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Pink gespült - wenn Unternehmen ihre wahre Ausrichtung beim Thema LGBTI verbergen.

© Karl-Josef Hildenbrand/dpa/p-a

Queer weiß das (16): Was bedeutet "Pinkwashing"?

Die Kolumne im Queerspiegel: Heteros fragen, Homos antworten. Heute geht es um das rosafarbenen Kalkül von Unternehmen.

Neulich hat mich ein Plakat in Neukölln erschreckt, das zum Protest gegen „Pinkwashing“ aufrief. Mache ich etwa als gayfriendly Hetero-Mann etwas falsch, wenn ich mit meiner Frau ein bisschen beim CSD mitlaufe und Spaß habe?- Reinhard, Charlottenburg

Nein, Sie machen überhaupt nichts falsch! Da Sie ein homofreundlicher Hetero sind, kann der Verdacht des „Pinkwashing“ Sie gar nicht treffen. Denn gemeint sind damit Heuchler: Leute oder ganze Einrichtungen, die ihre vermeintliche Homofreundlichkeit gerne groß ausstellen, aber nur homofreundlich tun, um selbst etwas zu gewinnen, also aus Kalkül.

Hat etwa ein großes Medienhaus auf dem CSD einen eigenen Truck am Start, profitiert es vom positiven Image des CSD. Es kann hoffen, neue Sympathien und neue Kunden zu gewinnen. Hetzen Journalist_innen in den Medien dieses Hauses aber nun gegen Homo- und Transsexuelle – drohen sie etwa schwulen Politikern mit Outing, nennen sie Pädophilie in einem Atemzug mit Homosexualität oder pflegen sie ein sexistisches Geschlechterbild – ist der Auftritt auf dem CSD nichts als „Pinkwashing“: In kommerzieller Absicht maskiert er die wahre Ausrichtung des Medienhauses.

Wie der Begriff Pinkwashing geprägt wurde

Geprägt wurde der Begriff „Pinkwashing“ schon vor Jahrzehnten in einem anderen Zusammenhang. US-amerikanische Kosmetik- und Pharmafirmen hatten auf ihren Produkten mit rosa Schleifen – dem Symbol für das Engagement gegen Brustkrebs – geworben, obwohl ihre Produkte im Verdacht standen, Krebs auszulösen. Kritiker_innen sahen in der rosa Schleife also nicht den Ausdruck eines ernsthaften Engagements, sondern eine bloße Marketingstrategie, eben „Pinkwashing“ (analog zum „Whitewashing“, deutsch: „Schönfärberei“).

Inzwischen spielt der Begriff „Pinkwashing“ auch im Konflikt zwischen Israel und Palästina eine Rolle. Kritiker_innen werfen Israels Regierung vor, sich mit Israels Toleranz gegenüber Homosexuellen zu brüsten, um die Palästinenser als besonders barbarisch darzustellen, eigene Menschenrechtsverletzungen zu verschleiern und Pluspunkte im Propagandakrieg zu sammeln.

Diesen Vorwurf halten andere für absurd, für anti-israelisch und sogar für antisemitisch: Selbst wenn der jüdische Staat etwas Gutes tue, werde es ihm zum Nachteil ausgelegt. Manche sagen sogar, der Begriff „Pinkwashing“ sei inzwischen stark antisemitisch konnotiert, deswegen dürfe er auch in anderen Kontexten nicht mehr verwendet werden.

So weit muss man vielleicht nicht gehen. Gut ist es jedenfalls, genau hinzusehen, wer sich öffentlich mit Homos solidarisiert und warum.

Folge 15: LGBTI bis Trans* - warum redet ihr so kompliziert?

Folge 14: Wie ist das Verhältnis von Lesben und Schwulen?

Folge 13: Wie erklärt ihr euch Homophobie?

Folge 12: Warum dürfen Schwule immer noch kein Blut spenden?

Folge 11: Warum soll sich ein schwuler Fußballprofi outen?

Folge 10: Warum sind Homos so scharf aufs Heiraten?

Folge 9: Wie halten es Homos mit der AfD?

Folge 8: Haben Schwule ein besonders Gespür fürs Schöne?

Dieser Text erschien zunächst in der gedruckten Samstagsbeilage Mehr Berlin.

Haben Sie auch eine Frage an die Tagesspiegel-Homos? Dann schreiben Sie an: queer@tagesspiegel.de!

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