zum Hauptinhalt
In der Notunterkunft am Tempelhofer Feld sind momentan 2300 Flüchtlinge untergebracht. Hier ein Foto von Erweiterungsarbeiten am 16. Februar 2016.

© Kay Nietfeld/dpa

Notunterkunft in Berlin-Tempelhof: Flüchtlinge sollen über Tötung christlicher Mitbewohner gesprochen haben

In der Notunterkunft am Flughafen Tempelhof sollen sich am Mittwoch mehrere Männer über die Tötung christlicher Mitbewohner unterhalten haben. Der Polizeiliche Staatsschutz ermittelt.

Ein Bewohner der Notunterkunft am Platz der Luftbrücke hat am Mittwochnachmittag die Polizei informiert, nachdem er unter der Dusche ein Gespräch zwischen mehreren Männern mitgehört hatte. Nach Angaben des Zeugen unterhielten sich die Männer darüber, wie man iranische Mitbewohner christlichen Glaubens töten könne.

Der Polizeiliche Staatsschutz wurde sofort eingeschaltet. Es muss ermittelt werden, was an der Aussage des Zeugen dran ist. Einer der Männer, die unter der Dusche sprachen, wurde bereits gefunden: Es handelt sich um einen 19-jährigen Mann aus Afghanistan. "Wir ermitteln nach § 30 Strafgesetzbuch, Versuch der Beteiligung", sagte ein Polizeisprecher.

Erst vor kurzem war publik geworden, dass sich Mitte Februar offenbar schon einmal ein Angriff auf christliche Flüchtlinge in der Notunterkunft ereignet hatte.

Auch kommt es in der Notunterkunft offenbar immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen und Sicherheitsleuten.

Henkel: Kein Schutz für Gewalttäter

Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte sich am Mittwoch zu den religiösen Konflikten in der Unterkunft geäußert. "Wir dürfen es als Gesellschaft nicht zulassen, dass von religiösen Eiferern gezündelt wird. Es ist völlig inakzeptabel, dass diese Gewalttäter vorgeben unseren Schutz zu benötigen und offensichtlich Täter und nicht Opfer sind", hatte Henkel geschrieben. Religiöse Gewalttäter hätten den Schutz Deutschlands nicht verdient, so Henkel. Diese Menschen seien "nicht Gegenstand unserer deutschen Willkommenskultur."

Opposition: Unterbringung ist Schuld an Konflikten

Flüchtlingspolitiker der Grünen, der Linken und der Piraten plädierten unisono dafür, das Ergebnis der Ermittlungen des Polizeilichen Staatsschutzes abzuwarten. Sollte sich eine strafrechtliche Relevanz ergeben, müssten die Täter juristisch belangt werden.

Sowohl Elke Breitenbach (Linke) als auch Canan Bayram (Grüne) wiesen aber darauf hin, dass es vor allem die schwierige Lebenssituation in dem Massenlager sei, die für Konflikte unter den Flüchtlingen sorge.

"Notunterkünfte sind eine Katastrophe und Tempelhof ist der traurige Höhepunkt", sagte Breitenbach, sozialpolitische Sprecherin der Linken. Die Konflikte würden durch die "erbärmlichen Zustände" in den Hallen ausgelöst, man brauche eine "menschenwürdige Unterbringung." Breitenbach verwies darauf, dass es eine Liste mit 40 Objekten gebe, die als Unterkünfte hergerichtet werden könnten.

Canan Bayram (Grüne) sagte, dass es in allen Flüchtlingsunterkünften Konflikte zwischen den Religionen gebe - "aber nicht nur zwischen Christen und Moslems, sondern auch zwischen Sunniten und Schiiten." In anderen Unterkünften funktioniere das Zusammenleben aber für gewöhnlich gut.

"Es ist die räumliche Enge, die Stress und Konflikte bei den Flüchtlingen verursacht. Das entlädt sich dann am Religiösen", so die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen. Eine Trennung der Flüchtlinge nach Religionen hält Bayram aber nicht für sinnvoll: "Wenn wir damit anfangen, verlieren wir beim Thema Integration und Vielfalt."

In den Hallen des Flughafen Tempelhofs leben jeweils zwölf Menschen dicht-an-dicht in nur 25 Quadratmeter großen Boxen. Allerdings müsse man auch sehen, so Bayram, das viele Flüchtlinge von Obdachlosigkeit bedroht wären, gäbe es die Notunterkünfte nicht.

Piraten: Nicht noch mehr Flüchtlinge einquartieren

Fabio Reinhardt (Piraten) zeigte sich "entsetzt" über den Vorfall. Allerdings müsse man die Ermittler erstmal ihre Arbeit machen lassen, bis man ein politisches Urteil fällen könne. "Wenn das stimmt, dann ist das eine ganz andere Liga als die Konflikte, die sonst in den Unterkünften auftreten. Es ist ein weiterer Baustein zum Bild, dass man von dieser Massen-Massenunterkunft bekommt", so Reinhardt.

Reinhardt forderte den Senat auf, von den Plänen zum Ausbau der Notunterkunft Abstand zu nehmen: "Wenn die Bewohnerzahl auf 7000 Menschen verdreifacht wird, werden die Konflikte sicher nicht geringer." Bis heute, so Reinhardt, gebe es für die Notunterkunft "kein echtes Sicherheitskonzept."

Expertisen und Hintergründe zur Integration von Flüchtlingen lesen Sie auch in unserem Debattenmagazin Tagesspiegel Causa.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false