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Tesla film mit: Eine Kamera an einem Wagen des US-Herstellers.

© Stefan Jacobs

Update

„Sicherheitsrelevante Gefährdung“ durch E-Autos: Berliner Polizei rudert zurück – vorerst doch kein Hausverbot für Teslas

Erst gab es ein Zufahrtsverbot für Teslas beim Berliner Polizeipräsidium und Landeskriminalamt – wegen der Kamerasysteme. Nun wird noch einmal daran gefeilt.

Vor den Toren Berlins in Grünheide rollen aus Teslas neuer Fabrik die Elektroautos, doch bei der Berliner Polizei sollten sie nicht herein. Der Sicherheitschef des Landeskriminalamts (LKA) hatte am Mittwoch ein Zufahrtsverbot für „alle Liegenschaften des Polizeipräsidiums und des Landeskriminalamtes“ angeordnet.

Doch am Donnerstag zog die Polizei das wieder zurück. Ein Einfahrverbot bestehe aktuell nicht, sagte ein Sprecher. Die Verwirrung war perfekt, Unverständnis bei einigen Mitarbeitern. Klar ist nur: Die Behörde sucht Wege, um mit den Überwachungssystemen moderner Fahrzeuge umzugehen.

Das Tesla-Hausverbot sei im „Vorgriff auf eine abschließende behördenweite, auf die jeweilige Liegenschaft individuell abgestimmte Regelungslage“ entstanden. Bis die abgeschlossen ist, entfalte das Schreiben des LKA-Sicherheitschefs „zunächst keine Wirkung“, sondern „dient der Sensibilisierung“, sagte der Sprecher. Bis dahin seien Polizisten „selbst verantwortlich“ dafür, dass kein Bild per Smartphone oder Überwachungssystem eines Autos gemacht werden.

Der LKA-Sicherheitschef hatte das zuvor anders gesehen: Teslas seien „eine sicherheitsrelevante Gefährdung für Mitarbeitende, Dritte (Sicherheit und Datenschutz) sowie die Liegenschaften der Polizei Berlin (Objektsicherheit)“, wie es in dem internen Rundschreiben von Mittwoch heißt.

Konkret geht es um den Datenschutz bei den Fahrzeugen aus dem Unternehmen von Technik-Milliardär Elon Musk. Anfang Januar erfuhr die Polizei, dass „sämtliche Fahrzeugmodelle des Herstellers Tesla permanent ereignisunabhängige Videoaufzeichnungen des gesamten Fahrzeugumfeldes anfertigen und diese Aufnahmen ausleiten“.

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Die Aufnahmen werden demnach „auf im Ausland (Niederlande) befindlichen Servern der Firma Tesla dauerhaft gespeichert“. Die Autofahrer selbst erfahren nicht, wie die Daten dann weiterverarbeitet werden.

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Sie könnten von anderen angefordert werden, allein Tesla entscheidet über die Weitergabe, schrieb der Sicherheitschef der Polizei. Verantwortlich für die Einhaltung des Datenschutzes bleibe aber die Polizei.

Der Sicherheitschef ordnete an, dass das Tesla-Verbot „als behördenweite Maßnahme von allen Verantwortlichen für ihre jeweiligen polizeilichen Liegenschaften gleichermaßen umzusetzen ist“.

Direktionsleiter Goldack parkte seinen Tesla am Mittwoch auf Polizeigelände

Auf Nachfrage hieß es von der Pressestelle der Polizei jedoch am Mittwoch, dass die örtlichen Direktionen selbst prüfen müssten, wie sie mit Teslas umgehen und die Fahrzeuge auf ihre Gelände fahren lassen

Persönlich betroffen ist auch Thomas Goldack, er ist der Leiter der Direktion 2 im Westen der Stadt. Er selbst fährt einen Tesla, der schwarze Wagen soll auch am Mittwoch auf seinem persönlichen Parkplatz auf dem Polizeigelände gestanden haben, markiert von einem blauen Parkschild mit der Aufschrift „L Dir 2“.

Der ranghohe Beamte Goldack muss nun in eigener Sache entscheiden, ob sein privater Tesla weiterhin auf dem Polizeigelände der Direktion 2 stehen darf. Die Anordnung des Sicherheitschefs der Polizei hat für Goldack bislang offenbar keine Folgen.

