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Im Brennpunkt: Polizisten werden immer häufiger angegriffen.

© imago/Christian Ditsch

Sicherheit der Berliner Polizei: Gesetze sollen Polizisten besser schützen

Die Angriffe auf Polizisten häufen sich. Der Bund will dem Problem mit härteren Strafen beikommen. Die Polizeigewerkschaft bezweifelt allerdings, dass die Verschärfung im Gesetz hilft.

Gewalt gegen Polizisten wird künftig härter bestraft. Die Bundesregierung hat am Mittwoch den vom Justizministerium vorgelegten Gesetzentwurf zur „Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften“ beschlossen. Künftig sollen Angriffe auch bei einfachen „Diensthandlungen“ wie Streifenfahrten oder Unfallaufnahmen mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden können. Der neue Paragraf 114 „Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte“ gilt auch für Helfer von Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdiensten. Als Mindeststrafe sind sechs Monate vorgesehen. Künftig, auch das wurde verschärft, liegt ein „besonders schwerer Fall“ auch immer dann vor, wenn der Täter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich trägt, auch wenn keine Verwendungsabsicht besteht.

Justizminister Heiko Maas begründete das neue Gesetz so: „Die Zahl der Angriffe auf Polizisten und Rettungskräfte steigt. Polizisten werden alltäglich brutal attackiert. Das ist völlig inakzeptabel.“ Bisher galt ein Angriff nur als solcher, wenn er bei sogenannten Vollstreckungshandlungen geschah, zum Beispiel bei einer Festnahme. Der Unterschied ist gravierend: Demonstrationen oder Zusammenrottungen sind keine Vollstreckungshandlungen – gerade bei solchen Gelegenheiten werden Polizisten in Berlin oft angegriffen. In Moabit sind kürzlich etwa Streifenpolizisten von einem wütenden Mob attackiert worden, nur weil sie einen in zweiter Reihe parkenden Autofahrer angesprochen hatten.

Es wäre wohl besser, wenn mehr Bodycams zum Einsatz kämen und dann im Falle des Vorliegens von aktiver Gewalt gegen Beamte entsprechend geurteilt würde. Zumindest wäre eine Gesetzesverschärfung ohne entsprechende Beweismittel für mich kritisch, da [...] man als Bürger letztlich Willkür zu seinen Ungunsten befürchten muss.

schreibt NutzerIn dinsdale

Im Jahr 2015 gab es laut Kriminalstatistik 7060 Angriffe auf Polizisten, zuletzt habe es jährlich eine Steigerung von etwa acht Prozent gegeben, heißt es bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Hinter den 7060 Angegriffenen stehen unterschiedliche Straftaten. 4670 Polizisten wurden Opfer von Widerstand. 1432 Beamte wurden Opfer einer einfachen und 465 Beamte einer gefährlichen Körperverletzung. Bei dieser schwersten Form einer körperlichen Attacke gab es mit einem Plus von 31 Prozent die mit Abstand größte Steigerung im Vergleich zum Vorjahr. Zahlen für 2016 liegen zurzeit noch nicht vor.

Die Gewerkschaften sind geteilter Meinung

„Wir begrüßen das Gesetz“, sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro am Mittwoch, „es ist ein Zeichen der Wertschätzung.“ Die GdP habe sieben Jahre darum gekämpft, sagte Jendro weiter. Der kleineren Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) geht sie nicht weit genug. „Ein Problem löst dieses Gesetz nicht, nämlich die Respektlosigkeit und Verachtung gegenüber öffentlich Beschäftigten insgesamt“, sagte der Bundesvorsitzende Rainer Wendt der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. In diesem Punkt hofft die GdP, dass nun ein gesellschaftliches Umdenken einsetzt. Jendro betonte, dass das neue Gesetz alleine Polizisten nicht schützen könne. „Die Justiz muss jetzt das Strafmaß ausschöpfen.“

Es werde ja nicht der Polizist als Mensch attackiert, sondern die Uniform, der Beamte also als Vertreter des Staates. Angriffe und Widerstand gibt es mittlerweile in allen Bereichen. „Früher sind Dealer weggerannt, wenn wir kamen“, berichtete ein Polizist. „Heute greifen die uns in der Gruppe an.“

Die umgreifende Respektlosigkeit hat auch das Berliner Polizeipräsidium bemerkt. Im Dezember wurde die Kampagne „Da für Dich“ gestartet. Mit Aufklebern an allen Polizeiautos wird für die Internetseite „dafürdich.berlin“ geworben, zudem nutzt das Präsidium soziale Medien wie Facebook oder Twitter.

Die Kampagne soll die Wertschätzung für die Arbeit der Polizei steigern und Respekt für Polizisten einfordern. Zweiter Auftrag der Kampagne ist es, Nachwuchs zu werben. Wie berichtet hat mittlerweile ein Drittel der neuen Auszubildenden einen Migrationshintergrund. Davon erhofft sich die Behörde auch mehr Respekt in anderen Kulturen. 38 Prozent der Tatverdächtigen, die Widerstand gegen Polizisten leisteten, hatten laut Kriminalstatistik für 2015 keinen deutschen Pass.

Rot-Rot-Grün hatte Ende 2016 im Koalitionsvertrag vereinbart, ein „Lagebild Gewalt gegen Polizisten“ zu erstellen. Neben den statistischen Zahlen könne ein solches Lagebild auch die Motive und Situationen beschreiben, in denen Polizisten angegriffen werden, und auch mehr Aussagen zu den Tätern treffen, heißt es bei der GdP.

Ihr Bundesvorsitzender Oliver Malchow lobte das Gesetz als großen Erfolg: „Wer Polizeibeamte angreift, muss mit einer Haftstrafe rechnen.“ Linksextremistische Gewalttäter werden sich von §114 nicht abschrecken lassen. DPolG-Chef Rainer Wendt hatte vergangene Woche im Fernsehen gesagt: „Wer Steine wirft, schaut nicht vorher ins Strafrecht.“ Nachdem kürzlich Unbekannte in Mitte mehrere Polizeiautos mit Steinen attackierten, beschloss der Senat, sämtliche Streifenwagen mit Sicherheitsfolie an den Scheiben auszustatten.

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