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Auf dem Klunkerkranich in Neukölln wachsen Gentrifizierungsträume.

© Svea Poetges

Neukölln: Gentrifizierungsträume aus 101 Nacht

Hallo Aufwertung: Auf dem Klunkerkranich, dem Inbegriff profitorientierter Pseudo-Hippie-Romantik, wurde das Ende des Schnäppchencenters besiegelt.

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Ach Neukölln. Es ist aus, aus und vorbei! Das Schnäppchencenter ist tot.

Vergangene Woche wurde es feierlich verkündet: Das Karstadt Outlet am Alfred-Scholz-Platz muss weichen, damit das Haus Anfang 2019 als "101 Neukölln" wiedereröffnet werden kann. "Mindestens 30 Millionen" will der Neubesitzer in seine 101 Gentrifizierungsträume investieren, statt 99-Cent-Romantik gibt's dann einen Garten mit Gastronomie, eine Dachterrasse mit Gastronomie und: Büros, am liebsten für die trendy Start-up-Szene, das findet auch die Bezirksbürgermeisterin toll. “Es war nicht nur die Lage des Objekts, die uns begeistert hat, sondern auch der morbide Charme des Kaufhauses und die Größe des Parkhauses”, erklärt der Geschäftsführer des Unternehmens. Die Fassade kommt freilich trotzdem runter.

Und weil es symbolhafter nicht sein kann, fiel die Kaufentscheidung nur ein paar Meter weiter, hoch oben über den Dächern Neuköllns: Auf dem Klunkerkranich, dem Inbegriff profitorientierter Pseudo-Hippie-Romantik.

Ganz besonders freut sich darüber Baustadtrat Blesing (SPD). Ist doch der SPD die Aufwertung Neuköllns schon lange ein zentrales Anliegen. Da kann es schon auch mal passieren, dass Vorhaben wie die Umsetzung des Milieuschutzes hinten runterfallen (Personalmangel!) - man muss schließlich Prioritäten setzen im Leben. So erklärt sich dann auch die für Radfahrer unzumutbare baustellenbedingte Verkehrsführung (Sanierung der Karl-Marx-Straße) vor dem guten alten Schnäppchenmarkt, die den gemeinen Radfahrer in ein schier unüberwindbares Höllenlabyrinth schickt (Kopfsteinpflaster nicht eingezeichnet).

Sabrina Markutzyk ist Social-Media-Chefin beim Tagesspiegel und Chefredakteurin des Online-Magazins neukoellner.net. Als sie nach Neukölln zog, kostete das WG-Zimmer 180 Euro und ein Sterni im Späti gab es für 30 Cent.

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