus Apotheken, die die Stelle kurz erhitzen und den Entzündungsherd zerstören. Das tut zwar ebenfalls weh, aber eben nicht lange.

Grillpartys (Eiweiße!) sind als Alternative zum kohlenhydratschweren Kaffeekränzchen nur bedingt geeignet: Spätestens wenn das Ketchup fließt, sind die Wespen wieder zur Stelle. Bleibt nur ein kleiner Trost: Auch Wespen sind nützlich, weil sie Schadinsekten fressen. Jedenfalls in der Eiweißphase.

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