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Betül Ulusoy.

© Anna Agliardi

Rüge vom Berliner Datenschützer: Bezirksamt Neukölln gab im Kopftuch-Streit zu viel preis

Berlins Datenschutzbeauftragter Dix hat das Bezirksamt für seinen Umgang mit persönlichen Daten der muslimischen Referendarin Betül Ulusoy kritisiert.

Im Streit mit der muslimischen Rechtsreferendarin Betül Ulusoy wegen ihres Kopftuchs hat das Bezirksamt Neukölln gegen Datenschutzrichtlinien verstoßen. „Wir haben dem Bezirksamt mitgeteilt, dass es in diesem Fall mehr personenbezogene Daten über die potentielle Referendarin veröffentlicht hat, als zur Richtigstellung von Vorwürfen gegen die Verwaltung erforderlich gewesen wäre“, teilte Berlins Datenschutzbeauftragter Alexander Dix mit.

Kopftuch: "dienstliches Problem"

Hintergrund ist die gescheiterte Bewerbung der angehenden Juristin um einen Ausbildungsplatz im Neuköllner Rechtsamt. Ihr Kopftuch sei ein „dienstliches Problem“, hieß es, nachdem sie im Amt persönlich vorgesprochen hatte. Die Bewerberin deutete dies als Abfuhr, beschwerte sich im Internet und vor Journalisten und suchte eine andere Stelle. Die Behörde warf ihr daraufhin Täuschung vor: Sie habe „durch die Presse die unwahre Behauptung verbreiten lassen, dass ihr das Bezirksamt eine Absage erteilt hätte“.

Ein „völlig inakzeptables Verhalten“, rügte Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Das Amt verbreitete daraufhin öffentlich eine detailreiche Schilderung der „Faktenlage“ über die Kontakte mit Ulusoy und deren Ergebnisse. Neuköllns Vizebürgermeister Falko Liecke (CDU) forderte dienstrechtliche Strafen für die Referendarin, der er vorwarf, eine „Polit-Show“ zu inszenieren.

Bekanntgabe von Ulusoys Daten: "nicht erforderlich"

Dabei ist der Bezirk wohl übers Ziel hinausgeschossen. Nach Auskunft des Landesdatenschützers Dix habe seine Behörde das Interesse des Bezirksamts, etwaige unwahre Tatsachenbehauptungen in der Öffentlichkeit richtigzustellen, um Beschäftigte vor möglichen Verunglimpfungen zu schützen, zwar grundsätzlich als legitim angesehen. „Allerdings ging die vom Bezirksamt veranlasste Veröffentlichung von Personaldaten über die Bewerberin über das erforderliche Maß hinaus.“ So seien Details des Bewerbungsvorgangs wie etwa der Umstand, dass die Bewerberin sich zeitnah bei einer Senatsverwaltung beworben hatte, vom Bezirksamt erstmals öffentlich gemacht worden, „obwohl dies zu Zwecken der Richtigstellung nicht erforderlich gewesen wäre“.

Bürgermeisterin Giffey hat gegenüber Dix zwar zugesagt, die Hinweise in künftigen Fällen „selbstverständlich“ zu berücksichtigen, glaubt sich aber nach wie vor im Recht. Es sei in dem speziellen Fall „nicht unproblematisch die schutzwürdigen privaten Belange von Frau Ulusoy aus den von ihr selbst in den Medien verbreiteten Erklärungen zu lösen“. Zum anderen seien vom Bezirksamt keine Fakten verbreitet worden, die Ulusoy nicht selbst vorher öffentlich gemacht habe. „Das Bezirksamt sieht daher keine Veranlassung, sich bei Frau Ulusoy zu entschuldigen oder ihr eine Entschädigung zu zahlen“, sagte Giffey.

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