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"Emotional" sei das Thema Hochhausbau, sagt Senatsbaudirektorin Lüscher auf einer Podiumsdiskussion am Dienstagabend.

© Getty Images/iStockphoto

Pläne des Berliner Senats: "Es soll keinen Hochhaus-Verhinderungsplan geben"

Der Senat arbeitet an einem Entwicklungsplan für Hochhäuser. Doch auf einer Podiumsdiskussion zeigte sich: Der Plan birgt auch Risiken.

Berlin erlebt nicht weniger als einen Zeitenwandel. Dem rasanten Wachstum der Stadt geschuldet, passt sich auch das Bauwesen an. Überall im Stadtgebiet entstehen Hochhäuser, Wohn- wie Bürotürme. „Das Thema Hochhausbau ist natürlich sehr emotional. Es gibt Begeisterung wie auch Phobie. Darüber muss es eine Debatte geben“, sagte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher am Dienstag auf einer Podiumsdiskussion. 300 Zuhörer, darunter viele jungen Menschen, sind in die in Urania gekommen. Ihnen sagte Lüscher: „Wir werden die gesamte Stadt genauer anschauen müssen, nicht nur die Innenstadtlagen.“

Die Urania, die Architektenkammer und der Tagesspiegel hatten zur Debatte über den geplanten Hochhausentwicklungsplan für Berlin geladen. Nach der Bauordnung der Hauptstadt zählen Gebäude mit einer Höhe von über 22 Metern dazu. Doch während im Stadtbild immer neue Hochhäuser emporschießen, etwa in der City West, fehlt ein gesamtstädtisches Planungskonzept – auch nach Jahrzehnten, in denen in Ost und West hohe Bauten entstanden. Die rot-rot-grüne Landesregierung hatte sich im vergangenen Jahr die Aufstellung eines Hochhausplans in den Koalitionsvertrag geschrieben. Mit ihm soll die „stadträumliche Verteilung“ reguliert und die Zahl der Hochhausstandorte beschränkt werden.

"Hochhausbau kann ein Gewinn sein"

Was aber bringt ein solcher Plan, was kann er steuern und was sind mögliche neue Standorte für die Bauten? Neben Lüscher diskutierten zu diesen Fragen der Architekt Carsten Venus, Sozialwissenschaftler und Stadtplaner Harald Bodenschatz sowie Oliver Schruoffeneger, Grünen-Bezirksstadtrat und Abteilungsleiter Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt in Charlottenburg-Wilmersdorf.

„Der Hochhausbau kann ein Gewinn für eine Stadt sein, weil es eine bessere Ausnutzung von Fläche und Grundstücken ermöglicht“, sagte Architekt Venus. „In den Möglichkeiten, die uns gegeben sind, kann die Stadt weiter wachsen. Es ist die einzige Möglichkeit“, so Venus weiter. „Wir spüren starken Veränderungsdruck. Wir müssen unsere Innenstädte modernisieren, innovativer gestalten“, sagte Schruoffeneger. „Wir brauchen zuerst eine Grundsatzverständigung darüber, was wir mit Hochhäusern in der Stadt wollen, bevor wir neue Projekte genehmigen.“

Immer neue Hochhäuser schießen im Stadtbild empor. Das Hochhaus Upper West am Breitscheidplatz in Berlin-Charlottenburg wurde im Mai 2017 fertiggestellt.
Immer neue Hochhäuser schießen im Stadtbild empor. Das Hochhaus Upper West am Breitscheidplatz in Berlin-Charlottenburg wurde im Mai 2017 fertiggestellt.

© Cay Dobberke

Doch wie intensiv wird an der Erarbeitung des Hochhausplans gearbeitet? Im Juli erklärte Bausenatorin Katrin Lompscher (Die Linke), dass dieser voraussichtlich erst Ende 2019 vorliegen werde. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zieht für die Ausarbeitung in einer EU-weiten Ausschreibung nun externe Berater hinzu. Außerdem nahm Lompscher die Gründung eines „Begleitkreises“ aus Politikern, Vertretern der Senatsverwaltungen und Bezirke, externen Fachleuten und Mitgliedern der Stadtgesellschaft in Angriff. Auch ein Erfahrungsaustausch mit Städten, die bereits über einen Entwicklungsplan verfügen, sollte durchgeführt werden.

Podiumsdiskussion thematisierte auch Negativfolgen

Lüscher mied es am Dienstagabend, von einem Entwicklungsplan zu sprechen, bezeichnete diesen lieber als „Leitbild“ in Vorbereitung. Früh genug werde dieses noch durch eine anspruchsvolle politische Debatte geprüft. „Ein umfassender Kriterienkatalog für das Leitbild wie auch Hochhäuser im Stadtgebiet ist in der Verwaltung aber längst angeschoben“, sagte sie.

Das schleppende Tempo zeigt sich auch darin, dass es die Regierungsfraktionen auf Initiative des SPD-Abgeordneten Daniel Buchholz waren, die den Hochhausentwicklungsplan im Februar anstießen.  Dieser solle „in enger Zusammenarbeit mit den Bezirken“ entstehen, hieß es im Antrag. Ein durch die ökonomische Nachfrage geprägter Wildwuchs von Hochhäusern müsse vermieden werden. Die Anforderungen an den Plan sind hoch: Auswirkung auf das Stadtbild und die Nachbarschaft, öffentliche Nutzungen im Erd- oder Dachgeschoss, die Gestaltung der Häuser solle ebenfalls geregelt werden.

In Reaktion auf einige Fragen gibt Lüscher wieder und wieder die gleiche Antwort: „Das soll Gegenstand der Debatte werden“. Viele speziell ausgewiesene Hochhausareale solle es im Stadtgebiet jedoch nicht geben, so Lüscher. „Die Verkehrserschließung wird eine entscheidende Rolle spielen.“ Und weiter: „Es soll keinen Hochhaus-Verhinderungsplan geben.“

Auch mögliche Negativfolgen des Planes wurden in der Urania thematisiert. „Wir erleben derzeit eine Dauerkampagne in Richtung Verdichtung. Das ist im Prinzip nicht falsch“, sagte Bodenschatz, der weiter ausführt: „Wer die Debatte anwirft, muss anerkennen, dass sich die Bodenspekulation anpassen wird.“ Lange sei sie in Belangen eines Hochhausentwicklungsplanes zurückhaltend gewesen, so Lüscher. „Es ist kompliziert diese negativen Folgen nicht zu befeuern. Aber gerade in einer Stadt wie Berlin, mit 12 Bezirken und einer polyzentrischen Struktur, macht es Sinn, ein solches Leitbild zu schaffen“, sagte sie.

Bodenspekulation könne auch durch zunächst recht weit gefasste „Erwartungsgebiete“ gebremst werden. Noch scheinen die Sorgen unberechtigt: „Ich wäre froh, wenn das Abgeordnetenhaus noch 2019 über den Entwicklungsplan abstimmen kann“, sagte Lüscher.

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