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Kein Zuwachs für die Mieterstadt. Die Zahlen der in Eigentumsobjekte umgewandelten und der neu gebauten Berliner Mietwohnungen waren laut amtlicher Statistik im Vorjahr fast gleich.

© Thilo Rückeis

Umwandlung in Eigentum: Berlin verliert immer mehr Mietwohnungen

In der Mieterstadt werden immer mehr Mietwohnungen zu Eigentumsobjekten. Besonders in traditionellen Kiezen hebelt das den Milieuschutz aus.

Niemanden trifft die Wohnungsnot in Deutschland so hart wie die Berliner, heißt es in einem von der Wohnungswirtschaft veröffentlichten Bericht. Das liegt auch daran, dass Bauträger in der Stadt Mietshäuser kaufen und aufteilen, um die Mietwohnungen in Eigentumsobjekte umzuwandeln und zu verkaufen. Das Geschäft bringt hohe Gewinne.

Doch eine brandneue Aufstellung des Senats zeigt: Im vergangenen Jahr gingen der Mieterstadt Berlin dadurch genauso viele Wohnungen verloren wie Bauträger insgesamt neu fertig gestellt haben.

Besonders brisant: Ausgerechnet in Gebieten, die unter Schutz stehen, weil dort viele Menschen mit geringen Einkünften leben, läuft das Geschäft mit den Umwandlungen besonders gut, und „so wird der Milieuschutz teilweise ausgehebelt“, sagt Katrin Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen.

Sie hatte die Anfrage an den Senat gestellt, dessen Antworten nun das ganze Ausmaß des Problems offenbaren: Knapp 13.000 Mietwohnungen wandelten Hauseigentümer im vergangenen Jahr in Eigentumsobjekte um. Das sind fast so viele Wohnungen, wie im ganzen vergangenen Jahr neu gebaut wurden und den Wohnungsbestand mehrten (13.800) – laut Amt für Statistik. Und 2800 Wohnungen, die künftig nicht mehr Mietern, sondern Eigentümern nutzen, befinden sich in Gebieten mit Milieuschutz.

Nur 14 Prozent aller Berliner leben in der eigenen Immobilie

Und das in einer Stadt, deren Bewohner weit überwiegend zur Miete wohnen: Nur 14 Prozent aller Berliner leben in der eigenen Immobilie. Das ist wenig, dabei ist jede vierte Wohnung in der Stadt ein Eigentumsobjekt. Für diese Differenz gibt es zwei Erklärungen. Erstens: Die Umwandlungswelle ist voll im Gang, und ganz viele Wohnungen werden noch verkauft.

Und zweitens, viele frühere Mietwohnungen sind bereits in Eigentumsobjekte umgewandelt und gehören Anlegern, die sie vermieten und über die Mieteinnahmen ihre Renditen finanzieren wollen. So oder so: Immer mehr Wohnungen werden zu Spekulationsobjekten und führen zu steigenden Mieten.

Der Umwandlungsbilanz vom Senat lässt sich außerdem entnehmen: Am heißesten gehandelt werden Eigentumswohnungen ausgerechnet in Berlins traditionellen Kiez-Lagen. Friedrichshain-Kreuzberg führt mit mehr als 3200 umgewandelten Mietwohnungen im vergangenen Jahr die Tabelle des Berlin-Monopolys an, noch vor dem Bezirk Mitte (2000 Umwandlungen).

Ebenfalls hohe Gewinne versprechen sich Wohnungs-Händler offensichtlich von der Aufteilung von Miethäusern in Charlottenburg-Wilmersdorf, wo sie knapp 1700 Wohnungen dem Mietmarkt entzogen. Neukölln liegt mit mehr als 1400 Umwandlungen noch vor Tempelhof-Schöneberg (knapp 1300).

"Die Milieuschutz-Regeln können nur eingeschränkt den Mietern helfen“

„Die vielen Umwandlungen zeigen: Die Milieuschutz-Regeln können nur eingeschränkt den Mietern helfen und müssen endlich scharfgestellt werden“, sagt Katrin Schmidberger. Zurzeit können Eigentümer umgewandelte Wohnungen nach sieben Jahren verkaufen. Weil die Objekte vorher oft aufwendig saniert werden und die Kosten dafür auf die Mieten umgelegt werden, könnten sich viele alteingesessene Kiez-Bewohner die Objekte nicht mehr leisten.

Deshalb müsse das Geschäft mit den Umwandlungen, durch das Spekulanten Wohnungen für das Zwei- bis Vierfache des ursprünglichen Preises verkaufen können, endlich gestoppt werden, sagt Schmidberger.

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