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Mutter, der Mann mit dem Koks ist da. Wie weit verbreitet ist Drogenkonsum unter Schwulen?

© David Ebener dpa

Queer weiß das (35): Nehmen Homosexuelle häufiger Drogen?

Heteros fragen, Homos antworten. Dieses Mal geht es in unserer Kolumne um den Drogenkonsum unter Homosexuellen.

Vor einiger Zeit wurde der Grünen-Politiker Volker Beck mit Drogen erwischt, wahrscheinlich Crystal Meth. Was ich mich damals gefragt habe: Nehmen Homosexuelle häufiger Drogen als Heteros? Johannes, Neukölln

Was Crystal Meth angeht, müssten Südbrandenburg, Sachsen und Bayern eigentlich Hochburgen schwulen Lebens sein – wenn nur Homosexuelle die Droge nähmen. Denn in Deutsch-Südost ist „Tina“, wie das Methamphetamin auch genannt wird, mit am weitesten verbreitet. Die Substanz kommt oft aus tschechischen Drogenlaboren, für die grenznahen Regionen ein Problem. Von Bayern aus sollen straff organisierte Banden nicht nur Deutschland, sondern auch andere EU-Staaten beliefern.

Die Zahl der Beratungen steigt

Tatsache ist allerdings, dass Crystal Meth unter Homosexuellen immer beliebter wird. Die Berliner Schwulenberatung merkt es nach Angaben des Suchttherapeuten Andreas von Hillner daran, dass in den letzten Jahren die Zahl der Männer stark angestiegen ist, die wegen der Droge um Hilfe nachsuchen. Anders als es die Grusel-Fotoserie „Faces of Meth“ weismachen will, die den körperlichen Verfall bei Abhängigen dokumentieren soll, ist den Betroffenen ihre Abhängigkeit nicht sofort an der Nasenspitze anzusehen.

Mit Sorge betrachten von Hillner und andere Experten den Trend, sich zu Sex-Partys zu verabreden, mit Crystal Meth als ultimativem Kick. Bei den sogenannten Chem-Sessions ist die Gefahr besonders groß, sich in der enthemmten Atmosphäre mit sexuell übertragbaren Erkrankungen wie Hepatitis, Syphilis, Gonorrhö oder gar HIV anzustecken.

Polizei: "Ob jemand homosexuell ist, wird nicht erfasst"

Konkrete Zahlen, inwieweit Abhängigkeit von Drogen, also nicht nur von Crystal Meth, unter Homosexuellen verbreitet ist, gibt es nicht. Die Berliner Polizei reagiert beinahe empört auf die Bitte um konkrete Zahlen – zu Recht: „Ob jemand homosexuell ist, der gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen hat, wird nicht erfasst“, sagt eine Sprecherin. „Das ist diskriminierend.“ So bleibt nur der Verweis auf eine nicht repräsentative Umfrage in Großbritannien. Ein Drittel der 4.000 Teilnehmer gab 2012 an, innerhalb des letzten Monats vor der Studie illegale Drogen genommen zu haben.

Das Betäuben der Emotionen

Möglicherweise sehen Homos wirklich eher als Heteros in Drogen eine Lösung für seelische Probleme. Es könne damit zu tun haben, dass Schwule im Coming-out eine Entwicklungsaufgabe zu bewältigen haben, die sich Heteros nicht stelle, formuliert Suchttherapeut Andreas von Hillner. Mancher greife deshalb zu Drogen und Alkohol, um Emotionen zu betäuben oder das Selbstwertgefühl zu stärken. Doch diese Eigenmedikation helfe nur kurzfristig.

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Dieser Text erschien zunächst in der gedruckten Sonnabendsbeilage Mehr Berlin.

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