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Brüderlich. Der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh (li.) trifft Hamburgs Ersten Bürgermeister Olaf Scholz.

© Ulrich Zawatka-Gerlach/Tagesspiegel

SPD-Klausurtagung: Besuch der großen Schwester

Die Berliner SPD-Fraktion besuchte ihre Genossen in Hamburg. Dort hörten sie Erstaunliches, etwa zum Wohnungsbau.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Sie schmolzen dahin, als der Erste Bürgermeister der Hansestadt Hamburg, Olaf Scholz, in seinem Rathaus einen kleinen, frei improvisierten Vortrag über sozialdemokratische Großstadtpolitik hielt – und am Ende rhetorisch elegant begründete, warum die SPD in Koalitionsverhandlungen mit der Union einsteigen müsse. Anschließend applaudierte die gesamte Berliner SPD-Fraktion, darunter viele, die die GroKo gar nicht mögen.

Man war zu Gast. Jedes Jahr suchen sich die Genossen aus der Hauptstadt eine andere Stadt aus, um in Klausur zu gehen. Das neue Jahr soll politisch vorbereitet werden. Diesmal in Hamburg. „Die liebe, nette und strebsame kleine Schwester Berlins“, wie der SPD-Fraktionschef Raed Saleh zur Eröffnung der Fraktionsklausur am Freitag sagte. Seine Rede im Tagungshotel Mariotte, in der er erneut dafür plädierte, dass sich die SPD „besser in die Menschen hineindenken muss, die jeden Tag gerade mal so über die Runden zu kommen“, stieß bei den Abgeordneten auf freundlichen Beifall.

„Wie können wir unsere Interessen gemeinsam bündeln?“

Nicht mehr, aber auch nicht weniger. An diesem Wochenende will niemand ein Fass aufmachen. Der Streit um den eigenen Fraktionschef ist vorerst auf Eis gelegt, die Stimmung am Anreisetag war fröhlich und entspannt. Als der Regierende Bürgermeister und SPD-Landeschef Michael Müller mit terminbedingter Verspätung zur Fraktionsklausur stieß, wurde er von Saleh im Konferenzsaal demonstrativ herzlich in Empfang genommen. Der Hamburger Amtskollege, SPD-Fraktionschef Andreas Dressel, fand das Bild von der kleinen Schwester schön, und er warb für ein „solidarisches Miteinander“ der beiden Stadtstaaten. „Wie können wir unsere Interessen gemeinsam bündeln?“, das sei die Frage.

Dabei gehe es den Sozialdemokraten in Hamburg darum, „sich auf unsere Zielgruppe, die hart arbeitende Mitte der Gesellschaft, zu konzentrieren“. Das gelte auch und gerade für den bezahlbaren Neubau von Wohnungen. Dressel hatte ein Beispiel parat: In Hamburg wurde ein Musterbauprogramm für sogenannte Systemhäuser aufgelegt. Gemeint ist Wohnraum mit einem niedrigen und deshalb preisgünstigeren Baustandard. Angestrebt würde, in Kooperation mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften, Neubauwohnungen mit einer Miete von acht Euro netto kalt.

Wohnungsbau: „Wir müssen runter mit den Standards“

Ein Modell, dass die Berliner Genossen am Sonnabend in eine Resolution zur Berliner Wohnungsbaupolitik aufnehmen wollen. „Wir müssen runter mit den Standards“, sagte Regierungschef Müller. Auch andere Änderungen der Bauordnung, die bezahlbaren Neubau erleichtern sollen, sind vorgesehen. Im geplanten Beschluss, der noch in Arbeit ist, bekommt die von der Linken-Politikerin Katrin Lompscher geführte Senatsbauverwaltung ihr Fett weg.

Deutliche Kritik übte auf der Klausur die Verbandschefin der Wohnungsunternehmen in Berlin-Brandenburg (BBU), Maren Kern, an der Wohnungspolitik des Berliner Senats. Gute Vorsätze stritt sie Rot-Rot-Grün nicht ab, „aber es ist bisher echt nicht viel passiert“. Genossenschaften und private Investoren wanderten ins Umland ab. Zwar ist es auch in Hamburg nicht leicht, bezahlbare Wohnungen zu bauen, bestätigte Bausenatorin Dorothee Stapelfeld (SPD). Aber dort gibt es einen funktionierenden Vertrag zwischen Senat, Bezirken und Wohnungsunternehmen – und eine schlichtende Kommission. Trotz unterschiedlicher Interessen, so Stapelfeld, habe man für Neubauprojekte immer einen Konsens gefunden. Regierungschef Müller kündigte am Rand der Klausur an, in Berlin ein vergleichbares „Lenkungsgremium“ einrichten zu wollen.

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