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Geschenke für die Lehrerin? Nette Idee, nicht jeder Fall sollte allerdings Schule machen. In Berlin gibt es Streit um die Höhe des Geldwerts.

© dpa

Staatsanwaltschaft in Berlin eingeschaltet: Geschenk für Lehrer - Ermittlungen gegen Eltern

Eltern und Kinder machen einer Lehrerin ein 200-Euro-Geschenk zum Schuljahresende. Die Frau wird daraufhin angezeigt - offenbar von einem Kollegen. Und auch gegen die Eltern wird ermittelt. "Das sind doch Kanonen auf Spatzen", sagt ein Vater.

Der Vorgang, der sich um ein Abschiedsgeschenk einer zehnten Klasse an eine beliebte Berliner Lehrerin rankt, wird immer absurder. Beim Tagesspiegel hat sich jetzt ein Vater gemeldet, dessen Sohn zu der Schulklasse gehörte. Seiner Aussage nach ist nicht nur die Lehrerin für das Geschenk mit humorigen badenden Figuren im Wert von 200 Euro mit einer Auflagenzahlung von 4000 Euro belangt worden. „Auch meine Frau und ich haben, ebenso wie alle anderen insgesamt rund 50 Elternteile, ein Ermittlungsverfahren wegen Vorteilsgewährung bekommen“, sagt Michael Mann. Und dies, so erzählt er, „obwohl der individuelle Anteil gerade mal vier Euro beträgt.“

Inzwischen, schränkt der betroffene Vater ein, sei das Verfahren gegen ihn allerdings eingestellt, ebenso vermutlich auch das gegen die anderen Eltern.

Das alles sei korrekt, bestätigt der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner. Gegen die Väter und Mütter sei ermittelt worden, weil nicht klar gewesen sei, wer von den Eltern sich genau an dem Geschenk beteiligt habe und wer nicht. Die Justiz habe diese Nachforschungen aber eingestellt.

Eltern nehmen sich Anwälte - das kostet viel Geld

„Mir ist völlig klar, dass man konsequent gegen Korruption vorgehen, muss, aber dieser Fall ist ein klassisches Beispiel, wie mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird. Da passen die Maßstäbe doch nicht mehr richtig“, sagte Michael Mann dem Tagesspiegel. Er habe sich einen Rechtsanwalt genommen, der auch noch einen gut dreistelligen Betrag gekostet habe. „Meine Kosten erhalte ich natürlich nicht von der Justiz erstattet“, ärgert er sich. Die Lehrerin, begründet er die Idee für das Geschenk, habe viel für die Klasse und den Sohn getan.

Doch den anderen Vater, der schließlich Anzeige gegen die Pädagogin wegen der Loriotfiguren als Geschenks erstattet hat, konnte niemand von seinem Vorgehen abbringen. Nach Tagesspiegel-Informationen soll es sich bei dem im Schuldienst beschäftigten Mann um einen Schulleiter handeln.

Offenbar waren die betreffende Lehrerin und jener Schulleiter noch zu einem „befriedenden Gespräch“ ins Haus der Senatsbildungsverwaltung eingeladen worden. Doch der Mann blieb dabei, er wolle der Polizei Nachricht von dem 200 Euro teueren Geschenk machen.

Unterdessen verfolgt der Münchener Florian Mayer, der spontan eine Solidaritätssammlung zugunsten der Lehrerin ins Leben rief, um ihr die 4000 Euro zurückzuerstatten, die gesamte Posse und auch die unterschliedlichen Argumente mit Erstaunen. Berlins Justiz- und Bildungsbehörden wiesen im Zusammenhang mit Mayers Aktion darauf hin, dass selbst eine private Gabe Probleme mit der Justiz einbringen könne. Ein Lehrer im öffentlichen Dienst dürfe nun einmal kein Geschenk annehmen, das mehr als zehn Euro wert sei, auch, wenn dafür 40 unterschiedliche Personen je zehn Euro gegeben hätten. Das gut gemeinte Ansinnen von Florian Mayer sei ja bekannt. Dem Münchener ist es allerdings noch nicht geglückt, Kontakt zu der Lehrerin aufzunehmen, um herauszufinden, ob sie die solidarische Geldgabe generell überhaupt annehmen würde.

Da sich kurz nach dem Start seiner spontanen Benefizsammlung über die Internetplattform „Indiegogo“ schon abzeichnete, dass es mit einer Übergabe an die Pädagogin selbst schwierig werden könnte, hatte Mayer in die Beschreibung zur Aktion eingefügt, dass er möglicherweise Alternativen erwägen müsse. So würde er die Lehrerin gern fragen, wem er das Geld spenden könne, beispielsweise dem Schulförderverein, das wäre ja nun völlig unverdächtig.

Auch große bundesdeutsche Wochenmagazine und Radiosender berichteten über die Initiative des Tagesspiegel-Lesers aus München. Die Sympathie für seine Benefizaktion ist groß, auch wenn das Geschenk für die Lehrerin in Höhe von mehr als 200 Euro nun mal weit über dem Erlaubten lag.

Ob Lehrer, Feuerwehr oder Polizei: Wer darf was annehmen? Lesen Sie mehr in diesem Tagesspiegel-Text.

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