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Glamour am Abend: das Wintergarten-Varieté an der Potsdamer Straße.

© Tagesspiegel

Umbau im Schöneberger Varieté: Wintergarten bald mit Wintergarten

Das berühmte Varieté an der Potsdamer Straße wird umgebaut – mit vielen glamourösen Details. Wintergartenchef Georg Strecker sagt: "Es gibt bald ganz viele Spielereien zu entdecken."

Na dann mal hereinspaziert, sagt Georg Strecker und öffnet die Tür zur Damentoilette. Ein heißer Wind weht den Besuchern um die Beine, gepustet aus einem Schlauch, der wie eine Rutsche aus der Wand führt. Die Türen der drei Toiletten sind mit schwarzen Brettern verrammelt – ja, wohin denn nun? Erst am hinteren Ende des schmalen Raumes eröffnet sich, wie in einem Harry-Potter-Film, die Wand. Es geht hinaus in einen zugigen Durchgang, rechts um die Ecke, die Treppe runter. Seit mehr als einem Jahr müssen die Besucher des Varieté-Theaters an der Potsdamer Straße, wenn sie mal müssen, durch dieses Provisorium hindurch. Allein das Schlauchmonster verschafft ein wenig Wärme, wenn auch am Eingang zu viel und hinten zu wenig.

Der "Puderraum" für die Damen heißt auch Boudoir

„Warum tun wir uns das alles an?“, fragt der Strecker, Chef des Wintergartens, unten angekommen, und breitet die Arme aus wie ein Zirkusdirektor in einem Betonrohbau. Hier im Untergeschoss soll im Herbst ein geräumiges Foyer entstehen, barrierefreie Toiletten und ein Boudoir, von den Architekten liebevoll „Puderraum“ genannt.

"Puderraum" nennen die Architekten den Waschraum der Frauen liebevoll. Wintergartenchef Strecker sagt dazu lieber Boudoir.
"Puderraum" nennen die Architekten den Waschraum der Frauen liebevoll. Wintergartenchef Strecker sagt dazu lieber Boudoir.

© Simulation: Fiona Bennett, Hans Böhme, Assisztenz Svenja Frisch

Georg Strecker braucht seine Frage an diesem Donnerstagabend gar nicht zu beantworten. Um zu verstehen, wie nötig dieser Umbau ist, reicht ein Blick ins Foyer. Zur Premiere der Wiederaufnahme des gefeierten Musical-Varietés „Der Helle Wahnsinn“ von Marcus Pabst und Jack Woodhead bildet sich eine lange Schlange an der Garderobe, genau dahinter befindet sich der Eingang zu den Toiletten – und der Eingang zum Saal. „Die Schlangen verknäueln sich, das Foyer ist einfach zu klein“, sagt Geschäftsführer Strecker, der vor der Premiere zum „Einblick in die Zukunft der Unterwelten“ geladen hat.

Fluoreszierende Seifenblasen hängen in der Lobby

Momentan ist hier im Keller alles noch ziemlich grau, der Beton wurde mit Hochdruckinjektion monatelang in die Erde gelassen. Es sei die einzige Möglichkeit zur Erweiterung gewesen, sagt Strecker, da man oben nur kleine Veränderungen hätte vornehmen können. Die Garderobe wird erweitert, aus drei Toiletten für die Frauen werden nun zwölf, „so viele wie in keinem anderen Theater in Berlin“, sagt Strecker. Dort, wo sich heute die Herrentoiletten befinden, geht es künftig eine geschwungene Treppe – oder mit dem Fahrstuhl – hinunter in eine futuristisch gestaltete Lobby: Fluoreszierende Seifenblasen sollen von der Decke hängen, Schattenrisse von Akrobaten die Kabinen verzieren, vergoldete Mosaikkreise die Fußböden.

Viel Platz gibt es im unterirdischen Foyer - hier sollen auch Partys gefeiert werden können.
Viel Platz gibt es im unterirdischen Foyer - hier sollen auch Partys gefeiert werden können.

© Simulation: Fiona Bennett, Hans Böhme, Assisztenz Svenja Frisch

„Es wird ganz, ganz viele Spielereien zum Entdecken geben“, sagt Strecker. In der Lobby soll auch Platz für eine Bar und ein DJ-Pult sein, um den Raum bei Gelegenheit zur Disco umzugestalten. Der „Puderraum“ aber bereitet Strecker sichtlich am meisten Freude: Schminktische um eine vergoldete Säule, rosafarbene Hocker, viel Platz, viele Spielereien, ein „Irritationsgang“ erweckt den Eindruck, die Toiletten gingen ewig weiter.

Der neue Wintergarten ist eine Hommage an den ersten Standort

Den Clou aber hat sich Strecker fürs Ende aufgehoben, in Steve-Jobs-Manier sagt er dann noch fast beiläufig: Der Wintergarten bekommt wieder einen Wintergarten. In einem zweiten Umbauschritt wird der zugige Durchgang wieder geöffnet, der Hof erhält ein gläsernes Dach, wie ein Atrium oder eben ein Wintergarten – eine Hommage an den ersten Standort des Theaters im Wintergarten eines Hotels an der Friedrichstraße, wo es 1887 entstand.

Da unten. Viel Platz gibt es im unterirdischen Foyer – hier sollen auch Partys gefeiert werden können.
Da unten. Viel Platz gibt es im unterirdischen Foyer – hier sollen auch Partys gefeiert werden können.

© Simulation: Fiona Bennett, Hans Böhme, Assistenz Svenja Frisch

Spätestens bis zum nächsten Jahr soll auch das fertig sein. Dann nämlich feiert der Wintergarten 25-jähriges Jubiläum an der Potsdamer Straße, wo er nach einem Zwischenspiel in Neukölln 1992 einzog. Einen genauen Termin für die Fertigstellung will Strecker nicht nennen, man sei ja schließlich nicht der BER. Über die Ausgaben schweigt er ebenfalls. Es sei aber ein erheblicher finanzieller Aufwand betrieben worden. Das ist vor allem deshalb interessant, weil der Wintergarten vor einigen Jahren Insolvenz anmelden musste. Sechs Jahre nach der Wiedereröffnung scheint der Laden nun so gut zu laufen, dass investiert werden kann.

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