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Bereits jetzt ist der Boulevard ziemlich autofrei. Das liegt an der Großbaustelle für die U-Bahn-Linie U 5.

© Kitty Kleist-Heinrich

Rot-rot-grüne Verkehrspolitik in Berlin: Unter den Linden soll Fußgängerzone werden

Rot-Rot-Grün will private Autos von der Meile zwischen Brandenburger Tor und Humboldt-Forum verbannen. Busse und Taxis sowie Radler dürfen aber weiter fahren.

Die Verkehrspolitik des künftigen Senats soll weitere heikle – und umstrittene – Projekte aufnehmen. Neben der generellen Gebührenpflicht fürs Parken innerhalb des S-Bahn-Rings wollen die rot-rot- grünen Verhandlungspartner den Boulevard Unter den Linden autofrei machen. Zudem soll es auf weiteren Hauptstraßen Tempo-30-Abschnitte geben.

Die Idee, aus dem Straßenzug Unter den Linden zwischen Brandenburger Tor und dem Humboldt-Forum tatsächlich einen Boulevard für Flaneure zu machen, ist nicht neu. Die Pläne waren bisher allerdings noch nicht spruchreif. Befürworter verweisen darauf, dass der Boulevard ohnehin keine Durchgangsstraße mehr sei, seit das Brandenburger Tor für den Autoverkehr gesperrt ist. Damals hatte es heftige Proteste gegeben, inzwischen freuen sich wohl die meisten über den autofreien Pariser Platz. Autofahrer haben längst andere Wege gefunden.

Durch die U5-Baustelle ist schon jetzt das Durchkommen schwer

Und derzeit ist Unter den Linden ohnehin kaum ein Durchkommen. Schon mehrere Jahre blockiert die Baustelle für die U-Bahn-Linie U 5 Fahrspuren; mal eine, mal komplett in eine Richtung. Auch hier hätten sich Autofahrer bereits umorientiert, sagen die Befürworter des autofreien Boulevards, auf dem dann nur die Busse der BVG und Taxis weiter fahren dürften. Auch für Radfahrer blieben die Linden passierbar. Nach der für 2020 vorgesehenen Inbetriebnahme der U-Bahn seien Ziele am Boulevard zudem bequem auch ohne Auto erreichbar.

Den Verkehr müssten bei einer Sperrung die benachbarten Straßen aufnehmen. Die Hauptlast liegt bereits auf dem Straßenzug Leipziger Straße–Gertrauden-Straße-Grunerstraße. Im Bereich Molkenmarkt plant der Senat aber großflächige Umbauten, die dann dort zumindest in der Bauphase zu Verkehrseinschränkungen führen werden. Und Planer bezweifeln zudem, ob es bei noch mehr Autoverkehr auf der Leipziger Straße möglich wäre, dort auch die Straßenbahn fahren zu lassen, was Rot-Rot-Grün ebenfalls haben will.

Als Ausweichrouten sind außerdem Torstraße, Hannoversche Straße und Invalidenstraße im Gespräch. Möglicherweise müssten zudem Straßen in der Nachbarschaft der Linden verbreitert werden, heißt es bei Planern.

Gegen das dauerhafte Verbannen der Autos von den Linden gibt es bereits Protest. "Mit Rot-Rot-Grün kehrt die Ideologie zurück an den Senatstisch", sagte CDU-Fraktionschef Florian Graf. Mit dem Bereich Unter den Linden erreiche "die verkehrsideologische Umerziehung das Herz Berlins". Statt auf den ansteigenden Verkehr in der wachsenden Stadt zu reagieren, werde die Begegnungszone Maaßenstraße zum Vorbild für Berlins berühmteste Flaniermeile, obwohl das Modell im Stadtteil Schöneberg "krachend gescheitert" sei. Die neue Koalition negiere den mit der wachsenden Stadt natürlich auch ansteigenden Verkehr.

Der Sprecher der FDP für Infrastruktur, Henner Schmidt, erklärte, eine Sperrung der Linden würde parallele Ost- West-Verbindungen wie die Leipziger Straße oder die Französische Straße noch mehr verstopfen, als dies derzeit der Fall sei. Damit werde bewusst ein Verkehrschaos in Mitte und eine hohe Belastung der Anwohner herbeigeführt.

Für mich ist UdL eine stinklangweilige, graue und unfreundliche Straße. Es gibt dort keine Geschäfte, die mich reizen und keine Restaurants, die interessant sind. Ich meide die Gegend sowieso, daran wird die Autosperre nichts ändern.

schreibt NutzerIn orbital

Eine Vorentscheidung wird wohl am Freitag getroffen

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung berief sich auf Anfrage auf ihre Rolle "als Exekutive" – und diese verbiete es, Pläne, die als Leitlinien des künftigen Senats in den Koalitionsvertrag eingehen könnten, zu kommentieren. Eine Vorentscheidung wollen die möglichen Koalitionäre am heutigen Freitag treffen.

Vorher will sich auch der ADAC nicht zu den Überlegungen äußern. Einzelmaßnahmen könnten ohnehin nur im Zusammenhang mit Kompensationen beurteilt werden, sagte der ADAC-Verkehrsexperte Jörg Becker.

Dabei hatte der Automobilclub bereits 2008 eine Fußgängerzone vor dem wiederaufgebauten Schloss vorgeschlagen. Der ADAC wollte den Verkehr allerdings nicht umleiten, sondern in einen Tunnel legen, der Unter den Linden entstehen sollte. Die Idee fand aber keine Anhänger, der Senat lehnte einen Tunnelbau strikt ab.

Ausgiebiger wurde dagegen diskutiert, ob der Lustgarten bis zur Schlossfassade verbreitert werden könnte. Der Autoverkehr würde dann südlich ums Humboldt-Forum herumgeführt werden. Auch diese Idee wurde jedoch schnell versenkt.

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