Munitionsbunker und Tarnkennzeichen müssen geschützt werden

Die Gewerkschaften und Berufsverbände reagierten unterschiedlich. „Es ist gut, dass ein solch fehlerhaftes Schreiben umgehend korrigiert wird“, sagte Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

„Die heutigen technischen Möglichkeiten sind sehr weitreichend und machen es notwendig, Sicherheitsmaßnahmen auf Liegenschaften stets zu optimieren", erklärte Jendro.. "Klar ist aber auch, dass vieles noch immer auf den Menschen selbst ankommt, der die Technik nutzt.“ Lichtbild-, Video- und Tonaufnahmen ohne dienstlichen Grund seien auf Polizeigelände grundsätzlich untersagt.

Dagegen bezeichnete Jörn Badendick vom Verband „Unabhängige in der Polizei“ den Vorgang als grotesk. „Wenn Mitarbeiter des höheren Dienstes aus Bequemlichkeit mit ihren Privatfahrzeugen für die Polizei Berlin zum Sicherheitsrisiko werden, erwarte ich von den unabhängigen Datenschutzbeauftragten die sofortige Aufnahme von Ermittlungen.“

„Das Ganze ist ein Vorgehen à la Pippi Langstrumpf - ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt", sagte Badendick. "Richtigerweise müsste erst geprüft werden und dann die Erlaubnis zum Befahren des Geländes erteilt werden.“

In der Polizei Berlin gab es auch andere Vorschläge zum Umgang mit den Elektroautos: So könnten für Beamte mit privatem Tesla konkrete Fahrstrecken und Parkplätze mit Sichtschutz auf dem Polizeigelände festgelegt werden.

Damit sollte verhindert werden, dass Sicherheitsbereiche wie Munitionsbunker, Zivilwagen mit Tarnkennzeichen und Bereiche von Zivilermittlern oder Spezialkräften von den Tesla-Kameras erfasst werden. Auch für beschlagnahmte Teslas wurde nach einer Lösung gesucht, etwa durch Überdecken mit Planen.

[Lesen Sie auch: Boom im Berliner Umland: Durch den Tesla-Effekt werden Wohnungen und Gewerbeflächen noch knapper (T+)]

Auch die Behörde der Berliner Datenschutzbeauftragen war mit dem Fall befasst und gab der Polizei Hinweise. Es gehe um den sogenannten Wächter-Modus bei Tesla. Damit können die Besitzer „verdächtige Aktivitäten rund um Ihren Tesla erfassen“, wie es beim Hersteller heißt.

Datenschutzbeauftragte droht mit Bußgeldern

Werde eine erhebliche Bedrohung erkannt, „beginnen die Kameras (…) mit der Aufzeichnung, und die Alarmanlage wird aktiviert“. Zudem bekommt der Besitzer eine Benachrichtigung auf seine Handy-App. Die kann sogar Live-Bilder vom Fahrzeug zeigen.

Im Wächtermodus scannt und filmt der Tesla seine Umgebung ab.
Im Wächtermodus scannt und filmt der Tesla seine Umgebung ab.

© Stefan Jacobs

Für die Datenschutzbeauftragte ist „jeder Fahrzeughalter selbst verantwortlich für den Wächter-Modus“, wie ein Behördensprecher dem Tagesspiegel sagte. Der Wächter-Modus dürfe nicht grundlos durchgehend auf Parkplätzen aktiviert sein und Bilder von der Umgebung dort aufzeichnen.

Wenn es Beschwerden gegen den aktivierten Wächter-Modus gebe, werde die Datenschutzbeauftragte ein Verfahren einleiten und den Fall prüfen. Das kann für Tesla-Besitzer bis zu einem Bußgeld führen. Direktionsleiter Goldack müsste also sicherstellen, dass bei seinem Wagen auf dem Polizeigelände der Wächtermodus nicht aktiviert ist.

Ansonsten kann die Polizei bislang sogar von Teslas Überwachungsmodus sogar profitieren. Nach Unfällen konnten Ermittler mit richterlichem Durchsuchungsbeschluss sich sogar schon in die europäische Datenzentrale von Tesla einloggen - aber auch in den internen Speicher von Teslas.

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