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Hören mich alle? Gut. Aber verstehen mich auch alle? Schulsenatorin Sandra Scheeres.

© dpa

Reaktion auf Martenstein-Glosse: Schulverwaltung korrigiert wirren Eltern-Brief - ein bisschen

Die Bildungsverwaltung hat rund 20.000 unkorrekte und schwer verständliche Briefe an Eltern verschickt. Ein Versehen, heißt es. Scheeres’ Behörde verspricht, an ihrer Sprache zu arbeiten.

Die Bildungsverwaltung will an ihrer Sprache feilen. „Wir nehmen die Anregungen zum Anlass, für eine verständlichere Darstellung zu sorgen“, reagierte sie am Montag auf eine Glosse von Tagesspiegel-Autor Harald Martenstein. Der hatte sich am Sonntag mit zwei aktuellen Verwaltungsschreiben beschäftigt, die rund 20. 000 Eltern von Vorschulkindern im März erhalten hatten. Bei dem einen handelte es sich um einen Brief von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) an die „lieben Mütter und Väter, lieben Familien“. Das zweite Schreiben bestand aus einem inzwischen aus dem Netz genommenen Merkblatt mit Informationen zum Sprachtest für die vierjährigen Kinder im Vorschulalter. Beide Papiere enthielten sprachliche und grammatikalische Fehler sowie Auslassungen. Überdies waren sie passagenweise kaum zu verstehen, obwohl sie sich vor allem an Eltern wenden, die im Deutschen unsicher sind.

Das eigentliche Ziel des Briefes, diese Eltern für die sprachliche Förderung ihrer Kinder zu interessieren, dürfte mithin schon dadurch verfehlt werden, dass die Eltern dem Brief inhaltlich gar nicht folgen könnten, beschwerte sich eine – des Deutschen durchaus mächtige – Mutter beim Tagesspiegel. Dabei gibt es auch für Berliner Behörden viele Formulierungs-Tipps, wie Sie unter diesem Tagesspiegel-Link lesen können.

Ein Erhebungsbogen namens "Quasta"

In dem Merkblatt finden sich Formulierungen wie diese: „Der Entwicklungsstand und die Entwicklungsfortschritte werden mit Ihnen besprochen und bei Unterstützungsbedarf individuelle Fördermaßnahmen für Ihr Kind abgeleitet. Mit dem Erhebungsbogen Quasta auf der Grundlage des Sprachlerntagebuches wird im Sinne des Gesetzes zu dem vorgegebenen Zeitpunkt der Sprachstand für Kinder ab einem Alter von vier Jahren festgestellt.“ Abgesehen davon, dass es hier statt „für Kinder“ grammatikalisch korrekt „von Kindern“ heißen müsste, ist der Satz auch sonst schwer verdaulich; zumal der Begriff „Quasta“ auch mit dem Thema vertrauten Bildungsbürgern nicht geläufig sein dürfte. Da hilft es kaum, dass die Abkürzung in einer Fußnote erklärt wird, Quasta stehe für „Qualifizierte Statuserhebung Sprachentwicklung vierjähriger Kinder in Kitas und Kindertagespflege“.

Mal ein "zu" zu viel, dann ein "Sie" zu wenig

So geht es dann eine ganze Seite lang weiter an fehlenden Kommata vorbei zu dem schönen Satz: „Es ist zu dringend zu empfehlen, die weitere Förderung für Ihr Kind mit dem kontinuierlichen Besuch in einer Kindertageseinrichtung bzw. in der Kindertagespflege zu sichern.“ Das überzählige „zu“ fiel auch niemandem auf.

Ähnlich liest sich der Brief, unter dem die Unterschrift der Bildungssenatorin prangt. Der Höhepunkt des Schreibens besteht in der Weglassung eines „Sie“, sodass die Eltern Folgendes zu lesen bekommen: „Natürlich haben Sie einen Anspruch darauf, dass die Ergebnisse der Erhebung mit Ihnen besprochen werden und wenn Sie es wünschen, erhalten selbstverständlich eine Kopie.“ Das an dieser Stelle fehlende „Sie“ wurde inzwischen nachgereicht; der Rest wurde so verquast belassen, wie er war.

Das "Büroversehen" wurde inzwischen behoben

„Durch ein Büroversehen ist tatsächlich ein fehlerhafter Brief (nicht die Schlussfassung) an die Kitas und die Tagespflege herausgegeben worden. Uns ist dies – unabhängig von Herrn Martenstein – Mitte letzter Woche aufgefallen“, beeilte sich Scheeres’ Sprecherin Beate Stoffers am Montag klarzustellen. Im Übrigen seien die Trägerverbände „umgehend mit einer korrigierten Fassung versorgt“ worden. Wir werden selbstverständlich auch an die Kitas eine korrigierte Fassung mit der Bitte senden, diese an die Eltern zu geben“, sagte Stoffers.

Das Schreiben selbst sei "durchaus verständlich"

Dass die Texte als Ganzes nur schwer zu verstehen sind, wollte Stoffers auch nicht bestreiten. Allerdings bitte sie um Verständnis für manches Wortungetüm: „Unser Ziel ist es, den Eltern – anderthalb Jahre vor Schulstart – ein komplexes Verfahren zur Feststellung des individuellen, kindlichen Sprachstands zu erläutern, ohne aus den Gesetzen direkt zu zitieren“, sagte Stoffers, gab aber auch selbstkritisch zu, dass dies „nicht immer gleichermaßen gelingt“. Übrigens gebe es das Merkblatt in acht Sprachen auf der Homepage.

Auf die Frage, warum ihr Haus nicht generell von der üblichen Gepflogenheit Gebrauch macht, Verwaltungstexte zusätzlich in einfacher Sprache anzubieten, teilte Stoffers mit, das Schreiben sei „unseres Erachtens durchaus verständlich, sowohl im Inhalt als auch in der Gliederung“.

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