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Das ist nicht Max, aber ein Bruder im Geiste - ein Eisenbahnfan.

© Imago

Was macht die Familie?: Mein Sohn, der Lokomotivführer

Max fährt zum Südkreuz, zum Hauptbahnhof und das rund um die Uhr. Und den ICE-Tunnel am Gleisdreieck liebt er - zu lesen in unserer Vaterkolumne.

Ich habe morgens noch nix gefrühstückt, da bin ich schon dreimal quer durch Deutschland gefahren. Mit dem ICE von Südkreuz zum Brandenburger Tor. Mit dem Regionalexpress von Hamburg nach Stuttgart. Das sind die Stammstrecken auf der Holzeisenbahn von Max. Manchmal wird aus dem Hauptbahnhof beim Einfahren schnell noch Spandau. Mit drei Jahren ist man noch nicht so festgelegt, manchmal fährt auch ein Bus auf den Schienen.

Wer zu Besuch kommt, muss noch vor Schuheausziehen, Händewaschen und Begrüßungscocktail gleich in Max’ Zimmer zum Eisenbahnspielen, weil eine Eisenbahn, die nicht fährt, eben keine Eisenbahn ist. „Möchtest du mal Schaffner werden?“, hat ihn neulich eine Freundin von uns gefragt. „Nein! Zugbegleiter!“ Genau genommen hat er seine Ausbildung schon begonnen mit dem Intensivkurs Zugabfertigen: Arm hoch und Pfeifgeräusch. Das hört sich wie „hü“ an, aber Lokomotiven sind ja auch nichts anders als die Urenkel der Pferdewagen.

Herrliche Aussichten am Park am Gleisdreieck - hier rauschen die RE-Züge und ICE in den Nordsüdtunnel.
Herrliche Aussichten am Park am Gleisdreieck - hier rauschen die RE-Züge und ICE in den Nordsüdtunnel.

© Kitty Kleist-Heinrich

Wie das so ist, muss in alltagsnahen Situationen trainiert werden. Max fertigt jedenfalls gerne einen Lieferwagen ab, der gerade auf den Parkplatz um die Ecke will. Oder die U-Bahn. Ja, Max ist der blonde Junge, der mit erhobenem Arm noch dasteht, wenn die U-Bahn schon in das schwarze Loch gefahren ist.

Oben die U1 und die U2, unten die ICE und RE-Züge im Nord-Süd-Tunnel

Apropos schwarzes Loch: Ein gutes Ausbildungszentrum ist der Park am Gleisdreieck. Vom Hügel neben der Wiese zwischen U1 und U2 lassen sich die Züge prima beim Ein- und Ausfahren des Fernbahntunnels anschauen. Wir sitzen dann und warten auf Züge. Manchmal nur kurz. Manchmal ziemlich lange. Wir saßen auch in Zeiten des GdL-Streiks dort. Aber vielleicht ist manchmal das Warten das Ziel, dann wäre Herr Weselsky der Konfuzius auf Schienen.

Oben auf dem Hügel zu sitzen, ist ein schönes Vater-Sohn-Ding. Beim Zügeanschauen, auf Metropolendeutsch Trainspotting, kommen einfach zwei große Sachen zusammen, Technik und Sehnsucht. Wenn dann ein Zug rauskommt, springt Max schnell auf, hebt den Arm und schickt dem Zug noch ein „hü“ hinterher. Ja, man kann auch fahrende Züge abfertigen, sonst bleiben sie doch stehen.

Auch wenn jetzt der Herbst kommt, schauen wir auf jeden Fall weiter. Nach dem Licht am Anfang des Tunnels.

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