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"Thaipark" heißt der bei Asiaten beliebte Treffpunkt in Wilmersdorf im Volksmund.

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Thaipark in Wilmersdorf: Ein Stück Asien in Berlin

Deutsche erleiden im Preußenpark in Wilmersdorf manchmal einen Kulturschock, für viele Asiaten aber fühlt er sich wie ein Stück Heimat an. Hier treffen sie sich, kochen und verkaufen Essen - und haben damit den Argwohn der Behörden auf sich gezogen.

Kristina ist in Thailand geboren. Nach Deutschland kam sie, als sie zwei oder drei Jahre alt war. Trotzdem weiß sie ganz genau, wie echtes thailändisches Essen zu schmecken hat. Und das, was in den meisten Thai-Restaurants in Berlin geboten wird, gehört definitiv nicht dazu. "Immer ein bisschen zu europäisch", sagt sie lächelnd. Ganz anders im Preußenpark in Charlottenburg, einem beliebten Treffpunkt der asiatischen Gemeinde in Berlin.

Während Deutsche im Preußenpark manchmal einen Kulturschock erleiden, fühlt er sich für viele Asiaten wie ein Stück Heimat an. "Thaipark" wird die Grünfläche im Volksmund schon genannt und hat es damit als Touristenattraktion in manchen Reiseführer geschafft. Seit 20 Jahren trifft sich nahe des Fehrbelliner Platzes jeden Tag die asiatische Gemeinde: Thais, Philippiner, Vietnamesen und Chinesen. Vor allem am Wochenende findet man hier ein buntes Gewimmel aus ausgebreiteten Decken, Kühltaschen und Sonnenschirmen. Frauen sitzen dann hinter Kochtöpfen und bereiten asiatisches Essen nach Traditionsrezept zu.

„Die Freundlichkeit hier ist wie zu Hause, vor allem schmeckt es so“, sagt Kristina. Der größte Unterschied zur Heimat: „In Thailand verkaufen die Leute immer auf der Straße, normalerweise auf einem kleinen Wagen.“ Ein Park, in dem man sich treffen kann und seine Freizeit verbringt, in dem man Freundschaften schließt, während man eine Mahlzeit teilt, ist auch für sie neu.

Der Park ist auch unter Neu-Berlinern bekannt. Die Thailänderin Pok wohnt erst seit drei Monaten in der Hauptstadt, sie ist mit einem Deutschen verheiratet. Der "Thaipark" half ihr dabei, Anschluss in der neuen Umgebung zu finden. „Ich habe eine Frau in der U-Bahnhof getroffen, und sie sagte mir, dass viele Leute aus Thailand hierher kommen. Deswegen bin ich hier.“ Viele berichten von solchen oder ähnlichen Geschichten. Es sei einfacher, Kontakte zu knüpfen, wenn man sich wohl fühle und in seiner Muttersprache reden könne, sagen sie. Gerade wenn man neu in Deutschland ist.

„Am Anfang - seit 1994, glaube ich - gab es nur Thai-Leute, später kamen dann mehr und mehr Asiaten aus verschiedenen Ländern“, sagt Thien, der aus Vietnam stammt. Dann bietet er dem Besucher auch schon etwas zu trinken an: „Brauchst du etwas zu trinken? Was haben wir, Papa?“, fragt Thien seinen Vater, der neben ihm sitzt. Dass die Behörden ein Problem damit haben, wenn Essen und Getränke im Park verkauft werden, weiß Thien. „Meistens gucke ich mir nur die Leute an“, sagt er.

Seit der Park an Popularität zugenommen hat, werfen die Behörden ein schärferes Auge auf das Geschehen auf dem Rasen. Das Kochen im Park ist mittlerweile aus hygienischen Gründen untersagt, der Verkauf von zubereitetem Essen sowieso. Auch die Schließung des Parks steht noch zur Debatte. Thien: „Die Leute haben wirklich Angst vor der Schließung des Parks, sobald irgendetwas auf Kontrolleure oder Presse hinweist, sind sie sofort abweisend und sehr skeptisch.“

Das Ordnungsamt sieht es nicht gerne, wenn Speisen und Getränke verkauft werden.
Das Ordnungsamt sieht es nicht gerne, wenn Speisen und Getränke verkauft werden.

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„Die Lebensmittel sind nicht hygienisch geprüft und fließendes Wasser haben die Verkäufer auch nicht“, sagte Wirtschaftsstadtrat Marc Schulte (SPD) dem Tagesspiegel. „Man muss sich an alle geltenden Regeln und Gesetze halten, um dort Speisen verkaufen zu können“, fügt Schulte hinzu. Außerdem hätten sich Anwohner über Lärm und Geruch beschwert.

Die Nutzer des Parks verstehen die Aufregung nicht so recht. Der Park werde doch sauber gehalten, dafür sorgten die Frauen selbst. Ein eigens organisierter Putztrupp von zwei bis drei Frauen erscheint gegen 16 Uhr und verteilt Müllsäcke neben den Decken. Sie reinigen das Klohäuschen und sammeln immer wieder Müll aus den Büschen. Jeder packt mit an. Dafür gibt es etwas zu essen und ab und zu ein Trinkgeld.

„Früher gab es noch große Container, in denen man die Müllsäcke unterbringen und vor den Augen der Touristen verstecken konnte, die wurden aber abgeschafft“ erzählt eine Thailänderin. Aus welchem Grund das geschehen ist, fragen sich alle. „Die Thailänder haben die Kontrolleure bestochen, glaube ich“ scherzt Thien. „Sie kommen immer wieder, um die Leute zu verängstigen, aber eigentlich laufen sie nur herum und machen nichts.“

Die kleinen Imbisse sind illegal, denn sie zahlen keine Umsatzsteuern. Es sei jedoch möglich, an geprüfte Verkäufer Gewerbeerlaubnisse zu erteilen, sagt Schulte. Bis jetzt habe das Bezirksamt aber noch keinen Antrag bekommen.

Frühlingsrollen, Tom Sam Lao, Suppen und Papayasalat seien die meistgefragten Gerichte, erzählt eine junge Frau, die in diesem Park schon Kindheitstage verbracht hat. „Das ist das, was die Europäer kennen, am Anfang trauen sie sich meist nicht an die anderen Gerichte heran“. Für Tom Sam Lao wird eine grüne unreife Papaya verarbeitet. Alle Zutaten werden in einem Mörser gestampft: zwei kleine Krebse, Knoblauch, Cocktailtomaten, geröstete Erdnüsse, Fischsauce und der Saft einer Limette. Eine Portion kostet fünf Euro. Wenn man etwas kauft und sich zum essen auf den Boden setzt, bekommt man eine Bambusmatte angeboten.

„Als kleines Kind habe ich die Gesellschaft und den Spielplatz geliebt, es gibt immer andere Kinder und nach einer Weile kennt man sich.“ Aber wie genau es zu diesem Treffpunkt kam, weiß auch sie nicht. „Meine Mutter hat mich irgendwann einfach mal mitgenommen, damals war es schon sehr voll. Aber es kommen immer wieder neue Stände dazu.“ Ihre Familie betreibt aber keinen Essensverkauf, deshalb spricht sie offen über das Geschehen. „Viele der Köche hier sprechen nicht mit Außenstehenden über den Park, vor allem Journalisten sind verpönt. Das bringt nur Ärger, sagen sie.“  

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