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Reck dich, streck dich: Mit Yoga kann man gar nicht früh genug anfangen (Symbolbild).

© Imago

Was macht die Familie?: Vom Flutschfinger zum Kinderyoga

In der heutigen Familienkolumne wundert sich unsere Redakteurin über die so ganz anderen Ernährungs-und Sportgewohnheiten ihrer Tochter und erinnert sich an ihre Kindheit.

Vor nicht allzu langer Zeit habe ich in Kreuzberg folgenden Satz gehört: „Carlotta, kommst du bitte zum Essen hoch? Dein Bio-Bratling wird kalt.“ Ich saß mit meiner Tochter auf einem Spielplatz und dachte daran, wie ich mich über diese Art von Sätzen lustig gemacht habe, bevor ich selbst Mutter wurde - und wie absurd sie mir noch immer vorkommen. Gleichzeitig habe ich erkannt, dass wir – meine Freunde mit Kindern und ich - wohl gar nicht viel anders sind.

Als wir neulich nach einem Ausflug einkehrten und die Bedienung nach Getränkewünschen fragte, bestellten meine fünfjährige Tochter und ihre Freundin ganz selbstverständlich: „Mango Lassi, bitte.“ Gehen wir Eis essen, schlecken unsere Kinder Erdbeer-Basilikum oder Ananas-Minze, vegan und bio. In diesen Momenten erinnerte ich mich an meine eigene Kindheit, an die Sommer in Bremen. Wir aßen Pommes rot-weiß. Ich bin mit Leckmuscheln und Flutschfinger aufgewachsen - immer wieder gut für einen zweideutigen Witz.

Seit ich Mutter bin, habe ich mitbekommen, dass heutzutage bei Kindern der Ergotherapeut nachhelfen soll, wenn sie angeblich nicht schön genug malen. Hat das Kleinkind Verdauungsstörungen, vereinbaren die Eltern schleunigst einen Termin beim Osteopathen. Neulich ertappte ich mich selbst dabei, wie ich nach einem Sturz meiner Kleinen rief: „Hat jemand Arnica D6 dabei?“

Wenn man mich als Kind gefragt hat, was ich am liebsten mache, war die Antwort immer „Fußballspielen“. Auch das ist bei meiner Tochter anders: Sie macht Yoga. Mit knapp vier Jahren hat sie das erste Mal einen Kinderyoga-Kurs besucht. Soll gut sein für Motorik, Körpergefühl, Selbstwahrnehmung, Achtsamkeit. Zu Beginn jeder Stunde setzen sich die Kinder nach ein paar Bewegungsspielen in einen Kreis und lassen das „Sorgensäckchen“ kreisen. „Sorgen, Ängste, Nöte, Wut verpacken wir im Säckchen gut“, rufen sie am Ende. Meine Tochter kann die Füße bis zum Ohr biegen, ihr Gleichgewicht halten, wenn sie den Baum macht, zeigt mir die Kobra und das Krokodil. Und am Ende eine schöne Entspannungsübung? Natürlich hätten sie auch „Schnavasana“ gemacht, verriet sie. Mit einem Lavendelsäckchen auf der Stirn. Na dann: Namasté.

Ein Kinderyogakurs mit - nein, nicht "Schnavasana" - mit "Savasana“, Entspannung also, wird unter anderem im Yogabaum angeboten, Tempelhofer Damm 152, Tel. 6703 7250. Leckmuscheln heißen jetzt Schleckmuscheln und sind auf jeden Fall übers Internet zu bekommen.

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