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Parkende Autos in der Muskauer Straße in Berlin-Kreuzberg.

© Kitty Kleist-Heinrich

Verkehr in Berlin: Rot-Rot-Grün streitet über Preiserhöhung der Parkvignette

Anwohnervignetten sollen teurer werden - sagt Verkehrsstaatssekretär Kirchner. Doch der Vorschlag war nicht abgesprochen und löst in der Koalition Verstimmung aus.

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Das gab Ärger: Verkehrsstaatssekretär Jens-Holger Kirchner (Grüne) stößt bei den Koalitionspartnern SPD und Linke mit seinem Vorstoß, die Parkvignette für Anwohner deutlich teurer machen zu wollen, auf Widerstand. Bisher kostet die zwei Jahre gültige Anwohnervignette 20,40 Euro, für Kirchner zu wenig gemessen an anderen Städten.

„Es ist nicht in Ordnung, so nach vorn zu preschen. Kirchner hätte zuvor mit den Koalitionspartnern sprechen sollen. Dann hätten wir uns gemeinsam eine Meinung machen können“, sagt SPD-Verkehrspolitiker Tino Schopf. „Die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung hat für uns Priorität, nicht die Vignettenerhöhung“, sagte Verkehrspolitiker Harald Wolf (Linke). Für CDU-Fraktionschef Florian Graf ist Kirchners Plan die nächste „Kampfansage gegen Autofahrer“.

Parkraumbewirtschaftungszonen sollen ausgeweitet werden

Auch die grün regierte Verkehrsverwaltung reagiert verhalten auf Kirchners Vorstoß, den dieser, wie berichtet, am Wochenende auf der Fahrradmesse „Velo“ kundtat. Konkret gibt es keine Preissteigerungspläne. „Nächstes Jahr“, heißt es vage in der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. Weder über die Gebührenhöhe noch das betroffene Gebiet sei derzeit etwas zu sagen, entscheidungsreif sei nichts. Das Radgesetz habe Vorrang. Und 2018 gehe man die im Koalitionsvertrag vereinbarte Ausweitung des Gebietes der Parkraumbewirtschaftung an. Man habe viel vor, das gehe nicht alles auf einmal, sagte Behördensprecher Matthias Tang.

Rot-Rot-Grün plant bis 2021 eine schrittweise Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung innerhalb des S-Bahn- Rings. Laut Koalitionsvereinbarung soll die Senatsverwaltung eine „koordinierende“ Rolle übernehmen. Für die Ausweitung von Parkraumbewirtschaftungszonen aber sind die Bezirke verantwortlich.

CDU stören "Umerziehungsmaßnahmen"

Die CDU ist empört darüber, dass Rot-Rot-Grün „seit Monaten praktisch wöchentlich neue Umerziehungsmaßnahmen und Pläne zur Bevormundung der Berliner Verkehrsteilnehmer“ von Tempo30-Zonen-Ausweitung, Stopp beim A100-Weiterbau und jetzt teurere Parkvignetten ankündige. „Es fehlt an Esprit“, wie ein Verkehrskonzept für eine Metropole aussehen könne, sagt Fraktionschef Graf. Ähnlich lehnt auch Arne Herz (CDU), Stadtrat für Ordnungsangelegenheiten in Charlottenburg-Wilmersdorf, Kirchners Pläne ab. Die erhöhten Preise sollten der Erziehung im Bereich Verkehr dienen, mit sozialer Gerechtigkeit habe dies nichts zutun, treffe nur die Schwächeren. Die CDU im Abgeordnetenhaus hat für Donnerstag eine Aktuelle Stunde zur Verkehrspolitik mit dem Titel „Senats-Feldzug gegen Autofahrer stoppen. Rot-Rot-Grüne Verkehrspolitik macht Autofahrer zu Verlierern!“ beantragt.

FDP und AfD schießen gegen die Pläne von Rot-rot-grün

Mit einer massiven Ausweitung von Parkzonen und Gebührenerhöhung treibt der Senat die „Verdrängung der Autofahrer aus der Innenstadt weiter voran“, sagt FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja. Gerade Menschen, die auf ihr Auto angewiesen seien, würden zu „Leidtragenden der Auto-Phobie“ von Rot-Rot-Grün.

AfD-Verkehrspolitiker Frank Scholtysek kritisiert Kirchners Äußerungen ebenfalls. Hinter den Plänen von teureren Vignetten stehe nur der Wunsch, „den Bürgern so viel Geld wie möglich aus der Tasche zu ziehen, wenn sie es trotz aller rot-rot-grünen Belehrungen immer noch wagen, ein Auto zu besitzen“.

Eine Anpassung ist legitim, findet von Dassel

Kirchner eckt nicht das erste Mal mit seinen Ideen an: 2015 ging sein Versuch mit einem Fest grüner Mobilität im Helmholtzkiez gründlich schief. Kirchner, damals Stadtentwicklungsstadtrat, hatte die Pläne ohne seinen Partner in der Zählgemeinschaft gemacht: Die SPD war sauer. Der damalige SPD-Bezirksbürgermeister Matthias Köhne schimpfte über einen „brutalen“ Eingriff in den Alltag der Menschen und twitterte erbost die Absage: „Der Stecker wurde gezogen.“

Auf Verständnis stößt Kirchner immerhin bei seinem Parteifreund Stephan von Dassel, Bezirksbürgermeister in Mitte, dort für Ordnungsangelegenheiten zuständig. Die Plakette sei schon mal viel teurer gewesen, der Preis nach Bürgerbegehren auf die Verwaltungskosten reduziert worden. Das sei etwa zehn Jahre her, eine Anpassung völlig richtig.

Im Schnitt ziemlich günstig

Was nun den Preis für eine Berliner Vignette verglichen mit anderen Großstädten betrifft, so hat Kirchner Recht: Berlin ist da günstig. München und Köln verlangen für solch eine Parkvignette 30 Euro pro Jahr, in Hamburg sind es 30,30 Euro, in Stuttgart 30,70 Euro. Frankfurt am Main liegt gewissermaßen zwischen Spree und Isar: 50 Euro für zwei Jahre.

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