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Die französische Autorin Tereska Torrès (1920-2012).

© Getty Images/Louisoder Verlag

Roman "Frauenkaserne": Liebe unter Beschuss

Skandalbuch aus den Fünfzigern: Tereska Torrès’ Pulp-Klassiker „Frauenkaserne“ ist in deutscher Neuübersetzung erschienen.

Der Ruhm gefiel ihr nicht. Tereska Torrès fühlte sich missverstanden, wenn ihr 1950 unter dem Titel „Women’s Barracks“ in den USA veröffentlichtes zweites Buch als „erster erotischer Lesbenroman“ bezeichnet wurde. Mit knapp 90 Jahren schrieb die 1920 in Paris geborene Autorin sogar noch eine neue Version der Geschichte, die ebenfalls auf ihren Kriegserinnerungen basierte.

Doch es half nichts: Torrès, die über ein Dutzend weiterer Bücher veröffentlichte und im September 2012 starb, hat unfreiwillig einen Klassiker geschaffen. „Women’s Barracks“ verkaufte sich als Taschenbuch über vier Millionen Mal und machte in den Fünfzigern in Nordamerika Skandal.

In Deutschland erschien es als „Frauenkaserne“ erstmals 1968, jetzt gibt es eine Neuübersetzung – wieder aus dem Englischen, denn Torrès französischer Ursprungstext ist nicht mehr zugänglich. Diesen hatte ihr zweiter Mann, der US-Autor Meyer Levin übersetzt und in seiner Heimat an einen Verleger gegeben. Der forderte einige moralischer Distanzierungen seitens der Erzählstimme – und bekam sie von Levin in Absprache mit Torrès.

Heute wirkt die 65 Jahre zurückliegende Aufregung natürlich völlig unverständlich. Nur ein sehr kleiner Teil der Handlung dreht sich überhaupt um die Anziehung zwischen Frauen und die wenigen Sex-Szenen sind zudem eher züchtig. „Claude knöpfte Ursulas Pyjamajacke auf, umschloss eine von Ursulas kleinen Brüsten mit ihrer Hand und fing dann sanft, ganz sanft an, Ursulas ganzen Körper zu liebkosen, ihren Hals, ihre Schultern und ihren Bauch“. Viel mehr passiert nicht, aber es war eben das erste Mal, dass man so etwas in der amerikanischen Unterhaltungsliteratur lesen konnte.

Bombeneinschläge und Liebesaffären

Die mondäne Claude und die junge, naive Ursula haben sich wie Ich-Erzählerin Tereska 1940 freiwillig zur Frauenabteilung der Freien Französischen Streitkräfte in London gemeldet. Sie verrichten nun Dienst in ihrer Kaserne, oder sind als Sekretärinnen in anderen Militäreinrichtungen eingesetzt.

Die Sorgen der Frauen und ihre Männeraffären lassen den Zweiten Weltkrieg oft weit in den Hintergrund treten. Bombeneinschläge notiert Torrès routiniert, Ursulas Annäherung an den polnischen Soldaten Michel hingegen ausführlich und einfühlsam. Gleiches gilt für ihre Schilderung des Dramas der schwangeren Kameradin Jaqueline. So rundet sich „Frauenkaserne“ zu einer raren, authentischen Kriegserzählungen aus Frauenperspektive.

Tereska Torrès: Frauenkaserne. Roman. Aus dem amerikanischen Englisch von Inka Marter. Louisoder Verlag, München 2015. 336 Seiten, 16,90 €.

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