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Durch dünn und dick: Andreas Schmidt spielt wieder Theater

Andreas Schmidt war 15 Jahre nur in Filmen zu sehen. Jetzt steht er in „Fettes Schwein“ auf der Bühne.

Mein Gott, nervt dieser Typ. Wie er es jedem recht machen will, wie er sich so windelweich durchs Leben laviert, wie er immer wieder seine Freundin verleugnet – ätzend. Andreas Schmidt lauscht lächelnd den Schmähungen. „Kaum auszuhalten, wie?“, fragt er teilnahmsvoll nach dem Probedurchlauf in der Komödie am Kurfürstendamm. Er freut sich, weil die Rolle offenbar funktioniert. Und er in ihr. Der segelohrige Schlaks Schmidt, den man aus Kino- und Fernsehfilmen wie „Fleisch ist mein Gemüse“, „Sommer vorm Balkon“ oder „Krauses Fest“ und „Krauses Kur“ kennt, hat 15 Jahre kein Theater mehr gespielt.

Den Unsympathen Tom, die Hauptfigur in der Sonntag hier Premiere feiernden Tragikomödie „Fettes Schwein“, hat sich Schmidt mit voller Absicht für sein Comeback als Bühnenschauspieler ausgesucht. Das 2004 in New York uraufgeführte, drastisch betitelte Stück um einen Werbefuzzi, der sich in die witzige, aber adipöse Bibliothekarin Helen verliebt, gefällt ihm. Geschrieben hat es Neil LaBute, der nicht nur einer der meistgespielten zeitgenössischen Bühnenautoren ist, sondern auch ein Dicker, der am eigenen Leib erlebt hat, dass die westliche Gesellschaft körperliche Makel ab einer gewissen Gehaltsstufe nicht mehr verzeiht. Auch nicht, wenn’s nur um die Freundin eines Kollegen geht. Und erst recht nicht in der Glas- und Stahlwelt urbaner Büro-Buddies.

Trotzdem hat Schmidt Mitgefühl mit diesem Tom, der sich im Gegensatz zu Helen, die sich längst nicht mehr für ihren Körper schämt, komplett von der Angst vorm Urteil der anderen beherrschen lässt. „Scham kenne ich gut“, sagt er ernst. So gut, wie sie eben einer kennt, der 1963 im Sauerland geboren wird, aber im Märkischen Viertel als Sohn eines Trinkers aufwächst und „Spargeltarzan“ gerufen wird. Er habe sich als Junge ständig geschämt: „Für meine Segelohren, meine Nase, meine Dürrheit.“

Inzwischen ist Familienvater Schmidt, der seit der Musical-Verfilmung „Linie 1“ 1988 in rund 80 Filmen mitgewirkt und den Deutschen Fernsehpreis zu Hause in Kreuzberg stehen hat, damit durch. „Früher wollte ich ein durchtrainierter Kerl sein, aber inzwischen geht mir das echt am Arsch vorbei.“ Hat es ihm Rollen verbaut, ein dünner Hering zu sein? Er grinst. „Na ja, den Romeo kriege ich selten angeboten.“

Dafür im Fall dieser Produktion freie Hand dafür, sich außer dem Stück auch das Aufführdatum, den Regisseur Folke Braband und die Kollegen Schöneburg und Oliver Mommsen auszusuchen. Ein exklusives Angebot, das Schmidt, der als Regisseur schon fünf erfolgreiche Stücke an den Ku’dammbühnen inszeniert hat, nicht abgelehnt hat. Trotz seiner Bühnenangst. Der wichtigere Grund, sie zu überwinden, ist aber Larry Moss. Bei diesem kalifornischen Schauspielcoach, der auch Leute wie Hilary Swank oder Leonardo DiCaprio unterrichtet, hat Schmidt ein paar Workshops besucht und eine klare Ansage bekommen: „Du musst Theater spielen!“ Nur so schärfe man sein Timing, seine Präsenz.

Die Bühne verlassen hat der auf Freundlichkeit bei der Arbeit Wert legende Schmidt aus folgendem Grund. „Die Umgangsformen am Theater waren früher unter aller Sau.“ Beim Film ging’s dagegen ganz anders zu: da würde seinesgleichen höflich behandelt, besser bezahlt und außerdem das Publikum beim Erzählen nicht so vor den Kopf gestoßen wie in manchen Theaterproduktionen. „Ich möchte in eine Geschichte eingeladen werden, da bin ich ganz konservativ.“ Mal sehen, ob ihm das in „Fettes Schwein“ gelingt.

Komödie am Kurfürstendamm 206/209, Charlottenburg, Premiere 19. Februar, 18 Uhr, bis 1. April, 13-36 Euro

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