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Berlin: Schafherde grast am Dom Kunstaktion

mit alten Pelzmänteln

Die Herde erreichte Berlins Innenstadt mitten in der Nacht. 70 Schafe und Lämmer weiden seit gestern auf dem Rollrasen zwischen Dom und Temporärer Kunsthalle. Ihre Herkunft: Second Hand, ausgesetzt durch Menschenhand. Alle Tiere sind lebensgroß aus alten Pelzmänteln ausgeschnitten, die Silhouetten kleben an einer der Mauern am Rasen.

Das Ganze ist eine Aktion der Künstlergruppe „Neozoon“, die Pelze gewissermaßen in Tiere zurückverwandelt. Vier Frauen in Berlin, Basel und Paris siedeln seit Sommer 2008 Bären, Rehe oder Füchse in der Stadt an. „Es sind Tiere, die aus ihrem ursprünglichen Lebensraum verdrängt wurden“, sagt eine der Macherinnen, die anonym bleiben will.

Die Tiere sind sogenannte Cut-outs, mit Schablonen ausgeschnittene Pelzstücke. Alle sind mit Schaffarbe nummeriert, an einigen hängt noch ein Mantelärmel oder Knopf. Mithilfe von Fliesenkleber hüpfen bald Lämmer auf dünnen Beinen über die Mauer, graubraune Mutterschafe senken den Kopf auf die Wiese. Auf rund 70 Metern Länge erstreckt sich die Herde aus Leder und Pelz. In Paris graste bereits eine ähnliche Herde, in Berlin streunten schon Füchse durch die Auguststraße, Bären bezogen unter der Jannowitzbrücke Quartier.

Die Macherinnen von „Neozoon“ sind zwischen 30 und 40 Jahren, einige haben Kunst studiert, alle arbeiten im Kultur- und Medienbereich. Tierschutzaktivisten seien sie nicht, „aber Fragen zum Konsum von Tieren und des Materials wollen wir schon aufwerfen“. Im Netz haben die Tiere ein Zweitleben, tauchen Bilder bei Wooster Collective auf, einer der wichtigsten Street-Art-Seiten im Netz, schnell wurden die „Neozooner“ auf Blogs verlinkt. Im September sind sie bei einem spanischen Street Art Festival eingeladen, im Oktober stellen sie in der Londoner Brick Lane Gallery aus.

Die Schafherde am Alex wird bis dahin wohl dezimiert sein. Die ersten Besucher hatten die Tiere schon am gestrigen Morgen an ihrer Seite: Passanten fotografieren und streicheln die Lämmer, während Hunde interessiert an den neuen Stadtbewohnern schnuppern. Patricia Hecht

Infos im Internet:

www.neozoon.org.

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