zum Hauptinhalt
Zugfahren in Berlin und Brandenburg kostet viel Zeit. Die CDU schlägt Modernisierungs-Konzept vor.

© Bernd Settnik / dpa

Nahverkehr in Berlin und Brandenburg: CDU präsentiert neues Netz für Regionalverkehr

Der Brandenburger Regionalverkehr ist ausbaufähig. Die CDU verspricht mit modernem Konzept „Netz 2030“ mehr Fahrten, schnellere Züge und bessere Verbindungen.

Pendler brauchen in der Hauptstadtregion Geduld und starke Nerven. Züge sind regelmäßig überfüllt. Und sie fahren aus ferneren Regionen Brandenburgs zu selten nach Berlin oder brauchen zu lange. Das könnte sich mit einer neuen „Entwicklungsstrategie für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in Berlin und Brandenburg“ verändern, die am Dienstag in Potsdam vorgestellt werde.

Entwickelt hat den Vorschlag für ein moderneres „Netz 2030“ im Regionalverkehr beider Länder der frühere Bahnmanager Hans Leister im Auftrag der CDU-Landtagsfraktion Brandenburgs, die es – abgestimmt mit den Berliner Parteifreunden – aus dem Abgeordnetenhaus präsentierte. Mit zusätzlichen Zügen wäre es danach möglich, für 1,6 Millionen Menschen das Angebot verbessern, allein von 160 Brandenburger Bahnhöfen die Fahrzeit nach Berlin verkürzen. Und statt von bisher 164 könnte man dann von 233 Bahnhöfen der Mark direkt nach Berlin fahren, ohne Umsteigen. Von 84 statt bisher von 31 Städten käme man mit dem Zug direkt in die Landeshauptstadt Potsdam. Ein Überblick.

Der Gutachter

Er ist kein Unbekannter, gilt als profunder Kenner des Nahverkehrs in Berlin und Brandenburg. Kein Wunder, Hans Leister – der die Studie gemeinsam mit Detlev Woiwode von der Firma Innoverse erstellt hat – war früher Regionalbereichsleiter der Deutschen Bahn für Berlin und Brandenburg. Später wechselte er zum französischen Bahnunternehmen Connex. Aktuell ist er auch Mofair-Vizepräsident, des Verbandes der Wettbewerbs-Verkehrsunternehmen im Personenverkehr. Seit 2009 berät er Bus- und Bahnunternehmen.

Die Ausgangslage

Nach Berlin führen aus Brandenburg sternförmig schnelle, zumeist ausgebaute Schienentrassen, das Rückgrat des Regionalbahnverkehrs. Verwiesen wird in der Studie auch darauf, dass die meisten Brandenburger – entgegen Berliner Annahmen – nicht auf dem Dorf leben: 1,6 Millionen leben in Klein- und Mittelstädten oder einer der Berliner Vorortgemeinden im Speckgürtel.

Das System hat Defizite, die jeder Pendler kennt: Die Regionalzüge, die aus entfernteren Regionen Brandenburgs nach Berlin fahren, sind im Umland meist identisch mit den Vorortzügen in die Metropole. Sie sind aufgrund des langen Laufweges anfälliger für Verspätungen, heißt es. „Für die Pendler ist es sehr nachteilig, dass sie in Zügen Platz finden sollen, die schon gut besetzt sind, so dass nur noch Stehplätze ...zur Verfügung stehen.“ Abends ist es andersherum. „Für Pendler, die insgesamt zwei Reisezeit pro Tag oder mehr haben, ist der regelmäßige Stehplatz auf der Heimfahrt am Abend mehr als nur ein kleines Ärgernis“, heißt es.

Das Zielnetz 2030

Die Studie hat für jeden der 300 Bahnhöfe Bahnhof in Brandenburg erfasst, wie die Verbindungen sind – und wie es mit dem neuen Liniennetz verbessert werden könnte. Danach soll man aus den großen Städte innerhalb von 30 Minuten, aus den entferntesten Städte der Mark innerhalb von 90 Minuten in Berlins sein. Dafür sollen mehr Züge fahren, intelligenter geführt, wie Leister erklärte. Erreicht werde dies, in dem man die „Regioexpresse“ in die Landestiefen von den „Metropolexpressen“, also den Speckgürtel-Zügen, trennt.

Ein Beispiel: Auf der Strecke zwischen Berlin und Frankfurt (Oder) würden künftig pro Stunde vier statt bisher zwei Züge fahren. Und zwar dann zwei schnelle, nur noch in Frankfurt (Oder) und Erkner haltende Regioexpresse, und zwei langsamere, die an jedem Bahnhof stoppen. Der Regioexpress wäre sieben Minuten schneller als jetzt. „Das klingt wenig, auf das Jahr gerechnet sind es zwei Urlaubstage“, sagte Leister.

Vorgeschlagen wird auch, das Angebot der Bahn für eine Intercity-Verbindung Hannover über Potsdam und Berlin nach Cottbus anzunehmen und für VBB-Tickets zu öffnen. Und damit auf Berliner Stadtgebiet Züge in dichteren Abständen fahren können, sollte dort vorzeitig das neue elektronische EU-Signalsystem ETCS eingeführt werden, so Leister. Außerdem schlägt die Studie die Anschaffung neuer Hybridzüge vor, die diesel- und batteriegetrieben fahren können. Die Studie geht auch von der Reaktivierung der Stammbahn zwischen Zehlendorf und Potsdam aus und empfehlt die S-Bahn-Verlängerung nach Velten.

Die Finanzierung

Die Regionalbahnen werden wie die Berliner S-Bahn bislang aus Regionalisierungsmitteln des Bundes bezahlt. Brandenburg erhält im Jahr 2017 dafür 478 Millionen Euro, Berlin 440 Millionen Euro.  Bislang werden aus diesem Topf im Land  Brandenburg 75 Millionen Euro abgezweigt, um daraus Nahverkehrsunternehmen zu fördern, also die Buslinien im Land. Auch der Schülerverkehr wird aus diesen Mitteln bezahlt.

„Genau dieses Geld sollte genutzt werden, um die zusätzlichen  Züge zu finanzieren“, sagte CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben. Brandenburg müsse endlich „wie alle anderen Länder“ auch Landesgeld für den Nahverkehr einsetzen. Leister erwartet, dass sich mit dem attraktiveren Netz die Fahrgastzahlen bis 2030 statt um 35 Prozent (ohne neue Angebote) um 70 Prozent steigern ließen, was zusätzliche Einnahmen brächte.

Und die Regierung?

Ein vergleichbares Konzept gibt es bisher nicht. Brandenburgs Infrastrukturministerium hat zwar jüngst die „Mobilitätsstrategie 2030“ vorgelegt: 30 Seiten mit pauschalen Zielen. Der Nahverkehrsplan für Brandenburg 2030 soll bis 2018 überarbeitet werden. Innovative Konzepte, kommen meist von außen. Selbst die SPD hat schon Vorschläge für Verbindungen zwischen Berlin und Brandenburg präsentiert, die bessern sind als die Ministeriums-Ideen überholen. Die Grünen haben ein Modell zusätzlicher Landes-Buslinien vorgelegt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false