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Die Menschen stehen zusammen vor dem Brandenburger Tor, an das die Flagge der Türkei gestrahlt wird.

© dpa

Update

Nach Anschlag am Atatürk-Flughafen: Berlin trauert um Opfer von Istanbul

Aus Solidarität mit Istanbul wird das Brandenburger Tor mit der Türkei-Flagge angestrahlt. Um 22 Uhr wurde dann die türkische Nationalhymne angestimmt. Viele junge Menschen sind gekommen, um zu gedenken.

Seit Einbruch der Dunkelheit am Mittwochabend wird das Brandenburger Tor mit der türkischen Flagge angestrahlt. Viele Menschen sind gekommen, um das zu sehen und auch selbst ihre Solidarität mit den Opfern des Anschlages am Istanbuler Flughafen zu zeigen. Hier gedenkt auch Farid Aksoy, der ganz persönlich von dem Anschlag betroffen ist. Sein Cousin Ferhat Aksoy wollte ihn eigentlich in Berlin besuchen - doch am Flughafen in Istanbul wurde er Opfer des Bombenanschlages. "Jetzt liegt er im Krankenhaus", sagt Aksoy. Mehr wisse er nicht, er warte immer noch auf Nachrichten von seiner Tante. Aksoy lebt in Steglitz, hier vor dem Brandenburger Tor hat er sich eine türkische Flagge umgelegt und gedenkt an seinen verletzten Cousin. "Mein Herz schlägt in der Türkei", sagt er nachdenklich.

Farid Aksoy hat sich eine türkische Flagge umgehängt - sein Cousin wurde Opfer des Anschlages.
Farid Aksoy hat sich eine türkische Flagge umgehängt - sein Cousin wurde Opfer des Anschlages.

© Yasmin Polat

Doch es sind auch Menschen wie die Brüder Manan und Pranav Munim gekommen: "Wir haben viele türkische Freunde", sagen sie. Die beiden kommen aus Mumbai und kennen den Terror auch von dort. Sie sind für vier Tage in Berlin, noch vor zwei Tagen ist Pranav Munim über den Istanbuler Atatürk Flughafen geflogen. "Wir werden auch genau in zwei Tagen wie geplant wieder zurückfliegen" sagt Manam Munim. "Wir lassen uns nicht einschüchtern." Ihr Mitgefühl gelte vor allem den Familien der Opfern, den Menschen.

Doch es gibt auch kritische Stimmen in der Menge. Für Deniz G. sind nicht genug Menschen zum Brandenburger Tor gekommen. "Als es in Paris die Attentate gab war die halbe Stadt da. Sobald es um islamisch geprägte Länder geht, interessiert es keinen", sagt er.

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Zum Gedenken ist auch Senatorin Dilek Kolat gekommen. "Ich habe zwar in letzter Zeit viel Kritik an Erdogan geäußert - hier ist es aber an der Zeit die politischen Differenzen zur Seite zu legen und Solidarität mit dem türkischen Volk zu zeigen", sagt sie. Das Brandenburger Tor hat dabei eine ganz besondere Bedeutung: "Das Brandenburger Tor ist ein Symbol für die Freiheit", sagt Kolat. "Wir zeigen der Welt, dass wir uns unsere Freiheit nicht nehmen lassen!"

Ali Yildirim, 65 Jahre alt, wohnhaft in Spandau, betreibt eine Presseagentur und ein online-Kulturmagazin. Er macht ein Bild vor dem Brandenburger Tor mit einem Comic-Heft von Nuri Kurtcebe. "Kuvayi Milliye" ist eine berühmte Geschichte von Nazim Hikmet. Es ist die erste Comic-Version der sonst aufgeschriebenen Geschichte. "Nuri Kurtcebe ist ein bekannter regimekritischer Künstler, ich schicke ihm das Foto von mir mit seinem Comic-Heft vor dem Brandenburger Tor als Unterstützung. Um zu zeigen, dass er nicht alleine ist in seinem berechtigten, künstlerischen Ausdruck gegen die jetzigen politischen Verhältnisse", sagt Yildirim. 

Um 22 Uhr wurde dann die türkische Nationalhymne angestimmt - die Menschen stehen zusammen.

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Die Türkische Gemeinde plant für Donnerstagabend um 18 Uhr eine Mahnwache auf dem Breitscheidplatz und will dort eine Erklärung zu dem Anschlag abgeben. „Wir werden das Übliche sagen, aber zusätzlich zum Ausdruck bringen, dass wir der Meinung sind, die PKK werde hierzulande verharmlost“, sagte Bekir Yilmaz von der Türkischen Gemeinde. Die Mahnwache finde genau dort statt, wo kürzlich Vereine, die der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei nahestehen, eine Woche lang unbehelligt hätten Propaganda verbreiten können, so Yilmaz. Niemand sei eingeschritten. „Terror ist Terror, da müssen alle zusammenstehen und dem ein Ende bereiten“, sagte Yilmaz.

