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Abschied von der Karl-Marx-Allee. Die Elektroautos sollen am 10. Juni wieder in Tempelhof flitzen.

© Tobias Schwarz/AFP

Rennen der Elektroautos: Formel E auf dem Rückweg nach Tempelhof

Weil die Elektroautos nicht über die Karl-Marx-Allee fahren dürfen, soll das Rennen zurück an den alten Standort. Und was ist mit dem Festival Lollapalooza?

Ein Autorennen vor den Türen der größten Berliner Flüchtlingsunterkunft, das galt bislang als Tabu. Vergnügen und Spektakel neben traumatisieren, von Krieg und Hunger gezeichneten Menschen, das schien unter dem Eindruck der großen Flüchtlingswelle moralisch nicht vertretbar. So dachten die entscheidenden Köpfe von SPD und CDU im Herbst 2015. Von der Opposition, von Grünen und Linken, kam damals kein Widerspruch. Die Flüchtlingsunterkünfte in den Hangars seien an sich schon Zumutung genug. Die grünen Spitzenfrauen Ramona Pop und Antje Kapek sprachen von menschenunwürdigen Lebensbedingungen.

Ein gutes Jahr später hat sich die Stimmung gewandelt. Der grüne Staatssekretär für Verkehr, Jens-Holger Kirchner, hat den Veranstaltern des Formel-E-Rennens angeboten, wieder auf das Tempelhofer Vorfeld zurückzukehren. Dort kurvten die Elektroboliden im Mai 2015 auf einem zwei Kilometer langen Kurs vor rund 20 000 Zuschauern. Im Herbst wurden dann alle Veranstaltungen in den Hangars und auf dem Vorfeld abgesagt, mit Rücksicht auf die Flüchtlinge.

Die Formel E soll von Mitte zurück nach Tempelhof, wo das Rennen schon einmal stattgefunden hat.
Die Formel E soll von Mitte zurück nach Tempelhof, wo das Rennen schon einmal stattgefunden hat.

© Kay Nietfeld/dpa

Inzwischen wohnen nicht mehr 2500 Menschen in den Hangars wie Ende 2015, sondern nur noch 716. Die Sozialverwaltung will die Zahl der Menschen in den Hangars weiter reduzieren und die Flächen künftig vor allem als Reserve vorhalten, falls wieder deutlich mehr Flüchtlinge in Berlin ankommen. Im Sommer sollen vier Containerdörfer am Rand des Vorfelds eröffnen, als neue Unterkunft für die Hangar-Bewohner. Allerdings könnte sich der Umzug verzögern, weil die Bauverwaltung derzeit keine Genehmigung erteilt. Das Kraftwerk am Columbiadamm macht wie berichtet zu viel Lärm und muss nachgerüstet werden.

Karl-Marx-Allee ist keine Option mehr

Grüne und Linke begrüßen den Vorstoß Kirchners, vor allem, weil die Rennstrecke Karl-Marx-Allee in Mitte damit vom Tisch ist. „Es ist vernünftig, dass jetzt alternative Standorte für das Rennen geprüft werden“, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Linken Katina Schubert. Antje Kapek, Fraktionschefin der Grünen, formuliert vorsichtiger. "Man sollte erstmal die Flüchtlinge fragen, was sie davon halten." Grundsätzlich wäre sie mit einem Rennen auf dem Vorfeld einverstanden.

An die Karl-Marx-Allee war das Rennen trotz heftiger Proteste aus den beteiligten Bezirken Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg verlegt worden. Die Verkehrsverwaltung hatte wochenlang mit den Veranstaltern verhandelt und schließlich die Allee angeboten. Die Formel-E-Macher waren begeistert, brachte der neue Kurs auf einer prominenten Lebensader der Stadt noch mehr mediale Aufmerksamkeit für die noch weithin unbekannte Rennserie und ihre Sponsoren.

Das Lollapalooza könnte theoretisch auch nach Tempelhof zurückkehren, aber die Veranstalter dementieren.
Das Lollapalooza könnte theoretisch auch nach Tempelhof zurückkehren, aber die Veranstalter dementieren.

© Sophia Kembowski/dpa

Mit Tempelhof wäre man aber auch einverstanden, sagt Ulrich Weingärtner von der Agentur, die das Rennen organisiert. „Dort gibt es die größeren Perspektiven.“ Die Hersteller können sich umfangreicher präsentieren, und wenn mehr Zuschauer kommen, könnte auch die Kapazität der Tribünen erhöht werden. Auf der Karl-Marx-Allee seien die vorhandenen Flächen schon ausgereizt.

Lollapalooza will nicht zurück nach Tempelhof

Kehrt das Autorennen zurück, könnte auch das Lollapalooza-Festival 2017 wieder auf dem Vorfeld stattfinden, doch Lolla-Sprecher Tommy Nick dementiert solche Überlegungen. Zuletzt war Hoppegarten als neuer Standort für das Musikfestival im Gespräch, nachdem es 2016 ausnahmsweise in den Treptower Park ziehen durfte. Der Lärm eines Autorennens oder anderer Veranstaltungen auf dem Vorfeld wäre eine temporäre Störung und könnte per Ausnahmegenehmigung für rechtens erklärt werden. Allerdings gibt es auch dafür Grenzwerte. Die Formel-E-Wagen geben einen hohen Pfeifton ab und machen die üblichen Reifengeräusche, sind aber insgesamt leiser als die Autos der Formel 1.

Ein Reitturnier gab es schon auf dem Vorfeld, die Pyronale gastierte mehrfach, die Modemesse Bread & Butter füllte ehemals Hangars und Vorfläche mit bis zu 100 000 Besuchern. Die Eventvermarkter des Flughafengeländes zogen bereits den Argwohn der Konkurrenz auf sich, besonders den der Berliner Messegesellschaft. Tempelhof bietet den Veranstaltern eine grandiose Kulisse mit viel deutscher Geschichte als Gratiszugabe, von den Nazis über die Luftbrücke bis zu Marlene Dietrich. Ab wann einzelne Hangars wieder als Eventfläche zur Verfügung stehen, ist noch unklar. Die geplanten Containerdörfer neben dem Vorfeld sind vorerst bis 2019 befristet.

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