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Die Unterkunft mit ihren Kabinen im Dezember 2015, kurz nach der Eröffnung.

© Tobias Schwarz, AFP

Unterkunft am Tempelhofer Feld: Heimbetreiber bedankt sich bei Flüchtlingen: Kalkül oder Nächstenliebe?

Mitte Dezember soll eine Notunterkunft geräumt werden. Jetzt hat sich der Betreiber öffentlich bei den Geflüchteten bedankt - und wird kritisiert.

„Whitewashing“ nennt Martina Mauer vom Berliner Flüchtlingsrat die Werbekampagne von Tamaja. Die GmbH betreibt die Notunterkunft auf dem Tempelhofer Feld und hat gestern in den großen Berliner Zeitungen Anzeigen geschaltet: Ein Dankeschön an die 20 000 Geflüchteten, die seit der Eröffnung vor zwei Jahren im Hangar gelebt haben. „Ein Flughafen ist ein Ort zum Ankommen, aber nicht zum Verweilen“, heißt es darin.

„Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass es hier um jeden einzelnen Menschen geht“, erklärt Tamaja-Sprecherin Theresa Jocham. Mauer glaubt an ein andere Ziel: „Imagepflege – die Öffentlichkeit soll ein besseres Bild vom Betreiber bekommen.“ Der ist besonders für den stark kritisierten Hangar bekannt, hat sich aber auch um andere Notunterkünfte beworben.

Tamaja-Geschäftsführer Michael Elias bestreitet das nicht. „Ein Unternehmen, das Gutes tun will, braucht eine starke, stabile Marke.“

"Prekärste Unterkunft in ganz Berlin"

193 Geflüchtete wohnen aktuell in der Notunterkunft, 84 von ihnen bereits seit 2015. Für den Flüchtlingsrat ist die Unterkunft die „prekärste in ganz Berlin“. Besonders wegen der fehlenden Privatsphäre. Dem stimmt auch Tamaja zu.

Die Geflüchteten sind zu sechst in 25-Quadratmeter-Kabinen untergebracht, ohne eigene Decke und ohne Tür. Der Lärmpegel sei so hoch, dass viele unter Schlaf- und Konzentrationsstörungen leiden.

Laut Elias betreibt Tamaja die Notunterkunft nur, weil sie anfangs als Ankunftszentrum geplant war, in dem Menschen maximal zwei Wochen bleiben. „Sonst hätten wir das nie übernommen.“

Mitte Dezember kommt der Umzug - vermutlich

Bereits seit September letzten Jahres warte Tamaja auf das Datum für die damals beschlossene Schließung der Notunterkunft. Aktuell wird sie für Mitte Dezember erwartet. „Falls bis dahin das Containerdorf vor den Hangars bezogen werden kann“, erklärt Regina Kneiding, Sprecherin der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Momentan fänden dort noch Baumaßnahmen statt. „Tamaja hat sich aber bewundernswert um die Geflüchteten in dieser schwierigsten Unterkunft gekümmert.

Das Ankunftszentrum, ebenfalls von Tamaja betrieben, bleibt vorerst. Der Flüchtlingsrat prangert auch die dortigen Verhältnisse an, die die Menschen „schockieren und abschrecken“. Die Senatsverwaltung sucht indes schon einen besseren Standort, erklärt Kneiding. „Die Immobilienlage ist zurzeit allerdings für alle in Berlin sehr schwierig, auch für uns.“

Johannes Drosdowski

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