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Am Donnerstag sollen auch die Flaggen an öffentlichen Gebäuden auf halbmast wehen, wie Innensenator Frank Henkel (CDU) erklärte. Der Anschlag von Dienstagabend am Flughafen Atatürk zeige erneut, „wie verwundbar gerade unsere Metropolen sind“, so Henkel. Kampf gegen Terror bleibe eine „vordringlichste Aufgabe“. Istanbul und Berlin sind seit 1989 Partnerstädte. Der Präsident des Abgeordnetenhauses, Ralf Wieland, sagt: "Es ist entsetzlich, was in unserer Partnerstadt Istanbul geschah. Wieder wurden bei einem hinterhältigen terroristischen Anschlag unschuldige Menschen ermordet. Ich bin tief erschüttert und traurig über diese schlimme Nachricht. (...) Wir müssen weiterhin sehr wachsam sein, um diese barbarischen Attentate schon im Ansatz zu verhindern.“

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Berlin wird am Mittwochabend ein sichtbares Zeichen der Solidarität mit Istanbul setzen. In den Abendstunden werde das Brandenburger Tor mit der Türkei-Flagge angestrahlt, teilte Senatssprecherin Daniela Augenstein am Vormittag mit. Man habe bereits in der Nacht darüber gesprochen, heute Morgen wurde dann die technische Umsetzung geklärt. Die Flagge zeigt einen weißen Halbmond auf rotem Grund, ist also - anders als etwa die belgische oder französische Flagge, nicht in drei Farbsegmente unterteilt. Das Brandenburger Tor wird über einen Beamer angestrahlt, deshalb sei auch die Umsetzung von komplexeren Formen kein Problem, sagte Augenstein.

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Die Beleuchtung von Wahrzeichen als Symbol der Solidarität hatte sich nach den Anschlägen von Paris etabliert, damals leuchtete das Brandenburger Tor in Blau, Weiß und Rot. Auch nach den Terrorattacken von Brüssel wurde die belgische Landesflagge aufs Tor geworfen, zuletzt wurde nach dem Massenmord in einem bei Schwulen und Lesben beliebten Club in Orlando die Regenbogenflagge auf das Berliner Wahrzeichen geworfen, die Flagge ist das Symbol der queeren Bewegung.

Eine Gedenkveranstaltung werde der Senat nicht explizit organisieren, das sei in der Vergangenheit immer von ganz allein geschehen. Berlin und Istanbul verbindet eine besonders enge Beziehung, sie sind Partnerstädte.

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Viele Reisende aus Berlin, die heute nach Istanbul starten wollten, sind unsicher, ob ihre Flüge wirklich planmäßig abgehen oder gestrichen wurden. Vor allem Fluggäste, die bei der Turkish Airlines gebucht haben, kritisieren eine nicht ausreichende Informationspolitik. Unklarheit herrschte bis zum Vormittag auch über einen am Dienstagabend von Tegel nach Istanbul gestarteten Flug der Turkish Airlines. Angehörige hatten Schwierigkeiten, sich über den Verbleib von Fluggästen zu erkundigen. Die Fluggesellschaft war nicht zu erreichen. An Bord war auch eine 80-Jährige Berlin-Besucherin, die über Istanbul zurück nach Kapstadt fliegen wollte. Ihre Berliner Gastgeber machten sich Sorgen, wo sie abgeblieben war, da die Frau auch kein Mobiltelefon besitzt. Sie wussten zunächst nur, dass die Maschine Istanbul nicht angeflogen hatte.

Beim Flughafen konnte man ihnen ihren Angaben zufolge nicht sagen, dass das Flugzeug wieder zurück nach Tegel gekommen war. Und bei Turkish Airlines war telefonisch kein Durchkommen. Erst am Vormittag fanden sie heraus, dass ein Teil der Passagiere in Hotels untergekommen war und die Seniorin für den heutigen Tag auf einen anderen Flug umgebucht worden war. Am Mitwochnachmittag teilte Flughafensprecher Lars Wagner mit, dass entgegen anderslautenden Meldungen kein einziger Flug von oder nach Istanbul gestrichen wurde. Nur der erwähnte Nachtflug sei auf dem Weg umgekehrt.

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Nach den Selbstmordanschlägen am Istanbuler Atatürk-Flughafen ist am Mittwoch entgegen erster Angaben auch vom Flughafen Berlin-Tegel wieder eine Maschine in die Bosporus-Metropole gestartet. Den Abflug bestätigte Flughafensprecher Lars Wagner der Deutschen Presse-Agentur. Zunächst hatte er erklärt, dass es am Mittwoch keine Flüge von Tegel in die türkische Metropole geben werde. Ob die weiteren vier regulären Flüge abgesagt würden, sei eine Entscheidung der Fluggesellschaft Turkish Airlines, hieß es am Morgen.

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Gewohnt hohe Sicherheitsmaßnamen auch am Flughafen in Berlin-Schönefeld, wo sonst Gesellschaften wie "Onur Air" in die Türkei abheben. Polizisten patrouillieren mit Maschinenpistolen. "Wir sind schockiert über den Anschlag auf den Flughafen Atatürk in Istanbul. Wir denken an die Opfer und drücken allen Angehörigen, Freunden und den Kolleginnen und Kollegen am Flughafen unser tief empfundenes Mitgefühl aus", teilte die Flughafengesellschaft Berlin am Morgen mit.

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Lesen Sie mehr im Tagesspiegel: Der Anschlag auf den Atatürk-Flughafen in Istanbul hat weltweit Entsetzen ausgelöst. Der "Islamische Staat" wird als Urheber vermutet. Die Ereignisse im Liveblog.  

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