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Bisher betreibt die Wall AG die Mehrzahl der öffentlichen Toiletten in Berlin.

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Öffentliche Toiletten in Berlin: Senat wünscht sich W-Lan fürs stille Örtchen

Der Senat hat den neuen Toilettenvertrag ausgeschrieben. Neben mehr Standorten ist eine moderne Ausstattung vorgesehen.

Ums stille Örtchen wird’s jetzt lauter: Der Senat hat jetzt das Beschaffen neuer Anlagen und deren Betrieb ausgeschrieben. Der Vertrag mit dem bisherigen Betreiber Wall AG, der im Gegenzug Werberechte erhalten hatte, läuft Ende 2018 aus. Auch in der Übergangszeit solle es möglich sein, jederzeit eine Toilette benutzen zu können, sicherte Staatssekretär Jens-Holger Kirchner aus der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zu.

Die Werberechte will der Senat getrennt vergeben, seinen Angaben nach unter anderem aus kartellrechtlichen Erwägungen.

Das Modell ist umstritten

Das Geschäftsmodell von Wall sei einst genial gewesen, habe sich inzwischen aber überlebt, sagte der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz, der sich seit Jahren für eine andere Regelung eingesetzt hatte. Heute gebe es technisch deutlich bessere Anlagen – bis zur Ausstattung mit W-Lan. Zudem hätten die meisten der Wall-Häuschen nach einer Nutzungsdauer von 25 Jahren ohnehin erneuert werden müssen.

Die Opposition will die Verträge mit Wall verlängern, weil sich dessen Konzept bewährt habe. Kritiker werfen dem Unternehmen, das inzwischen dem französischen Konzern Decaux gehört, vor, mit der Werbung wesentlich mehr Geld verdient zu haben, als für den Betrieb der Toiletten erforderlich sei. Wall macht dazu keine Angaben. Das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben im Toiletten-Geschäft etwa 50 Mitarbeiter.

Zuvor hatten die Berliner Stadtreinigungsbetriebe BSR das Toilettengeschäft betrieben und sich wegen des hohen finanziellen Aufwands davon getrennt. Ein ähnliches Koppelgeschäft war Wall mit der BVG eingegangen: Wartehäuschen gegen Werbeflächen. Auch die BVG ist später dazu übergegangen, Häuschen in eigener Regie aufzustellen.

Mehr Geld fürs Geschäft

Insgesamt gibt es in der Stadt derzeit 257 öffentliche Toiletten; 173 werden von Wall betrieben. Der Senat hat jetzt 194 neue Anlagen ausgeschrieben. Außerdem soll der künftige Betreiber 37 bestehende Toiletten übernehmen. Damit sei die Grundversorgung gedeckt. Für eine „verbesserte Versorgung“ gibt es eine Option für weitere 109 Anlagen.

Den möglichen Betreiberwechsel – auch Wall kann sich bewerben – verbindet der Senat mit ehrgeizigen Zielen. Defekte Anlagen sollen innerhalb von zwei Stunden repariert sein, sagte Kirchner. Dafür solle ein „Dispatcher“ in der Stadt stationiert werden. Und Nutzern solle eine App zeigen, wo die Toiletten stehen und ob sie zugänglich sind.

Einige wenig genutzte Standorte sollen in Absprache mit den Bezirken verlagert werden. Wünschenswert seien sie unter anderem an wichtigen Umsteigestationen des Nahverkehrs, heißt es im Konzeptpapier. Toiletten gibt es bisher nur in 13 Bahnhöfen der Bahn, die BVG bietet keine an.

Um den Übergang zu ermöglichen, sind in den Haushaltsberatungen die „Toiletten-Mittel“ von knapp neun Millionen Euro auf rund zwölf Millionen Euro erhöht worden. Nutzer sollen weiter 50 Cent zahlen. Klaus Kurpjuweit

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