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Berlins erste temporäre Spielstraße.

© dpa

Prenzlauer Berg: Kinder haben Vorfahrt – zeitweise

In Prenzlauer Berg wird Berlins erste temporäre Spielstraße eingerichtet. Autos sollen hier draußen bleiben. Noch gibt es aber juristische Bedenken.

Mit der Kreide auf den Boden kritzeln, auf Inlineskates über den Asphalt brettern oder spontan die Straße zum Bolzplatz erklären? Bullerbü, das ist woanders. In den meisten Berliner Zentrumslagen ist das Spielen zwischen Autos zu gefährlich. Am Humannplatz in Prenzlauer Berg wird sich das demnächst ändern – zumindest zeitweise. Einmal in der Woche, dienstags von 10 bis 18 Uhr soll ein 35 Meter langes Stück der südlichen Gudvanger Straße zur Spielstraße werden. Verkehrsberuhigt ist der Bereich schon, erlaubt ist hier nur Schrittgeschwindigkeit. In einer Spielstraße müssten Autos aber komplett draußen bleiben.

Hinter Berlins erster temporärer Spielstraße stehen eine Initiative von Kitas, Eltern der Verkehrs-AG einer angrenzenden Schule und ein Jugendclub. „Die Lokalpolitiker sind auf unserer Seite“, sagt Sprecher Matthias Groh. Und doch ist die Angelegenheit alles andere als spielend einfach.

Basketball, Skateboaden und Rollerfahren auf der Straße

Schon im Februar hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) einstimmig für eine Testphase von April bis Oktober votiert. Die Initiatoren hatten dargelegt, dass der Spielplatz auf dem Humannplatz regelmäßig überfüllt ist. Rund 3000 Kinder sollen in nächster Nähe leben. „Für ältere Kinder ist der Spielplatz außerdem kein Anlaufpunkt mehr“, sagt André Schumacher, Geschäftsführer des Kitabetreibers Drachenreiter. Auf der Straße gebe es dann auch die Möglichkeit für Basketball, Skateboard oder Rollerfahren – so wie kürzlich bei einer Testsperrung.

Andere Städte machen vor, wie es geht

Doch trotz Zustimmung der BVV gibt es die temporäre Spielstraße bislang nur auf dem Papier. Schuld daran ist der Bezirk, der von der BVV mit der Durchführung beauftragt wurde. „Es gibt keine rechtliche Grundlage dafür“, erklärt Bezirksstadtrat Torsten Kühne (CDU). Laut Straßenverkehrsordnung könne die Spielstraße nur eingerichtet werden, wenn andernfalls die Verkehrssicherheit gefährdet wäre. „Zum Beispiel wenn die Kinder sowieso schon zwischen den Autos spielen.“

Andersrum aber – erst Beschilderung, dann Spielspaß – sei die Angelegenheit juristisch gesehen nicht einwandfrei. Deshalb warte man noch auf Antworten vom Deutschen Städte- und Gemeindebund und vom Deutschen Verkehrsgerichtstag. Vergleichbare zeitweise Sperrungen gibt es schon, etwa in Bremen und Frankfurt, halten die Vertreter der Initiative dagegen. „Ich glaube, hier gibt es nicht nur rechtliche Bedenken, da wird in den Ämtern anscheinend auch Politik gemacht“, sagt Matthias Groh. Berlin sei immer noch eine Autofahrer-Stadt.

Spielstraße soll wie ein Wochenmarkt angemeldet werden

Um dem BVV-Auftrag hinterherzukommen, legte der Bezirk kürzlich ein Konzept vor, das von allen Parteien abgenickt wurde. Demnach soll die Spielstraße wie ein Wochenmarkt als regelmäßige Veranstaltung vom Jugendamt angemeldet werden. Auch die letzten Vorbehalte konnten nun ausgeräumt werden. „Die Straßenverkehrsbehörde von Pankow hat uns signalisiert, dass der 26. Mai ein realistischer erster Termin ist“, sagt Groh. Der Start der Pilotphase soll mit einer größeren Aktion gefeiert werden.

Viele Menschen rund um den Humannplatz würden sich laut Umfrage der Initiative über die Spielstraße freuen. Auch die meisten Bewohner des einzigen Wohnhauses in der geplanten Sperrzone stellten sich hinter die Initiative. 28 Parkplätze würden in der Zeit der Sperrung ungenutzt bleiben, aber Parkplätze gebe es tagsüber um die Ecke genug, sagt Groh. Das sei ein Vorteil, den andere Spielstraßeninitiativen des Bezirks etwa am Gethsemaneplatz oder in der Fehrbelliner Straße nicht hätten. Von der Zone in der Gudvanger Straße könnte aber eine Signalwirkung ausgehen, hofft Matthias Groh. „Wir wollen das Prinzip der temporären Spielstraße in Berlin etablieren.“ Kinderleicht wird das offenbar nicht.

Spielstraße, Vorfahrtsstraße, Nebenstraße? Nicht alle Berliner kennen sich aus mit den Verkehrsregeln. Lesen Sie hier noch einmal, wie die Polizei Leserfragen zu verschiedenen Verkehrssituationen beantwortet.

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