zum Hauptinhalt
Neubürgerin mit Alt-Berliner Wurzeln. Nicola Lubitsch besucht wieder einmal die Geburtsstadt ihres Vaters.

© Davids/Sven Darmer

Berlin-Besuch: Nicola Lubitsch bekommt deutschen Pass

Ernst Lubitsch war 1935 von den Nazis ausgebürgert worden. Seine Tochter aber ist nun wieder Deutsche.

Ach, der Oscar. Den hat Nicola Lubitsch auch noch zu Hause in Los Angeles, materielle Verbindung zu ihrem Vater, dem großen Schauspieler und Regisseur. Ernst Lubitsch hatte ihn 1947 für sein Lebenswerk erhalten, ein halbes Jahr bevor er starb, da war sie neun. Seither hatte der Goldjunge Patina angesetzt, doch ein befreundeter Musiker bot sich an, ihn mit einem Poliermittel wieder auf Hochglanz zu bringen. Das fand auch sie eine gute Idee, doch es war keine. Zwar glänzte Oscar wie neu, nur nicht mehr golden: Die dünne Schicht war wegpoliert worden.

Das Klavier des Vater hat dagegen nichts von seinem Reiz eingebüßt. Noten lesen konnte Lubitsch, so erzählt seine Tochter, zwar nicht, aber Klavier spielen wunderschön. Am Abend spielte er ihr immer etwas vor, erfand dazu Geschichten, entwarf ihr eine Lubitsch-Welt, wie er sie in seinen Filmen erzählte, die sie erst später entdeckte. Vielleicht wie „Ninotschka“, das ist jetzt ihr Lieblingsfilm. Aber eigentlich erinnert sie sich nur an den Vater, nicht den Regisseur.

Mit der Lubitsch-Figur durch die Stadt

So ähnlich sie das schon bei ihrem zweiten Berlin-Besuch 1992 geschildert, zum 100. Geburtstag ihres Vaters, dessen hölzerne Figur, die nun im Kino Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz sitzt, aus dem damaligen Kino „Notausgang“ in Schöneberg an der Spitze einer Geburtstagsparade durch die halbe Stadt zur Schönhauser Allee 183 gefahren wurde. Lubitsch hatte dort Kindheit und Jugend verbracht.

Ein Vierteljahrhundert ist seit dem Umzug vergangen. Nicola Lubitsch ist seither oft in Berlin gewesen, etwa zehn Mal und meist hatte das mit ihrem Vater zu tun. Die Stadt ist ihr wichtig, schon weil das Grab ihrer Großeltern sich auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee befindet, allerdings verwittert, die Namen kaum zu lesen. Die Grabstätte will sie restaurieren lassen, ihr Vater hätte das so gewollt.

Der hölzerne Ernst Lubitsch im Kino Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz.
Der hölzerne Ernst Lubitsch im Kino Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz.

©  Doris Spiekermann-Klaas

Doch so wichtig ihr die Erinnerung an ihn hier in seiner Geburtsstadt auch ist – diesmal sei sie zum Vergnügen da, erzählt sie am Mittwochnachmittag im Hackeschen Hof an der Rosenthaler Straße in Mitte. Freunde will sie treffen, ihre Lieblingsorte besuchen, die vom Hamburger Bahnhof, überhaupt den vielen Museen der Stadt, bis zum KaDeWe und der Kleinen Markthalle in Kreuzberg mit ihrer tollen Schweinshaxe reichen. Doch auch ohne die wäre es ein besonderer Besuch: der erste, bei dem sie für die Einreise keinerlei Formalitäten erledigen musste, bei dem sie nur ihren Pass vorwies. Ihren deutschen Pass, den sie seit Juni neben dem US-Dokument besitzt.

Einbürgerung per Grundgesetz

Timothy Grossman, Geschäftsführer des Babylon, hatte sie auf diese Möglichkeit hingewiesen, die im Grundgesetz festgeschrieben ist, Art. 116 Abs. 2: „Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern.“ Und Lu bitsch, der 1922 Richtung Hollywood gezogen war, hatten die Nazis als Jude 1935 ausgebürgert.

Nun hat sie hier zwar keine Wohnung, aber fragt man sie nach dem Grund für diesen Schritt, so verweist sie gleich auf ihre Berliner Wurzeln, fühlte sich der Stadt immer stärker verbunden, da war der Antrag auf Einbürgerung nur konsequent. Doch auch Trumps gerade begonnene Präsidentschaft hat dabei eine Rolle gespielt.

Als sie den Pass ausgehändigt bekam, habe sich geehrt gefühlt. In eine lange Schlage musste sie sich einreihen und wie sie erfuhr: Es waren alles Menschen, die unter dem Holocaust gelitten hatten, für sie „a very humbling experience“, eine Erfahrung, die Demut gelehrt habe.Der Pass bringt nun aber auch Pflichten mit sich, sie sieht es so. Wählen darf sie jetzt, und das wird sie tun: „It’s my duty to vote.“

Das Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz zeigt am Montag, 18 Uhr, Lubitschs „Die Austernprinzessin“ und um 19.30 Uhr „To Be or Not to Be“ (OF). Nicola Lubitsch wird anwesend sein.

Zur Startseite