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Bürokratisches Ämterpingpong in Zeiten des Schulplatzmangels

© dpa/Patrick Seeger

Reinickendorf: Über 200 Schul- und Kitaplätze in Heiligensee gefährdet

Um 50 Plätze im staatlichen Schulsystem abzusichern, werden 180 Plätze an einer öffentlichen Schule in freier Trägerschaft aufs Spiel gesetzt. Ein Gastbeitrag.

Die Montessori-Schule Heiligensee gibt es seit August 2012. Sie ist vor Ort gut etabliert, anerkannt, wird als notwendige Alternative im Bezirk betrachtet - und wächst. Im kommenden Schuljahr wollen hier 225 Kinder und Jugendliche nach einem zeitgemäßen Konzept fach- und altersübergreifend lernen. Bis heute ist es jedoch der Schule und dem Träger, der Montessori Stiftung Berlin, nicht gelungen, einen sicheren Standort für die Schule zu finden. Im Moment nutzt die Schule einen Zwischenstandort am Stolpmünder Weg, der Bezirk hatte der Schule das nicht genutzte Gebäude für zwei Jahre zur Verfügung gestellt

Zwei Optionen, beide geplatzt

Ende vergangener Woche meldete der Bezirk Eigenbedarf für das Gebäude an und möchte die Nutzung durch die Montessori-Schule zum Ende dieses Schuljahres beenden. Da in Zeiten den Schulplatzmangels damit zu rechnen war, regte die Montessori Stiftung Berlin schon vorher an, die Schulentwicklungsplanung abzustimmen und den Standort gemeinsam zu nutzen. Denn das Gebäude biete Platz für rund 300 Kinder, während der Bezirk vorerst nur 50 Plätze dort einplant. Doch der Bezirk winkte ab: rechtlich sei das nicht machbar.

Eine zweite Option war die Nutzung des ehemaligen College Voltaire. Seit Jahren waren Schulleitung und Stiftung im Gespräch darüber mit der landeseigenen Berliner Immobilien GmbH, kurz BIM. Ende Oktober hatte die BIM plötzlich ihre Zusage zu Verhandlungen über eine langfristige Nutzung des College Voltaire zurückgezogen, das derzeit als Flüchtlingsunterkunft dient. "Dies ist überraschend und für uns nicht nachvollziehbar, da uns ja im Dezember 2016 Gespräche zu einer langfristigen Nutzung angeboten wurden", sagt Christian Grune vom Vorstand der Montessori Stiftung Berlin und fordert: "Wenn auch die Konditionen wirtschaftlich nicht darstellbar waren, sollten weitere Gespräche nach der Räumung der Flüchtlingsunterkunft ab Herbst diesen Jahres aufgenommen werden."

Gebäude dringend gesucht

Aktuell sieht es so aus, als stünden 180 Schülerinnen und Schüler und 23 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab August ohne ein Dach über dem Kopf da. Neben dem Schulbetrieb müsste auch die ergänzende Tagesbetreuung mit rund 25 Angestellten und die angeschlossene Kindertagesstätte Montessori-Kinderhaus Spatzen mit 25 Kindern und 7 Betreuungspersonen die Türen schließen. Und das, obwohl der Bezirk dringend Kindergartenplätze benötigt. Die Montessori Stiftung Berlin und die Leitung der Montessori-Schule Heiligensee suchen händeringend nach Möglichkeiten, den Weiterbetrieb von Schule und Kita zu gewährleisten. "Und wenn es erstmal die Aufstellung von Containern ist", sagt Grune.

Die Situation ist grotesk: Um die Nachfrage nach ca. 50 Plätzen (perspektivisch ca. 200) der Haushofer Schule im staatlichen System abzusichern, werden 180 Plätze (perspektivisch ca. 250) einer freien Schule gefährdet. Sollte die öffentliche Schule in freier Trägerschaft geschlossen werden, müssten deren Schülerinnen und Schüler im staatlichen System beschult werden. Die Rechnung geht langfristig nicht auf. "Wir bieten daher an, auch kreative und ungewöhnliche Wege zu gehen und gemeinsam die Verantwortung für die Schulplätze in Reinickendorf zu tragen", erklärt Christian Grune im Namen der Montessori Stiftung Berlin und der Montessori-Schule Heiligensee.

Christian Grune, Montessori Stiftung Berlin
Christiane Ostrin, Montessori-Schule Heiligensee

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Christian Grune, Christiane Ostrin

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