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Norbert Voß, Vize-Vorsitzender der "Bürger für den Lietzensee", erhielt Unterstützung von Gastschülerinnen aus Asien.

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Gemeinsame Sache in Charlottenburg-Wilmersdorf 2016: Von Mangold und ungeliebten Tunneln

In der Berliner City West griffen beim Aktionstag sogar schon ein- bis zweijährige Kleinkinder zu hölzernen Zangen. Aber auch die bekannten Kiezinitiativen machten mit.

Einer der ältesten Vereine engagierter Anwohner sind die „Bürger für den Lietzensee“ – die mehr als 140 Mitglieder starke Initiative besteht seit zwölf Jahren und pflegt regelmäßig den Charlottenburger Lietzenseepark. Auch am Sonnabend säuberte man die Wege und Gebüsche, in einer Gruppe hatte der Vize-Vereinsvorsitzende Norbert Voß auch Unterstützung von Nichtmitgliedern: Schülerinnen der „Berlin Brandenburg International School“, von denen die meisten aus Südkorea und Hongkong stammten, packten mit an.

Anna Nashat vom Malteser-Hilfsdienst (rechts) kam mit Flüchtlingen aus der Notunterkunft im ICC in den Lietzenseepark.
Anna Nashat vom Malteser-Hilfsdienst (rechts) kam mit Flüchtlingen aus der Notunterkunft im ICC in den Lietzenseepark.

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Außerdem schloss sich eine Gruppe von Asylbewerbern aus Afghanistan und dem Irak der Aktion am Lietzensee an. Sie wohnen in der nahen Notunterkunft im früheren Internationalen Congress Centrum (ICC). Anna Nashat vom Malteser-Hilfsdienst, der das Flüchtlingsheim betreibt, hatte zum Mitmachen aufgerufen und fegte auch selbst mit.

Für mehr Grün und weniger Verkehr

Mehr als 230 Anwohner und Geschäftsleute gehören zur „Initiative Bundesplatz“ in Wilmersdorf, die sich jedes Mal an den Aktionstagen für ein schöneres Berlin beteiligt und überhaupt zu den aktivsten Bürgervereinen in der City West gehört. Seit sechs Jahren pflegen die Bürger nicht nur, wie auch an diesem Sonnabend, das Grün. kämpfen für mehr Aufenthaltsqualität und gegen die Folgen der einstigen „autogerechten“ Stadtplanung. Erst vor wenigen Tagen setzte die Senatsverkehrsverwaltung einen ihrer Wünsche um: LED-Leuchten erhellen den zuvor düsteren Parkplatz unter der Stadtautobahnbrücke. Am liebsten würden die Bürger außerdem den Tunnel der Bundesallee los werden, dessen lange Betonrampen den Platz verunstalten und in zwei Hälften teilen. Eine geforderte Zuschüttung ist allerdings nicht in Sicht.

Die Initiative Bundesplatz war - wie so oft - in der Grünanlage aktiv, wo die Skulptur "Die Winzerin" steht.
Die Initiative Bundesplatz war - wie so oft - in der Grünanlage aktiv, wo die Skulptur "Die Winzerin" steht.

© TSP

Blumen und Essbares

Früchte naschen oder Kräuter pflücken in Parks und anderen Grünanlagen – nach dem Willen der Bezirkspolitiker soll das künftig in der westlichen Innenstadt möglich sein. Da ist die „Aktionsgruppe Nikolsburger Platz zum Essen“ in Wilmersdorf schon weiter: Auf dem alten Schmuckplatz bauen Anwohner bereits Gemüse wie Tomaten, Mangold und Zucchini sowie Kräuter an; Schüler der Cecilien-Grundschule kümmern sich um ein eigenes Beet. Der Bezirk hatte ab 2011 kein Geld für die Grünpflege mehr. Seitdem kümmern sich die Bürger um das Grün. Die Anwohnerinnen Irene Gagel und Petra Westphal sagen, das Verhältnis zum Bezirk habe sich verbessert. Anfangs hatte das Amt sogar Wasserkosten in Rechnung stellen wollen. Inzwischen wurde aber ein Pflegevertrag geschlossen. Die Anwohner dürfen den Hydranten gratis anzapfen und sind auch versichert, falls mal ein Unfall passiert.

Anwohner des Nikolsburger Platzes in Wilmersdorf pflegten erneut das Grün. Sie bauen auch Gemüse an.
Anwohner des Nikolsburger Platzes in Wilmersdorf pflegten erneut das Grün. Sie bauen auch Gemüse an.

© Tsp

Putzeinsatz rund um die Notunterkunft

Vor zwei Monaten lernte der ehemalige Lehrer Jürgen Clausen, der ehrenamtlich vor allem ein Schülerprojekt betreut, syrische Kriegsflüchtlinge aus Aleppo kennen, die in der Notunterkunft im früheren Rathaus Wilmersdorf leben. Ein- bis zwei Mal pro Woche sei er mit ein paar von ihnen in der Umgebung für Säuberungsaktionen unterwegs, sagt Clausen. Am Sonnabend sammelte eine siebenköpfige Gruppe einigen Müll in der Brienner Straße, wo der Eingang zum Flüchtlingsheim liegt, sowie auf dem Spielplatz an der Mansfelder Straße, in der Barstraße und auf dem Fehrbelliner Platz.

