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Berlins früherer Innensenator Thomas Heilmann (l, CDU) und der frühere Bezirksbürgermeister von Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD).

© Soeren Stache/dpa

Videoüberwachung in Berlin: Bündnis um Ex-Senator fordert 2500 Kameras und längere Speicherfristen

Heinz Buschkowsky und Thomas Heilmann veröffentlichen einen Gesetzentwurf, ein Volksbegehrens soll dann über den Plan entscheiden.

Die Berliner Polizei fahndet erneut mit Bildern einer Überwachungskamera nach einem Gewalttäter. Der bislang Unbekannte soll am 11. Juni gegen 1.45 Uhr einen 38-Jährigen am U-Bahnhof Alexanderplatz am Abgang zur U-Bahnlinie 8 von hinten gegen den Kopf geschlagen haben. Das Opfer stürtze, fiel die Treppe hinab, stieß mehrfach gegen eine Eisengeländer und zog sich schwere Kopfverletzungen zu.

Es sind Fälle wie dieser, weshalb Ex-Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) und der frühere Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) zusammen mit der Deutschen Polizeigewerkschaft ein Bündnis ins Leben gerufen haben, das sich für mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum einsetzt und einen Volksentscheid darüber anstrebt. Als hätten sie es geplant, veröffentlichten die Initiatoren just wenige Stunden nach der neuen Öffentlichkeitsfahndung der Polizei am Dienstag ihren Gesetzentwurf.

Speicherfrist der Bilder soll verlängert werden

Demnach soll das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG), welches die Befugnisse der Polizei regelt, verändert werden. Man wolle künftig nicht nur gefährdete Objekte mit Videokameras schützen, sondern auch „gefährliche Orte“ und Fahrradstellplätze mit Platz für mehr als 100 Räder, sagte Heilmann bei der Präsentation. Das ginge weiter als die temporäre und anlassbezogene Videoüberwachung, die der Senat beschlossen hatte. Insgesamt sollen bis zu 2500 Kameras an 50 Orten plus Fahrradplätzen angebracht werden. „Wir wollen aber keine flächendeckende Überwachung“, sagte Heilmann.

Geht es nach dem früheren Senator darf die Polizei künftig aber auch mit sogenannten Bodycams Demonstranten filmen. Außerdem soll die Speicherfrist der Bilder von 48 Stunden auf einen Monat verlängert werden. Das Bündnis rechnet mit Ausgaben von höchstens 50 Millionen Euro und rechnet darin bereits die Kosten eines Instituts für Kriminalprävention ein. Das Institut soll unter anderem die Ergebnisse der neuen Kameras evaluieren. Nach fünf Jahren soll ausgewertet werden. „Wenn nach fünf Jahren die Wirkungslosigkeit festgestellt wird, muss der Gesetzgeber diesen Entwurf wieder zurücknehmen“, sagte Heilmann.

„Vor 2019 wird es definitiv keine Abstimmung geben“

Kritik kam postwendend von den Grünen. Deren Landeschef Werner Graf sagte: "Statt blind in flächendeckende Überwachung und Technik Geld zu versenken, werden wir die Polizei vor Ort stärken." Berlin brauche vor allem mehr gut bezahlte Polizisten und einen funktionierenden Digitalfunk, so Graf. "Die CDU hat jahrelang versäumt in diese Maßnahmen zu investieren und will nun von ihren Versäumnissen ablenken, um sich im Wahlkampf mal wieder als Law-and-Order-Partei zu inszenieren." Angesichts einer „Verhinderungskoalition“ sei die Initiative unabdingbar, verteidigte Heilmann den Vorstoß. Sein ungewöhnlicher Bündnisfreund, Heinz Buschkowsky, unterstüzte ihn. „Berlin ist inzwischen die Hauptstadt des Verbrechens“, sagte der streitbare SPD-Politiker.

Angesichts der niedrigen Aufklärungsquote sei es „völlig unfassbar“, wie der Senat reagiere. Innensenator Geisel habe bei einem Gespräch zu dem Thema nur Desinteresse gezeigt. „Mit einer Bäckereifachverkäuferin hätte das Gespräch mehr Sinn gemacht“, sagte Buschkowsky. Und weiter: „Der Senat hasardiert mit der Sicherheit der Stadt der Bevölkerung und der Polizei. Innere Sicherheit wird aus ideologischen Gründen mit Füßen getreten.“

Das Bündnis hat den Gesetzesentwurf in der vergangenen Woche bei der Innenverwaltung eingebracht. Die hat nun vier Wochen Zeit für eine Kostenprüfung, ehe die Initiative ab August ein halbes Jahr Zeit hat 20000 Unterschriften zu sammeln. Kommen diese zusammen besteht die Möglichkeit, mit dem Senat zu verhandeln. Sollte dies scheitern – wovon Heilmann am Dienstag ausging – müsste das Bündnis 170 000 Unterschriften sammeln, um eine Volksabstimmung zu erwirken. Ausdauer brauchen die Überwachungsunterstützer also in jedem Fall, wie Heilmann zugab: „Vor 2019 wird es definitiv keine Abstimmung geben.“

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