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Mieten hoch, Erklärungszwang auch. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) kämpft an vielen Fronten.

© dpa

Parteispenden an Berlins SPD: Gestückelte Wahrheiten darf es nicht geben

Die Stückelspenden eines Bauunternehmers an Bausenator Andreas Geisel erinnern fatal an schlechte alte West-Berliner Zeiten. Und nähren den Verdacht, dass sich die SPD die Stadt schon zu sehr zu eigen gemacht hat. Ein Kommentar.

Der Mauerpark in Berlin kann durchaus etwas Landschaftspflege gebrauchen. Der einstige Mauerstreifen zwischen Prenzlauer Berg und Wedding wird von Massen-Touristen und Party-Berlinern allwochenendlich zum spontanen Musik-Grill-Flohmarkt umfunktioniert - dabei verschwimmen alle Grenzen und verschwindet leider auch das restliche Grün. Seit Jahren schon soll der Park erweitert werden - um Grün- und Wohnflächen. Viele Bürger, die hier auch unter der Woche leben, laufen dagegen Sturm, weil sie nur ein weiteres Luxusareal fürchten, das die Mieten in noch weitere Höhen treibt. Dabei kann eine kontrollierte Entwicklung und Randbebauung auf früheren Industrieflächen dem Areal und Berlin durchaus guttun. Wenn nicht jetzt die politische Landschaftspflege offenbar geworden wäre, die die Pläne in einem schummerigen Dämmerlicht erscheinen lassen.

Geisels Verteidigungsstrategie ist Blödsinn

Es ist noch nicht allzu lange her, dass Bausenator Andreas Geisel (SPD) den Immobiliendeal dem skeptischen Bezirk Pankow entzogen und in seine Senats-Verantwortung gezogen hat, um das Projekt auf die grüne Wiese zu bringen. Und es ist ebenfalls noch nicht so lange her, dass der hier tätige Berliner Immobilienkrösus Klaus Groth ein paar Spenden an die Regierungsparteien CDU und SPD überwiesen hat - mühsam und mit viel Mühe verschleiert: Fünf Spenden an die SPD wurden jeweils gestückelt auf 9950 Euro, genau 50 Euro unter der Transparenzgrenze von 10.000 Euro. Zum Teil wurden sie bezahlt aus verschiedenen Tochterfirmen Groths. Und eine der Spenden gingen ausgerechnet auf das Konto des SPD-Bezirksverbandes Lichtenberg, für den Geisel als Spitzenkandidat in die Abgeordnetenhaus-Wahl im September zieht. Den Gedanken, das es hier einen Zusammenhang geben könnte, weist Geisel als "Blödsinn" zurück. Dabei ist gerade diese Verteidigungsstrategie genau das: Blödsinn.

Natürlich glaubt niemand, dass sich ein Bausenator mit Hilfe von 9950 Euro bestechen lässt. Aber den politischen Anschein von Klüngel und Kumpanei nicht offensiv entgegenzutreten und die Spende nicht einfach aus hygienischen Gründen zurückzugeben oder vorab selbst zu veröffentlichen, ist mindestens politisch dumm.

Gestückelte Wahrheiten darf es nicht geben. Selbst bei der SPD haben manche schlaue Köpfe schon gemerkt, dass die gestückelten Geheimspenden den Eindruck einer Kumpelwirtschaft machen - auf Initiative der damaligen Schatzmeisterin Ulrike Sommer gab der Landesverband deshalb zwei der drei Spenden Groths vorsichtshalber zurück. Inzwischen ist Sommer auf Betreiben des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller abgelöst worden - angeblich, weil sie zu wenig Spenden eingesammelt hat. Dabei hatte sie wohl einfach nur mehr Skrupel; und mehr Sinn für den Eindruck, den viele Berlinerinnen und Berliner von ihrer Landesregierung haben.

Müller sieht sich einer berlinweiten Mietenangst gegenüber

Für Müller, dessen beflissenster Senator gerade Geisel ist (so wie es zuvor Müller unter Klaus Wowereit war) und der sich einer berlinweiten Angst vor immer höheren Mieten gegenübersieht und deshalb gerade einen unbescholtenen Wohnungsbausenator braucht, ist die Causa Groth nicht ungefährlich. Denn sie erinnert fatal an schlechte alte West-Berliner Zeiten.

Baupolitskandale haben in Berlin eine lange, unselige Tradition. Einst wurden CDU-Spitzenpolitikern sogar Geldbeträge bar auf die Hand gelegt, damit sie bei anstehenden Immobiliendeals ein gutes gewichtiges Wort einlegen. Nun setzt sich der Eindruck fest, dass auch die SPD nicht davor gefeit ist.

Auch die CDU redet sich heraus

Seit einem Vierteljahrhundert regieren die Sozialdemokraten in dieser Stadt, und nicht erst seit der freihändigen Vergabe von Aufträgen der Senatskanzlei in der Flüchtlingskrise ohne Ausschreibung, an denen zufälligerweise auch früheren SPD-Staatssekretäre profitieren, macht sich das Gefühl breit, dass die Regiereden sich die ihr anvertraute Stadt schon ein wenig zu sehr zu eigen gemacht haben. Diesem Eindruck sollte die SPD schnellstens entgegentreten, bevor sie den Wählerinnen und Wählern im Herbst gegenübertritt. Und auch die CDU sollte sich angesichts ihrer vier Stückelspenden von Groth nicht mit "datenschutzrechtlichen Gründen" herausreden.

Was jetzt nur hilft gegen politischen Blödsinn jeder Art, ist Aufklärung und volle Transparenz. Der Vorschlag der Gerne-bald-wieder-Regierungspartei Linke, dass sich alle Parteien auf den Verzicht von Stückelspenden einigen, ist in dieser Frage der vernünftigste. Denn Spenden an Parteien sind nichts Ehrenrühriges und sollen der Demokratie helfen, sich zu entfalten. Sie dürfen aber kein Mittel zum Zwecke der politischen Landschaftspflege werden, bei denen der Gärtner möglichst geheim bleibt.

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