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Anschnallen bitte. Pam Ann begeistert sogar Privatjet-Besitzer, die keine Erinnerung mehr an die Zustände in Economy- und Business-Class haben. So wie Elton John.

© Promo

Auftritt der Woche: Aus dem Leben einer Saftschubse

Bitte Bordpässe bereithalten – Pam Ann schwebt aus Australien in Berlin ein. Die angesagte Komikerin heißt eigentlich Caroline Reid und nimmt die Riten des Luftverkehrs aufs Korn.

Traurig, aber wahr: Das Fliegen ist ziemlich heruntergekommen. Von Agadir über Schönefeld bis Zweibrücken keine Spur mehr von Exklusivität. Billigfluglinien, Massentransport, Aufreißsnacks und Gratismagazine – im zivilen Luftverkehr herrschen seltsame Riten und unerträgliche Zustände. Und dass der bestenfalls im seltenen Falle einer Notwasserung zu Hochform auflaufende Berufsstand der Flugbegleiter aus eitlen Schnepfen beiderlei Geschlechts besteht, macht die Freiheit über den Wolken auch nicht grenzenloser. Insgesamt ist das Vielfliegermilieu ein Feld, dass dringend mal beackert gehört. Und zwar von Pam Ann. Was? Die Fluglinie gibt es doch schon seit 1991 nicht mehr! Stimmt, aber die gerade im Berlin-Flugverkehr äußerst verdienstvolle Interkontinentallinie Pan American World Airways, kurz Pan Am, ist ja auch gar nicht gemeint, sondern eben Pam Ann. Die hat zwar das Logo der Pan Am – die Weltkugel mit den Linien – geklaut und zu ihrem eigenen umgebaut, heißt aber eigentlich Caroline Reid und ist eine australische Komikerin, die in New York wohnt und nicht nur bei so unbekannten Leuten wie Madonna Kultstatus genießt.

Am Mittwoch und Donnerstag schwebt die schrille Saftschubse – auf Hochdeutsch Flugbegleiterin – zum zweiten Mal in Berlin ein. Über sich ihre im Stil der Sechziger toupierten Monsterperücken und Bienenkorb-Hütchen, vor sich ihren Busen und den Getränketrolley. Beim Erstbesuch im vergangenen Jahr war der Admiralspalast ausverkauft, vornehmlich von Stewards und Stewardessen. Überraschenderweise lieben die sie. „Ich verlasse jedes Flugzeug mit Champagnerflaschen im Arm“, flötet Pam Ann im mehr als 18 Flugstunden entfernten Melbourne ins Telefon. „Weil ich die Stimme der Stewardessen bin und sage, was sie gerne sagen würden.“ So wie in der Trolley-Nummer, wo Pam Ann durch hektisches Hin- und Hergelaufe, affige Gesten und Nonsensekommandos beweist, dass Flugbegleiter Leute sind, die grundlos im Gang auf und ab rennen und völlig sinnlose Zeichen machen. Feldforschung dieser Art hat ihr eine eigene Fernsehshow im australischen Fernsehen, eine Tournee mit Popsängerin Cher und Werbekampagnen als Antistar für die Fluglinien British Airways und Quantas eingebracht.

„In Berlin hattet ihr drei Flughäfen“, teilt die im Verlauf der Show in rund 15 verschiedene Charaktere mit unterschiedlichen Nationalitäten schlüpfende Luftfahrexpertin mit, „und der, den ihr geschlossen habt, der war großartig, Tmpf – wie hieß der noch?“ Tempelhof. „Genau, Tempelhoff, das ist Pam Anns Flughafen, der passt zu mir.“ Und zum stylishen Retrolook der Airline Pan Am, die dort fleißig landete, als Tempelhof noch der Flughafen des amerikanischen Sektors war. Inwiefern Pam Ann Geschichte und Zukunft des Berliner Luftverkehrs in ihrer neuen Show „You F’ Coffee“ bearbeitet, ist schwer zu sagen. „Meine aktuellen Themen finde ich immer erst zwei Tage vorher beim Fernsehgucken im Hotel.“ Politisch unkorrekte Witze und derbe Zoten gibt es bei der in Londoner Gay Clubs groß gewordenen Pam Ann in ihren Glitzerfummeln dagegen immer. „Für die neue Strip-Nummer suche ich heiße Berliner aus dem Publikum“, ruft sie feurig durch den Hörer.

Ihr Fan Elton John hat sie übrigens mal zu einer Privatvorstellung für Freunde wie Damien Hirst, Victoria Beckham und Liz Hurley in sein Flugzeug eingeladen. Und wie war’s? „Enttäuschend“, seufzt Pam Ann. Es sei ein Mietflugzeug gewesen, nicht sein eigenes, damit mehr Gäste reinpassen. „Also konnte ich gar nicht seine plüschige Ausstattung sehen.“

Zum Schluss noch ein Expertenrat für den Notfall. Was tut der ideale Passagier, wenn der Jumbo abschmiert? „Tja, dann ist Endstation, also: erst einen Schluck Wodka kippen und dann schreien wie eine Sau.“ Na bitte, das Fliegen ist völlig heruntergekommen.

Admiralspalast, Mittwoch 20 Uhr, Donnerstag 21 Uhr, 27–63 Euro, Tagesspiegel-Ticket-Telefon: 2902 1521, Mo–Fr 7.30–20 Uhr

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