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Berlins Schüler tun sich schwer, wenn es um das Schreiben geht.

© dpa

Bildung in Berlin: Scheeres will nicht sagen, ob Leistungsvergleiche weiterhin veröffentlicht werden

Wie sich Berlin im Bundesdurchschnitt bei den Schulleistungen schlägt, wollen viele Eltern wissen. Ob es künftig Auskünfte darüber gibt, ist unklar.

Was können Berlins Drittklässler? Sind sie 2017 beim Schreiben, Lesen und Rechnen ein bisschen näher herangerückt an die bundesweiten Erwartungshorizonte? Oder ist die Risikogruppe nochmals größer geworden? Das sind so die üblichen Fragen, die Eltern und Lehrer zu den jährlichen Vergleichsarbeiten stellen. Ob es künftig darauf noch Antworten geben wird, ist zurzeit offen.

Darauf jedenfalls deutet eine aktuelle Auskunft der Sprecherin von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD), Beate Stoffers, hin. Auf die Tagesspiegel-Anfrage, ob die Ergebnisse der gerade geschriebenen Vergleichsarbeiten (Vera) wie bisher als Berliner Landesbericht veröffentlicht werden, lautete Stoffers’ Antwort, man werde sich dazu „mit Brandenburg abstimmen“.

Am 5. September 2016 klang das noch ganz anders. Damals gab Scheeres’ Pressestelle eigens eine Erklärung heraus, in der unmissverständlich zu lesen war: „Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft stellt klar, dass es auch in diesem Jahr wie auch in den vergangenen Jahren einen Länderbericht zu Vera 8 und 3 geben wird. Diese Länderberichte werden (...) wie in den anderen Jahren auch veröffentlicht.“

"Keine Veränderung in diesem Jahr". Das war 2016.

Die „Klarstellung“ war notwendig geworden, weil Stoffers zuvor mitgeteilt hatte, dass Berlin und Brandenburg die Vera-Ergebnisse künftig „nur den Schulen zur Verfügung stellen“. Diese Mitteilung kam aber kurz vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus nicht gut an. So wurde also flugs verneint – allerdings mit einem Nachsatz, der lautete: „Eine Änderung des Verfahrens wird es in diesem Jahr nicht geben“. Im Nachhinein wird klar, was damit gemeint gewesen sein dürfte: dass 2017 wieder alles ganz anders ist. Nur – man will es jetzt wohl noch nicht zugeben, sondern verschanzt sich hinter der „Abstimmung mit Brandenburg“.

Und Brandenburg? Das Nachbarland verweist auf die Kultusministerkonferenz (KMK), die sich aktuell „über die Weiterentwicklung von Vera und den Umgang mit den Ergebnissen“ verständige. „Dem können und wollen wir nicht vorgreifen“, lautet die Auskunft von Ralph Kotsch, Sprecher des Bildungsministeriums in Potsdam.

Auch bei einem anderen Thema herrscht noch keine Klarheit und zwar bei der Verschiebung von Vera 3 in die Jahrgangsstufe 4. Diese Verschiebung ist im Koalitionsvertrag angekündigt, „um eine bessere Passung zu den erwarteten Bildungsstandards zu schaffen“. Auch bei einem anderen Thema herrscht noch keine Klarheit und zwar bei der Verschiebung von Vera 3 in die Jahrgangsstufe 4. Auslöser waren die Klagen der Berliner Lehrer, dass die Aufgaben von Vera 3 zu schwer seien und eigentlich dem Stoff von Jahrgangsstufe 4 entsprächen.

Schlechte Chancen für die Verschiebung von Vera 3

Was im Koalitionsvertrag so scheinbar leicht daherkam, entpuppt sich inzwischen als ähnlich sperrig wie die Frage der Veröffentlichung. Stoffers verweist auf die KMK, aber auch die hält sich bedeckt. „Die Kultusministerkonferenz berät in ihren Gremien laufend über Vera und auch die Weiterentwicklung des Instruments“, heißt es. Ob es zu Änderungen komme und wie diese aussehen könnten, sei „derzeit nicht absehbar“, teilte KMK-Sprecher Torsten Heil mit.

Dazu passt, dass das Thema auch in Berlin aktuell nicht forciert wird. Denn Nachfragen des Tagesspiegels ergaben nicht nur, dass sich die Koalition mit dem Thema und seiner Umsetzung zurzeit gar nicht befasst. Schwerer wiegt, dass das Nachbarland offenbar nicht mitziehen will: „In den Grundschulen des Landes Brandenburg wird Vera 3 weiterhin in der Jahrgangsstufe 3 durchgeführt. Eine Verlagerung in die Jahrgangsstufe 4 ist nicht vorgesehen“, teilte Kotsch mit.

Ohne Brandenburg würde das Vorhaben zum Alleingang

Das dürfte ein erheblicher Dämpfer für Rot-Rot-Grün sein, denn Brandenburg ist neben Berlin das einzige Bundesland, dessen Grundschulen bis Klasse 6 dauern, womit Vera 3 für beide Länder eigentlich zu früh kommt. Wenn aber Brandenburg mit diesem Timing kein Problem hat, dann würde Berlins Vorhaben zu einem kompletten Alleingang.

Offenbar hat Berlin es damit aber nicht mehr eilig. „Aktuell sind keine Alleingänge Berlins geplant, da kein unmittelbarer Handlungsdruck besteht und Änderungen frühestens zu 2019 wirksam werden könnten“, teilte Stoffers mit.

Regina Kittler, Bildungspolitikerin der Linkspartei, findet das nicht weiter alarmierend. Die Verschiebung nach Klasse 4 sei noch nicht ausdiskutiert und überhaupt „haben wir fünf Jahre Zeit“.

Möglicherweise aber erledigt sich das Verschiebungsvorhaben bald von selbst: Aus einigen Schulen ist zu hören, dass der jüngste Vera-Durchgang leichter gewesen sei als sonst. „Die Kolleginnen geben die Rückmeldung, dass die Aufgaben zu bewältigen gewesen sind und dem Niveau der dritten Jahrgangsstufe entsprachen“, berichtet Karin Laurenz, Leiterin der Blumen-Schule in Friedrichshain und im Vorstand des Grundschulverbands.

Vom Landeselternausschuss nur ein "Kopfschütteln"

„Falls das so ist, könnten wir die Verschiebung neu diskutieren“, findet Kittler – eine Option, die zumindest beim Landeselternausschuss gut ankäme: „Bisher hat die Idee zur Verschiebung bei uns nur Kopfschütteln verursacht“, kommentierte der Vorsitzende Norman Heise das Koalitionsvorhaben.

Wie auch immer es weitergeht: Der Vera-3-Bericht wird normalerweise im November veröffentlicht. Spätestens dann müsste das Versteckspiel um den Umgang mit den Daten ein Ende haben.

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