Syrer aus Aleppo, die im Flüchtlingsheim im Ex-Rathaus Wilmersdorf wohnen, beim Einsatz auf einem Spielplatz.
Syrer aus Aleppo, die im Flüchtlingsheim im Ex-Rathaus Wilmersdorf wohnen, beim Einsatz auf einem Spielplatz.

© privat

Aktionen am Freitag

Der Hebel-Club der Johann-Peters-Hebel-Grundschule in Charlottenburg schwingt die Müllzangen.
Der "Hebel-Club" der Johann-Peter-Hebel-Grundschule in Wilmersdorf schwingt die Müllzangen.

© Tsp

An der Johann-Peter-Hebel-Grundschule an der Emser Straße in Wilmersdorf können sich die Kinder nicht nur über zwei Sportplätze und einen sehr schönen Hof freuen – sondern seit zwölf Jahren außerdem über den Schülertreff "Hebel-Club" mit vielen Freizeitangeboten. Auch Freunde der Kinder und Ex-Schüler sind dort willkommen.

Jetzt hatte der Club dazu aufgerufen, die Sportplätze zu säubern. Neben Laub und von Bäumen abgebrochenen Ästen finde man dort mitunter leere Wodkaflaschen und anderen Müll, der offenbar von außen über die Zäune geworfen werde, sagte die Pädagogin Renate Redeker. Also griffen Stammgäste des Clubs gemeinsam mit Kindern aus dem Schulhort zu Besen und Zangen. Den erkennbar größten Spaß hatten ein paar Jungs, als sie für Fotos posieren durften. Für den Hebel-Club war es die dritte Teilnahme am Aktionstag.

Multikulti im Blumen- und Gemüsegarten

Der „Bilby Garden“ an der Schmargendorfer Cunostraße verdient seine Bezeichnung als internationaler Kindergarten, hier wird multikulturelles Leben von klein auf praktiziert. Denn die derzeit 32 Kinder im Alter von ein bis sechs Jahren gehören 22 Nationalitäten an, man spricht Deutsch und Englisch.

Bei der Aktion Gemeinsame Sache hat die Kita schon mehrmals mitgemacht. Diesmal ging es um die „Bepflanzung des Gemüsegartens“: Ein kleiner Innenhof wurde mit vielen Blumen verschönert, die Eltern und der Fleurop-Versand gespendet hatten. Doch wo war das Gemüse, das den Beeten den Namen gab?

Erzieherin Elisabeth Mähler lieferte die Erklärung: "Bis zum Sommer hatten wir hier Gemüse, aber das haben wir schon abgeerntet und zusammen gegessen." Die Pflanzaktion passe auch gut zum naturwissenschaftlichen Schwerpunkt der Kita, deren Träger "Kids in Berlin" noch neun weitere Einrichtungen in der Stadt betreibt.

In der Bilby Garden Internationale Kita in Wilmersdorf stand heute die Aktion "Gemüsebeet" auf dem Programm.
Den Hof der internationalen Kita Bilby Garden an der Cunostraße in Wilmersdorf verschönerten Eltern und Kinder mit Blumen.

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Die Allerjüngsten

Gerade mal 11 Monate bis zwei Jahre alt waren die Kinder aus der Charlottenburger Kita "Kiezrabauken", die Müll im Lietzenseepark einsammelten. Sie fanden Bierflaschen, Zigarettenschachteln, Pizzaverpackungen und kleine Tütchen, in denen Drogenkonsumenten wohl zuvor Cannabis mit sich getragen hatten. Derya Nagel und ihre Mutter Christiane Nagel-Brandenburg, die den Kindergarten zusammen betreiben, mussten den auf eine Stunde angelegten Einsatz allerdings verkürzen – denn einige der Kleinkinder wurden schnell müde. Nachdem sie sich erholt hatten, griffen sie vor der Kita an der Leonhardtstraße noch einmal zu den Zangen. "Die Kinder sind sehr hilfsbereit", stellte Derya Nagel fest. "Ich finde es gut, wenn sie früh lernen, die Natur sauber zu halten."

Die "Kiezrabauken" sammeln Müll in Charlottenburg auf.
Die "Kiezrabauken" sammeln Müll an der Charlottenburger Leonhardtstraße auf. Zuvor waren die erst ein- bis dreijährigen Kitakinder auch im Lietzenseepark aktiv.

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Hochzeits-Reste am Standesamt

Glitzerpapier, Konfetti, Sektkorken und Zigarettenkippen landeten am Freitag in den Müllsäcken der Kinder aus der Tagesstätte "Miteinander" in der Warburgzeile. Denn sie waren unter anderem auf dem Platz vor dem benachbarten Standesamt Charlottenburg in der denkmalgeschützten Villa Kogge aktiv. "Heute ist ja der 9.9., da heiraten besonders viele Paare", sagte eine Erzieherin. Auch ein Spielplatz, der Garten der Kita und Gehwege wurden gesäubert, wobei noch viel anderer Müll zusammenkam. Die Kita hat sich schon mehrmals an der "Gemeinsamen Sache" beteiligt.

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