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Gegen Schwänzen wird künftig härter vorgegangen.

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Exklusiv

Senat verschärft die Regeln: Kampf gegen Schulschwänzer

Bereits am ersten unentschuldigten Fehltag sollen Lehrer zukünftig die Eltern anrufen. Doch die Pädagogen beklagen den Mehraufwand. Auch Tests für ein elektronisches Klassenbuch sind geplant.

Die Schulen sollen künftig deutlich härter gegen Schwänzer vorgehen. Falls ein Schüler nicht von den Eltern entschuldigt wurde, müssen die Lehrer bereits am ersten Fehltag zum Telefon greifen. Dies besagt eine neue Vorschrift, die zum 1. Februar in Kraft getreten ist. Während der Landeselternausschuss die Neuregelung am Mittwoch begrüßte, warnten Schulleiter vor einem übertriebenen Aufwand. Die Arbeit sei für die Schulen kaum zu bewältigen.

Bisher waren die Schulen angehalten, bei den Erziehungsberechtigten nachzufragen, wenn ein Schüler drei Tage hintereinander unentschuldigt fehlte. In der überarbeiteten Fassung der Ausführungsvorschrift heißt es: „Bleibt eine Schülerin oder ein Schüler unentschuldigt dem Unterricht fern, so hat die Schule bereits am ersten Fehltag mit den Erziehungsberechtigten Kontakt aufzunehmen“. Den Familien solle so die Bedeutung der Schulpflicht vor Augen geführt werden.

„Ich halte es für wichtig, dass es einen formulierten Standard gibt“, sagte Landeselternsprecher Günter Peiritsch. Das sei nur konsequent. Um den Aufwand gering zu halten, müsse man den Eltern angewöhnen, am ersten Fehltag ihrer Kinder in der Schule Bescheid zu sagen. Auf diese Weise blieben für die Anrufe der Lehrer nur diejenigen Kinder übrig, die ohne Wissen der Eltern den Unterricht schwänzten. Inge Hirschmann vom Grundschulverband hält es weder für nötig noch für machbar, alle Familien am ersten Tag anzurufen. Die Lehrer wüssten selbst am besten, welchen Kindern man umgehend hinterhertelefonieren müsse. Bei beginnenden „Schwänzerkarrieren“ sei es tatsächlich richtig, sich dahinterzuklemmen. „Die Schüler müssen wissen, dass sie vermisst werden“, sagt Hirschmann, die die Kreuzberger Heinrich-Zille-Grundschule leitet – und verweist auf Finnland. Hier verfügen die Schulen über elektronische Klassenbücher, mit denen sich Lehrer jederzeit einen Überblick über ihre Klassen verschaffen und gegebenenfalls die Eltern elektronisch benachrichtigen können. „Es gibt Überlegungen, das elektronische Klassenbuch nächstes Jahr in einem Pilotprojekt zu erproben“, heißt es in der Schulverwaltung.

Auch der bündnisgrüne Schulpolitiker Özcan Mutlu fordert technische Lösungen, um den Aufwand zu verringern. „Eltern sollten sofort eine SMS bekommen, wenn ihr Kind nicht in der Schule ist“, fordert Mutlu. Leider sei Berlin noch nicht so weit, weil die geplante Schülerdatei noch immer nicht existiere. Bis dahin hält er es für zu aufwendig, alle Eltern schon am ersten Fehltag zu kontaktieren.

Paul Schuknecht vom GEW-Schulleiterverband weist auf die rein praktischen Probleme hin. So seien die Schulsekretariate oftmals nicht besetzt. In solchen Fällen könnten Eltern ihre Schulen gar nicht über die Erkrankung ihres Kindes verständigen. Zudem könne es Probleme bereiten, die Eltern zu kontaktieren. Außerdem seien viele nur noch mobil erreichbar und es gebe noch immer in manchen Schulen Leitungen, die nicht in Mobilnetze telefonieren könnten. Generell fordert Schuknecht ebenso wie Hirschmann einen „Spielraum“ bei der Frage, welche Familien sofort kontaktiert werden müssten und welche nicht.

Die Änderung der Vorschrift beruht auf dem „Qualitätspaket“, das Ex-Senator Jürgen Zöllner (SPD) im vergangenen Mai vorgestellt hatte. Offenbar hat seine Nachfolgerin Sandra Scheeres (SPD) sich entschlossen, diesen Punkt zu übernehmen. Dies gilt auch für den ehrenamtlichen Posten der „Qualitätsbeauftragten“ sowie für die Bußgelder, die Eltern beim Nichterscheinen zum Sprachtest ihrer Kinder zu zahlen haben. Die bildungspolitische CDU-Sprecherin Hildegard Bentele begrüßte ausdrücklich die Umsetzung des Qualitätspakets. Es sei auch „absolut richtig“, die Eltern sofort über Fehlzeiten zu informieren.

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