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Dazwischen und gut so. Mann, Frau und so viel mehr – die Vielfalt von Geschlechteridentitäten zeigt Parker Rebecca Hirschmüller in ihrem Projekt „Non-Binary“.

© Yasmin Polat

Einfach nur Mensch: Ausstellung "Non-Binary" startet in Schöneberg

Parker Rebecca Hirschmüller fotografiert Menschen, die weder Mann noch Frau sind. Nun zeigt sie ihre Bilder im Jugendmuseum Schöneberg.

In den lindgrün gestrichenen Altbauräumen werden gerade die letzten Bilder aufgehängt. Parker Rebecca Hirschmüller läuft zwischen den drei Ausstellungsräumen im Jugendmuseum Tempelhof-Schöneberg hin und her. Sie ist komplett in Schwarz gekleidet, trägt die Haare kurz, antwortet auf Nachfrage verständnisvoll und mit einem Lächeln: „Non-binary ist, wer ein Geschlecht hat, das nicht binär ist. Das zwischen männlich und weiblich ist, irgendwie fluide.“

Nicht jeder Mensch passt in das System von männlich und weiblich. Manche verorten sich dazwischen, weder eindeutig als Mann noch als Frau. Hirschmüller hat solche Menschen für ihre Ausstellung „Non-Binary“ fotografiert.

Die 24-Jährige studiert Kommunikationsdesign an der HTW Berlin und identifiziert sich selbst als nicht-binär. Vor vier Jahren stößt sie das erste Mal im Internet auf den Begriff, informiert sich zu dem Thema. Aber außer ihr selbst kennt sie damals niemanden, der sich auch als non-binary bezeichnet. Für ihr Studium entwickelt sie die Idee zu dem Fotoprojekt, sucht nach geeigneten Fotomodellen: „Ich wollte vermeiden, dass ich Menschen aussuche und sage: Du siehst mir nach non-binary aus“, scherzt die Fotografin.

Sie lässt Interessierte lieber auf sich zukommen, startet einen Aufruf auf Facebook. „Es meldeten sich Leute aus aller Welt“, erzählt Hirschmüller. „Letztlich habe ich etwa zwanzig Menschen in Berlin und London fotografiert.“

Die Fotos wirken feinfühlig und privat, wurden bei den Protagonisten zu Hause aufgenommen. Hirschmüller erzählt von den Fotografierten, als seien es langjährige Freunde. „Fynn macht zum Beispiel gerade seine Transition, also Geschlechtsangleichung“, erwähnt Hirschmüller, als sie am Porträt von Fynn vorbeigeht. Dann zeigt sie auf ein anderes Bild: „Und Hanna kommt eigentlich aus Finnland.“

Bis zu vier Stunden hat Hirschmüller mit ihnen gesprochen. Einige Zitate hat die Fotografin auf die Wände der Ausstellungsräume geschrieben: „Ich sah, wie schwer es andere hatten, und ich wollte nicht ausgelacht werden, also habe ich versucht, es innerlich zu vergraben“, wird Hanna zitiert. Und Toto: „Wenn ich allein in Drag unterwegs bin, leiste ich mir besonders abends immer den Luxus, ein Taxi zu nehmen. Es ist nicht nur einfacher, sondern auch sicherer.“

Toto heißt eigentlich Torsten, ist auf dem Foto aber in Drag, also Frauenkleidung, zu sehen. „Toto benutzt Er-Pronomen, einen männlichen Namen, aber wenn er in Drag ist, präsentiert er sich als Frau“, erklärt Hirschmüller.

Auch das falle unter „nicht-binär“. Wenn er in Frauenkleidung in Berlin unterwegs ist, hat Toto oft Angst davor, attackiert zu werden. Hirschmüller tritt an das Bild heran. „Aber warum würde man so einem lieben Menschen etwas antun wollen?“

Ein neuer Name muss her

Es ist nicht das Einzige, was der gebürtigen Londonerin unverständlich scheint: „Weshalb ist es eigentlich so einfach, den Nachnamen bei einer Heirat zu ändern, aber so schwer, seinen Vornamen zu ändern?“ Hirschmüller befindet sich selbst gerade in so einem Prozess: Sie berichtet von ärztlichen Gutachten, mindestens 14 Monaten Therapie, psychosozialem Lebenslauf, Gerichtsterminen, fremden Gutachtern und finanziellen Hürden. All das nur, um ihren Vornamen von Rebecca zu ihrem selbst gewählten Namen Parker ändern zu lassen.

Dennoch, Berlin sei in ihren Augen verhältnismäßig offen, was den Umgang mit Transidentitäten angeht. Auch die jüngste Forderung des Bundesverfassungsgerichtes, ein drittes Geschlecht in das Geburtenregister eintragen zu lassen, sei natürlich ein Fortschritt.

Was sie sich vor allem wünscht? „Dass Leute sich einfach an das Thema gewöhnen. Es muss ja nicht sofort komplett akzeptiert werden“, sagt die Fotografin und bringt Zeigefinger und Daumen aneinander. „Nur ein klitzekleines bisschen mehr Offenheit.“

Vielleicht gelingt das ja auch mit diesem Fotoprojekt: In den ersten zwei Räumen der Ausstellung können Besucher Hirschmüllers Fotografien ansehen. Der dritte Raum ist ein wenig anders eingerichtet – wie ein Schlafzimmer mit Sofas, einem Spiegel, Kleiderständer und Make-up. Hier darf sich jeder umziehen, schminken und dann selbst fotografieren. Als Mann, Frau oder einfach nur Mensch.

„Non-Binary“, Jugendmuseum, Hauptstraße 40/42, Mo–Do 14–18 Uhr, Fr 9–14 Uhr, Sa/So 14–18 Uhr. Bis 25. März, Eröffnung am Freitag, 1. Dezember um 19 Uhr.

Mehr LGBTI-Themen finden Sie auf dem Queerspiegel, dem queeren Blog des Tagesspiegels.

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