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DDR-Folklore. Am sowjetischen Ehrenmal in Treptow marschierten am Himmelfahrtstag Veteranen in Uniformen der NVA und des Stasi-Wachregiments „Feliks Dzierzynski“ auf.

© Theo Heimann

"Traditionsverband Nationale Volksarmee": Wenn die Stasi-Garde in Berlin trainiert

Opferverbände zeigen sich entsetzt über den Aufmarsch der NVA-Nostalgiker am sowjetischen Ehrenmal in Treptow. Die Polizei hat nun ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Waffen- und Versammlungsgesetz eingeleitet. Doch eine neue Parade ist schon geplant.

Die Polizei hat am Freitag nun doch ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Waffen- und Versammlungsgesetz gegen Unbekannt eingeleitet. Tags zuvor hatte das Präsidium noch erklärt, der Aufmarsch von Männern in den Uniformen der NVA und des Stasi-Wachregiments „Feliks Dzierzynski“ sei erlaubt gewesen. Die in Zeitungen abgedruckten Bilder widersprächen dem, was die eingesetzten Beamten vor Ort wahrgenommen haben, hieß es vorerst zur Begründung.

In Stechschritt und grauen Uniformen, davor ein Mann in Vopo-Kluft. Dieses Bild bot sich am Donnerstag den Besuchern des sowjetischen Ehrenmals im Treptower Park, wo zahlreiche Gruppen den Jahrestag der Befreiung von der Naziherrschaft am russischen „Tag des Sieges“ feierten. Das wollten die Männer in den Uniformen der NVA und des Stasi-Wachregiments „Feliks Dzierzynski“ auch – und provozierten mit präsentiertem Gewehr und wehenden Fahnen den Protest von Opferverbänden.

Nur wenige hundert Meter entfernt feierte der „Verein der Verfolgten des Naziregimes“. Geschäftsführer Markus Tervooren hat von dem Aufmarsch nichts mitbekommen, findet die Aktion aber eher lächerlich: „Ich komme aus Bonn, da muss ich an den Karneval denken.“

„Entsetzt“ zeigt sich dagegen Hubertus Knabe, Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen. Er habe den Eindruck gehabt, dass es ruhig geworden sein um revisionistische Vereine und NVA-Nostalgiker. „Deshalb bin ich erschrocken, dass so eine Veranstaltung überhaupt möglich ist.“ Der Verein hinter der Veranstaltung ist Knabe schon länger bekannt: Es handelt sich um den „Traditionsverband Nationale Volksarmee“, einen gemeinnützigen Verein, der sich laut Selbstdarstellung für Frieden und Abrüstung einsetzt. Auf der Webseite des Vereins posieren drei stolze Fahnenträger vor dem sowjetischen Ehrenmal. Am 1. Juni treffen sich die Kameraden das nächste Mal zum „Training der Ehrenformation“ in Garzau.

DDR-Uniformen sind nicht verboten, dies hatte der Justiziar der Polizei, Oliver Tölle, schon vor zwei Jahren klargestellt, als sich im Tierpark Friedrichsfelde 100 NVA-Offiziere versammelt hatten. Die NVA  sei keine verbotene Organisation. Dies gelte auch für das Ministerium für Staatssicherheit, dem das Wachregiment unterstand, hieß es jetzt. Da die NVA nicht mehr als Armee existiere, begingen die Uniformträger auch keine Amtsanmaßung. Auch das Mitführen der Waffen war nicht verboten. Dem Vernehmen nach hatten Polizisten die Veranstaltung im Blick, sahen aber keinen Grund zum Einschreiten.

Das bedauert die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft: „Die Polizei war ausdrücklich dazu verpflichtet, einzuschreiten oder diesen Mummenschanz von vorneherein zu verbieten“, heißt es in einer Stellungnahme. Reinhard Dobrinski vom Opferverband „Forum zur Aufklärung und Erneuerung“ spricht von einer „Provokation, wie sie schlimmer nicht sein kann“. Ebenso wie Hubertus Knabe fordert er, dass NVA-Symbole verboten werden sollten. Tatsächlich hätte der Verband eine Erlaubnis bei der Polizei einholen müssen, erklärte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. „Aufgrund der Würde des Ortes hätte man darauf bestehen müssen, dass Waffen und Uniformen nicht getragen werden.“

Oliver Igel (SPD), Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, empfindet das Treiben der NVA-Veteranen als „schändlich“. Dem Andenken der sowjetischen Soldaten werde geschadet. „NVA und Stasi haben uns nicht von den Nazis befreit.“

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