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Menschen stehen in Berlin an der Gedenkstätte für die Opfer des Terroranschlages vom Breitscheidplatz.

© dpa

Terroranschlag am Breitscheidplatz: Amri-Ausschuss: Zeuge bekommt Maulkorb

Die Innenverwaltung hatte dem ersten Zeugen nur eine beschränkte Aussage gewährt. Die Ausschussmitglieder reagierten empört.

Von Sabine Beikler

Das lässt sich der Amri-Untersuchungsausschuss in Berlin nicht gefallen: Der erste Zeuge im Ausschuss, Kriminaldirektor Dennis Golcher, hatte eine so starke Beschränkung der Aussagegenehmigung, dass er in vier Stunden Befragung am Freitag über die aktuellen Erkenntnisse der polizeiinternen Task Force wenig erzählen durfte.

Nun wird Innenstaatssekretär Torsten Akmann Post vom Ausschussvorsitzenden Burkard Dregger (CDU) erhalten. „Eine Aussagebefristung soll unterbunden werden“, sagte Dregger. „Die Innenverwaltung hatte zugesagt, unsere Arbeit zu unterstützen.“

Erstmal übersetzen

Golcher ist bei der Task Force für die Koordination verantwortlich. 116 312 einzelne „Datenprodukte“ aus der Telefon- und Internetüberwachung zwischen April und September 2016 des späteren Attentäters Anis Amri würden derzeit analysiert. Darunter sind rund 10 200 SMS, 7700 Anrufe und 98 500 sonstige Daten aus Internetseiten oder Apps. 95 Prozent der Kommunikation sei auf arabisch gewesen.

Vier vereidigte Dolmetscher würden derzeit relevante Daten übersetzen, sagte Golcher. Bei der erneuten Auswertung der Kommunikation Amris gehe es um seine Kontakte, Freunde, Familie, Religionsausübung und Aufenthaltsorte. Golcher sprach von 30 Mängeln, die die Task Force bis zum 6. Juli festgestellt hatte. Sie hat die Schwere in vier Kategorien eingeteilt. Die meisten betrafen die ersten beiden Kategorien.

Aussagen nur begrenzt möglich

FDP-Politiker Marcel Luthe kritisierte die durch die Innenverwaltung eingeschränkte Aussagefähigkeit von Golcher heftig. „So eine Beeinträchtigung ohne Begründung darf es nicht geben.“ Auch Grünen-Politikerin Canan Bayram wertete die Einschränkung als „rechtswidrig. Der Zeuge muss auch Fragen beantworten, selbst wenn es Erkenntnisse gibt, die später als die zeitlich befristete Aussagegenehmigung auftauchen“. Der Zeuge hatte eine Aussagegenehmigung nur bis zum 6. Juli dieses Jahres. An diesem Tag wurde der Untersuchungsausschuss im Plenum eingesetzt.

Die Innenverwaltung verweist darauf, dass Untersuchungsausschüsse immer retrospektiv seien. Der Ausschuss wiederum steht geschlossen auf dem Standpunkt, dass das nicht für spätere Erkenntnisse gelten kann, die im Ausschuss behandelt werden müssen. Wie lange die Task Force noch eingesetzt ist, steht laut Polizei noch nicht fest.

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